Audi S7 Sportback und Mercedes CLS 500 im Test
Mercedes CLS 500 4matic und Audi S7 durchqueren ganze Staaten an
einem Vormittag – allradgetrieben, biturbogeladen, V8-strotzend,
elegant. Alles gleich bei den viertürigen Coupés? Oh nein.
Wir könnten versuchen, das Wesen des Audi S7 Sportback in seiner Technik zu ergründen. Könnten über die zwei Twinscroll-Turbolader im V der Zylinderbänke referieren, über 420 PS und 550 Nm. Wir könnten erklären, wie clever die Kraft über das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe und den Allradantrieb an Vorder- und Hinterachse gelangt. Aber schneller gelingt es, die Wirkung der Technik zu beschreiben: Wenn du das Gaspedal des Audi S7 Sportback in den Boden klatschst, patscht der Horizont gegen die Frontscheibe.
Der Null-Hundert-Sprint erfordert dabei vom Fahrer etwa dieselbe fahrerische Klasse wie zum Bedienen eines Aufzugs. Launch-Control. Linker Fuß auf die Bremse, rechter aufs Gas. Der Achtzylinder wubbert bei 5.000/min. Fuß von der Bremse, und der Zweitonner stemmt sich in 4,5 Sekunden auf Tempo 100. Dabei verbläst er Helden wie Ferrari 360 Modena (4,6 Sekunden), Lamborghini Diablo SV (4,7) oder Porsche 911 (996) Turbo (ebenfalls 4,7). Es geht dem Audi S7 Sportback um Tempo, aber er verkleidet das elegant in der Form des viertürigen – tja, nennen wir es mal Fastback, weil die Bezeichnung Coupé nicht so recht zum Sportback passen mag.
Mercedes CLS mag es komfortabel
Beim Mercedes CLS 500 4matic dagegen hat das Marketing so lange herumgenölt, dass der Begriff des viertürigen Coupés heute nicht mehr als Widerspruch, sondern als Karosserievariante verstanden wird. Prinzipiell mag es der CLS komfortabel – Sportambitionen und jedes Klischee dazu lebt er nur als 63 AMG aus. Jetzt tritt er als 500 an, was seit Zeiten des W 126 als besonders gelungene Kennziffer im Mercedes-Programm gilt.
Seit Herbst 2010 bescheidet sich der Mercedes CLS 500 4matic mit 4,7 Liter Hubraum, setzt seine acht Zylinder aber wie der Audi S7 Sportback mit zwei Turboladern unter Druck. Sie plustern den Direkteinspritzer auf 408 PS auf – vor 20 Jahren war solche Leistung noch dem V12 im 600 SEL vorbehalten. Heute vollbringt sie im CLS eine erhabene Beschleunigung und Zwischenspurts, die zwar ein paar Zehntel hinter denen des Audi zurückbleiben mögen, was aber nichts an ihrer schieren subjektiven Vehemenz ändert. Während der Vierliter im Audi S7 Sportback immer etwas überpotent wummert, belässt es der 500 bei einem sachten Grundbollern.
Audi S7 Sportback hält sich für Sportwagen
Womöglich liegt die gewöhnungsbedürftigste Eigenheit des Audi S7 Sportback darin, dass er sich zuallererst für einen Sportwagen hält. Das konzentriert seinen Charakter. Er bietet nicht dasselbe breite Spektrum – vom eiligen Kontinentenquerer über die gelassene Pendellounge bis zum sportiven Landstraßencarver – wie der Mercedes CLS 500 4matic. Für 400 PS starke Zweitonner geben sich beide erstaunlich sparsam. Dabei drängen gerade im Audi Motor, Getriebe und Fahrwerk zur Eile. Die bissig verzögernde, aber giftig ansprechende und schwer dosierbare Keramikbremse (8.250 Euro) bringt weitere Unruhe in den Fahrfluss.
Der Audi S7 Sportback doppelverkuppelt seinen Motor mit der S-Tronic. Auf schnelle Gangwechsel getrimmt, schaltet sie zackig, mitunter etwas ruckig durch ihre sieben Gänge. Auf Schnipser an den Lenkradpaddeln reagiert die Box sofort, die Elektronik sorgt dabei für einen kurzen Tupfer Zwischengas. Dagegen versteht die Siebenstufen-Automatik im Mercedes CLS 500 4matic manuelle Eingriffe über Lenkradpaddel nur als unverbindliche Empfehlungen, lässt sich davon selten beeindrucken, wandlert lieber nach eigenen Vorstellungen weich und mit perfektem Timing durch die Stufen. Sport-Modus? Lass mal gut sein.
Weniger Hektik auch bei der elektro-hydraulischen Lenkung. Sie reagiert zahmer, bietet aber mehr Rückmeldung als die sehr direkte, etwas zappelig ansprechende und leicht synthetisch wirkende elektromechanische Lenkung des Audi S7 Sportback. Doch auch die passt zum Charakter des Autos. Ansatzlos wirft sich der Audi in Kurven, vermeidet Untersteuern mit der heckbetonten Kraftverteilung seines Allradantriebs, bleibt neutral, bis ihn das ESP spät und etwas herb einbremst. Hervorragende Traktion drischt ihn dann aus der Kurve heraus. Doch wegen des hohen Gewichts fühlt sich das meist nur sehr schnell, selten wirklich dynamisch an.
CLS wird vom ESP früher eingebremst
Mehr als es die geringen Differenzen bei den Fahrdynamik-Werten erwarten lassen, unterscheidet sich der Mercedes CLS 500 4matic vom Audi S7 Sportback. Auch der Mercedes umrundet Kurven sehr sicher, sein Grenzbereich liegt etwas niedriger, und er wird vom ESP früher und sachter eingebremst. Alle Herausforderungen zum Thema Traktion meistert die 4matic. Mit seiner serienmäßigen Luftfederung erlaubt sich der CLS bis auf kleine Unsensibilitäten auf kurzen Unebenheiten keine Schwächen beim beflissenen Komfort. Der Sportmodus für die Federung zählt zu den entbehrlichen Funktionen, weil es damit deutlich herber und nur unerheblich dynamischer wird. Die vier Modi des ebenfalls serienmäßig luftgefederten S7 (Normal, Dynamic, Auto und Efficiency) bieten eine breitere Spreizung, ändern aber wenig an der grundsätzlich strafferen Abstimmung.
Mehr Platz im Audi S7 Sportback./strong>
Auf fein gepolsterten, zu hoch positionierten Sitzen vorn und der kurzen Zweierbank hinten beherbergt der Mercedes CLS 500 4matic Passagiere bequem, jedoch weniger geräumig als im Audi S7 Sportback. Der hat dem Mercedes zudem funktionale Vorteile wie leichteren Einstieg und die große Heckklappe voraus. Maximal steckt der Sportback 1.390 Liter Gepäck weg – fast so viel wie ein A4 Avant. Dagegen lässt sich die tiefe Ladehöhle des CLS schlechter nutzen – schon wegen der kleinen Klappe.
Die praktische Seite des Audi S7 Sportback zeigt sich zudem in der besseren Funktionalität und Rundumsicht sowie der höheren Zuladung – so verschafft er sich den größten Vorsprung in der Karosseriewertung. In allen anderen Kapiteln liegen die Kontrahenten sehr eng beieinander – was nicht heißt, dass sie sich so ähneln. Es zeigt vielmehr den hohen Grad ihrer technischen Perfektion – trotz ihrer verschiedenen Charaktere.
Wobei sich der Hauptunterschied darauf reduziert: Der Mercedes CLS 500 4matic kann auch schnell, der Audi S7 Sportback kann nicht langsam.