Audi RS Q3 Performance vs. Mercedes-AMG GLA 45
Mit Offroad-Gekraxel sollte man die beiden Kompakt-SUV nicht behelligen: Sowohl Audi RS Q3 Performance als auch Mercedes-AMG GLA 45 toben sich lieber auf der Straße aus.
Weiter, immer weiter!„ Wir dachten, Sie so nach der Fußball-EM mit einem Oliver-Kahn-Zitat zu erfreuen. Gar nicht so sehr? Dann streichen Sie doch einfach den Torwart und denken sich den Spruch für unsere beiden Allrad-Titanen. Denn obwohl RS Q3 und AMG GLA 45 schon einige Zeit auf dem Markt sind, haben Audi und Mercedes immer weiter an der Technik gefeilt. Als ob die 360 PS nicht gereicht hätten, spendierte AMG dem GLA bei der letzten Modellpflege 21 Extra-PS, womit der Zweiliter-Vierzylinder auf eine Literleistung von fast 200 PS kommt. Um die Kraft sicher auf die Straße zu bringen, kam bei der Gelegenheit eine mechanische Differenzialsperre an der Vorderachse hinzu.
Audi RS Q3 Performance und der heilige Fünfzylinder
Audi ging ebenfalls einen Schritt weiter und bietet den RS Q3 auf seine alten Tage für 4.000 Euro Aufpreis in einer Performance-Variante mit 367 statt 340 PS nebst erweiterter Serienausstattung an. Doch noch mehr als den Carbonschmuck im Cockpit, rot lackierte Bremssättel oder 20-Zoll-Räder in Titanoptik matt dürften sich Audi.ner eine transparente Motorhaube wünschen – um den heiligen Fünfzylinder im Blick zu behalten, der zwischen den Vorderrädern klemmt.
Mit seiner rot lackierten Zylinderkopfabdeckung sowie herausgeputzter Ansaugbrücke ragt der 2,5-Liter schon optisch aus der Masse runtergehungerter Einheitsmotoren heraus. Und erst der Klang: Die ungerade Brennraumzahl und deren Zündfolge 1-2-4-5-3 sorgt für den charakteristisch gurgelnden Rallye-Sound der Röhrl-Ära. Ein optimiertes Thermo-Management samt vergrößertem Hauptwasserkühler schaffte den Entwicklern den nötigen Spielraum, um mehr Leistung aus dem Direkteinspritzer zu holen. Entsprechend energisch springt der Q3 aus dem Block, erreicht nach 4,7 Sekunden Tempo 100 und zieht selbst jenseits von 200 noch kräftig durch. Zudem begeistert, wie gleichmäßig der Turbo seine Leistung abgibt und wie motiviert er selbst die obersten Drehzahlregionen stürmt.Trotz der höheren Reibungsverluste genehmigt sich der Fünfzylinder im Schnitt nur 0,6 l/100 km mehr als der Vierzylinder im Benz.
Mercedes-AMG GLA 45: viel Sport, wenig Utility
Doch bei aller Euphorie über den Motor: Flinkes Einlenken liegt viel weniger im Naturell des Audi, als es das RS-Sportabzeichen am Kühlergrill suggeriert. So will der stärkste Q3 mit reichlich Lenkarbeit in Kurven gebeten werden, die er untersteuernd und spürbar wankend durchfährt. Zudem zieht sein ESP bereits früh die Notbremse und drosselt die Leistung.
Den meisten Autofahrern dürfte die Dynamik eines RS Q3 zwar mehr als ausreichen – wer jedoch erleben möchte, was in dieser Klasse möglich ist, steigt in den 200 Kilo leichteren GLA 45 um. Der AMG lässt sich nicht lang bitten, biegt praktisch ansatzlos ab, hilft im Grenzbereich mit leichten Heckschwenks und lässt sich mit seiner präziseren Lenkung deutlich gefühlvoller durch Kurven scheuchen als der Audi. In Zahlen: Beim doppelten Spurwechsel fährt der Benz über 7 km/h auf den Audi heraus und beeindruckt mit seiner standfesten Bremse. Selbst nach der zehnten Verzögerung aus Tempo 130 steht der GLA binnen weniger als 60 Metern.
Brachiale Kurvenperformance, herber Komfort
Dank der mechanischen Differenzialsperre an der Vorderachse (für 2.618 Euro im Dynamic-Plus-Paket enthalten) kann sein Fahrer am Kurvenausgang verblüffend früh aufs Gas: Wie an einer Seilwinde hängend, zieht es den Allradler spurtreu und brutal nach vorn, untermalt vom Grollen des 381-PS-Vierzylinders, der vor allem im unteren Drehzahlbereich heftig antritt und die Außenwelt bei jedem Schaltvorgang mit Fanfarensalven grüßt. Dass die Gänge drei bis sieben des zackigen Doppelkupplungsgetriebes kürzer als bisher übersetzt sind und der GLA 45 jetzt in 4,6 statt 4,8 Sekunden auf Tempo 100 marschiert, dürften jedoch nur Besitzer des Vorgängers bemerken.
Was jeder merkt: Seine Kurvenkünste erkauft sich der AMG durch herben Komfortverzicht. So spricht die Federung hölzern auf kurze Verwerfungen an und schüttelt Insassen auf schlechten Pisten kräftig durch. In solchen Momenten kommt im GLA 45 die Sinnfrage auf: Was bringt es eigentlich, eine A-Klasse erst zum Soft-Offroader aufzupumpen, um sie dann mit aller Gewalt wieder auf Sportler umzuerziehen? Zumal SUV-Fahrgefühle wegen der niedrigen Sitzposition eh passé sind.
Audi RS Q3: höherer SUV-Gehalt
Der RS Q3 gewinnt die Alltagswertung jedoch nicht nur durch seinen höheren Federungskomfort oder das deutlich niedrigere Innengeräuschniveau: Vor allem Mitfahrer in Reihe zwei genießen das luftigere Raumgefühl, steigen verrenkungsfrei zu. Vorn sitzen Fahrer & Copilot knapp acht Zentimeter höher als im Mercedes, wovon die Übersicht auf das Verkehrsgeschehen ebenso profitiert wie von den schmaleren Dachpfosten. Doch obwohl das Interieur mit hoher Material- und Verarbeitungsgüte glänzt: Spätestens das Infotainment verrät, dass der Q3 inzwischen zu den älteren Audi.Modellen gehört. So basiert die Bedienung noch auf dem MMI der letzten A3-Generation und kann noch nicht über einen großen Dreh-Drück-Steller mit Touch-pad bedient werden, während der Ellbogen bequem auf der Armlehne lümmelt. Immerhin wurde die Navigation zwischendurch um die wichtigen Online-Staudienste erweitert.
An das große Angebot von Komfort- und Sicherheitsassistenten des GLA kommt der Audi jedoch nicht heran und verliert allein so 13 Punkte. Während der Mercedes bei einem Unfall automatisch Hilfe ruft oder beim Einparken die Lenkarbeit übernimmt, gibt es für den Audi noch nicht einmal einen radarbasierten Abstandstempomaten. Und da der RS seine üppigere Serienausstattung mit einem Grundpreis verbindet, der knapp 5.000 Euro über dem des AMG liegt, bleibt ihm Oliver Kahns Schicksal von der WM 2002 nicht erspart: Er wird zweiter Sieger.