Neuer Albaufstieg und Co. sind gefährdet

Nach internen Berechnungen des Bundesverkehrsministeriums fehlen bis 2029 rund 15 Milliarden Euro für Planung, Bau und Erhalt von Bundesfernstraßen. Betroffen sind zahlreiche Projekte in fast allen Bundesländern. Das Sondervermögen "Infrastruktur und Klimaneutralität" mit einem Gesamtvolumen von 500 Milliarden Euro kann die Lücke nicht schließen.
Der Bundestag hat am 16.09.2025 den Verkehrshaushalt beschlossen. Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) stehen 38,29 Milliarden Euro zur Verfügung, fast sechs Milliarden Euro weniger als 2024. Davon entfallen 10,82 Milliarden Euro auf die Bundesfernstraßen. Für die Schienenwege sinken die Ansätze von 16,4 auf 12,6 Milliarden Euro. Gleichzeitig wird das Eigenkapital der Deutschen Bahn AG auf 8,48 Milliarden Euro erhöht, ergänzt durch drei Milliarden Euro Darlehen. Für die Bundeswasserstraßen sind 1,99 Milliarden Euro eingeplant, die Kommunen erhalten zwei Milliarden Euro für lokale Verkehrsinfrastruktur.
Hintergrund zum Sondervermögen
Das Sondervermögen "Infrastruktur und Klimaneutralität" (SVIK) ist mit mehr als 500 Milliarden Euro über rund zwölf Jahre ausgestattet. Davon sind 100 Milliarden Euro für Länder und Kommunen sowie weitere 100 Milliarden Euro für den Klima- und Transformationsfonds gebunden.
Für den Verkehrshaushalt 2025 sind 11,71 Milliarden Euro aus dem SVIK vorgesehen. Teile der Mittel ersetzen jedoch frühere Haushaltsansätze oder sind zweckgebunden – etwa für Brückenmodernisierungen. Deshalb entsteht trotz des Fonds eine Lücke von 15 Milliarden Euro bei den Bundesfernstraßen.
Betroffene Projekte nach Bundesländern
Baden-Württemberg
- Ausbau der A8 am Albaufstieg (Mühlhausen–Hohenstadt) auf sechs Spuren.
Bayern
- Ausbau der A94 von München Richtung Passau (5,5 km bis Markt Schwaben).
- Weiterbau der A94 bis Simbach (17 km).
- Elf Ortsumfahrungen, u. a. Garmisch-Partenkirchen, Reichenhall und Landshut.
Brandenburg
- Mehrere Ortsumfahrungen, u. a. Frankfurt/Oder.
Hessen
- Ausbau des Wiesbadener Kreuzes (210.000 Fahrzeuge täglich).
- A44 zwischen Kreuz Kassel-West und Dreieck Kassel-Süd (5,2 km, von vier auf sechs Spuren).
- Neubau A44 zwischen Dreieck Lossetal und Helsa-Ost (11,3 km).
Mecklenburg-Vorpommern
- Ortsumfahrung Dargun (B110).
Nordrhein-Westfalen
- Ausbau der A3 zwischen Kreuz Kaiserberg (A40) und Oberhausen-West (A42) auf acht Spuren.
- Sechsstreifiger Ausbau der A40 zwischen Duisburg-Kaiserberg und Mülheim-Dümpten.
- Erneuerung am Kreuz Leverkusen (täglich ca. 250.000 Fahrzeuge).
Rheinland-Pfalz
- Lückenschluss der A1 zwischen Adenau und Kelberg (25 km).
Sachsen
- B178 (Nostitz–A4).
- B98 (Riesa–A13).
Sachsen-Anhalt
- Erhaltungsdefizit auf 20.000 km Bundesstraßen bis 2029.
- Ortsumgehung Miesterhorst (B188, Altmark).
Schleswig-Holstein
- A20 Wittenborn–Weede (B209).
- A21 Klein Barkau–Wellseedamm.
Hamburg
- Keine Finanzierung für A20, A26 und A39 – Projekte zur Netzergänzung um Hamburg.
Thüringen
- Ortsumgehung Greußen (B4).
- Maßnahmen an B4 (Sundhäuser Berge, Andislebener Kreuz).
- Projekte an der B7 (Frohburg, Zeitz)
Politische Reaktionen
Die Grünen sehen im Sondervermögen ein Risiko. Abgeordnete Paula Piechotta warnte: "Die 300 Milliarden Euro des Fonds drohen unter der Last politischer Interessen zu zerbröseln." Auch die Linke sprach von einer "fehlenden verlässlichen Basis" für die Infrastrukturfinanzierung.
Die Koalition betonte dagegen die Planungssicherheit. CSU-Abgeordneter Florian Oßner erklärte: "Alle Verkehrsträger werden benötigt. Die Zeit, in der diese gegeneinander ausgespielt wurden, sollte endgültig vorbei sein." SPD-Abgeordneter Uwe Schmidt forderte eine Beschleunigung der Verfahren: "Wir müssen mal aufhören, jeden Vergabejuristen glücklich zu machen, sondern die Probleme lösen."
Aus den Ländern kommt deutliche Kritik. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) nannte die Kürzungen "absolut inakzeptabel". Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) verwies auf den Sanierungsbedarf: "Kaputtgesparte Brücken wie in Berlin oder Dresden müssten doch eigentlich jedem drastisch vor Augen führen, dass nun die Stunde der Investitionen und Wachstumsimpulse schlagen sollte."