BMW 218d Gran Tourer, Opel Zafira 1.6 CDTI
Maximales Raumangebot gehörte bisher nicht zur Kernkompetenz von BMW. Der 2er Gran Tourer soll dies ändern. Ob’s klappt, klärt der Test gegen die Diesel-Version des Opel Zafira Tourer.
Nach 27 Jahren wurde es einfach mal wieder Zeit: Mit dem Vergleich Active Tourer gegen Meriva Anfang 2015 hieß es erstmals seit 1988 in einem Doppeltest wieder „BMW gegen Opel“. Damals, als Musik-Fans westdeutsche Plattengeschäfte wegen Rondò-Veneziano-Alben stürmten, für einen 0,5 Kilo schweren Sprech-Backstein das Wort Handy erfunden wurde und Bayer Leverkusen noch Titel im Fußball holte (UEFA-Cup), behauptete sich ein 530i nur knapp gegen den günstigeren, aber kaum schlechteren Omega 3.000. In den folgenden knapp drei Jahrzehnten haben sich die Marken – vorsichtig formuliert – unterschiedlich entwickelt. Die Frage „Opel oder BMW?“ stellte sich Neuwagenkäufern kaum noch.
Aber vielleicht ändert sich das ja wieder. Nach dem Active Tourer zielt BMW auch mit dessen Langversion2er Gran Tourer auf etablierte Familienversteher wie den Opel Zafira, der seine Variabilitäts- und Verstau-Künste bereits in dritter Generation perfektioniert.
BMW 2er Gran Tourer wird für 790 Euro zum Siebensitzer
Daher klappen wir uns erst mal durch den BMW-Innenraum, der dank des um elf Zentimeter verlängerten Radstands und fünf Extra-Zentimetern in der Höhe ausgesprochen üppig ausfällt. Selbst Sitzriesen kommen in Reihe zwei aufrecht unter, freuen sich über den bequemen Einstieg sowie eine Rückbank, die sich im Verhältnis 60 : 40 vor- und zurückschieben oder für ein Nickerchen in der Neigung nahezu stufenlos flacher stellen lässt. Zum Umklappen genügt ein Knopfdruck im Kofferraum, worauf die Lehnenteile von Federn motiviert nach vorn springen.
Dass sich BMW den Alltagstücken so akribisch widmet wie früher den Einzeldrosselklappen seiner M-Modelle, verraten Details wie das Gepäckrollo: Die Abdeckungen sind oft so schwer und sperrig, dass man sie nach dem Ausbau am liebsten für immer in der Garage lassen möchte. Die Kassette im 2er Gran Tourer fällt jedoch nicht nur erfreulich leicht aus, sie lässt sich auch – mit einem Griff entriegelt – in einem Fach unter dem Ladeboden verstauen. Dort finden bei Nichtgebrauch auch die Notsitze Unterschlupf. Für 790 Euro Aufpreis geht es im Zweier nämlich zu siebt auf Gran Tour. Die hinteren Plätze eignen sich jedoch nur für Kinder, die beim Zustieg ihre Erfahrungen aus Spielplatz-Kletterhäuschen einbringen sollten.
Doch das ist im abermals zehn Zentimeter längeren Zafira nicht viel besser, auch hier mutet man die Klappstühle (700 Euro) Mitfahrern bis 1,70 Metern zu. Bei Variabilität sowie Raumangebot für Passagiere und Gepäck fallen die Unterschiede ebenfalls gering aus. Wo beim BMW 2er Gran Tourer nur die Fondlehne dreigeteilt schwenkt, lassen sich im Opel die hinteren drei Plätze komplett separat justieren. Allerdings muss hierfür mit viel Kraft an einer Stoffschlaufe gezogen und gleichzeitig mit der freien Hand die Lehne umgelegt werden. Zudem verteilt die nicht ganz so weit öffnende Heckklappe gern mal Kopfnüsse.
BMW 2er Gran Tourer mit 150 PS
Dafür gibt der Zafira beim Thema Ablagen alles: Selbst in Reihe drei gibt es Staufächer plus Getränkehalter, zwischen den Vordersitzen befindet sich gar eine Multifunktionskommode mit unzähligen Schubladen und Verstecken. Einem solchen Pragmatiker verzeiht man daher auch einfachere Materialien oder schlichtere Instrumente – noch dazu, wo sich der BMW 2er Gran Tourer an weniger prominenten Stellen ebenfalls mit günstigem Hartplastik begnügt. Bisher halten sich die Vorteile für den BMW also in Grenzen, was sich jedoch ändert, sobald es auf Tour geht. Sein Zweiliter-Diesel der neuesten Generation mit 150 PS entwickelt schon knapp über Leerlaufdrehzahl genug Dampf, wuchtet den Gran Tourer in knapp über neun Sekunden auf Tempo 100 und bleibt dabei auffallend leise. Selbst bei hohem Tempo dringen fast nur Abrollgeräusche in den Innenraum.
Mit seiner gefühlvollen, nicht übertrieben spitz ausgelegten Lenkung lässt sich der 1,6-Tonner zudem zackig durch Kurven scheuchen und problemlos auf Kurs halten – auch weil das ESP drohende Heckschwenks im Keim erstickt. Die leichten Traktionsprobleme auf feuchter Piste können nichts daran ändern, dass die XL-Variante des Zweier-Vans wie ein echter BMW fährt.
Absolut gesehen fährt auch der Opel durchaus beschwingt, im direkten Vergleich macht er jedoch einen weniger engagierten Eindruck. Das fängt schon bei der Transporter-artigen Position seiner bequemen Komfortsitze an, reicht über die gefühlsärmere Lenkung bis zum gemütlicheren Einlenkverhalten samt höherer Seitenneigung. Dafür geht er mit seinen 17-Zoll-Rädern geschmeidiger über Unebenheiten hinweg als der straffe BMW 2er Gran Tourer, der mit optionalen 18-Zoll-Rädern zum Test antrat.
BMW und Opel jeweils unter 7 l/100 km
Zudem wirkt der 1,6-Liter-Diesel im Opel deutlich träger, obwohl nur 10 Nm und 14 PS zum BMW-Motor fehlen. Die absoluten Fahrleistungen reichen zwar ebenfalls aus – um wirklich zackig loszukommen, gilt es jedoch, hochtourig einzukuppeln und die Gänge auszudrehen. Der Vierzylinder klingt dabei in allen Lebenslagen kernig, ohne sein Hubraumdefizit in spürbar weniger Durst umzumünzen. Testverbräuche von unter sieben Litern auf 100 Kilometer sind aber in beiden Fällen angesichts der Fahrzeuggrößen prima Werte. Dass der Opel mit manuellem Sechsganggetriebe gegen den BMW 2er Gran Tourer mit cremiger Achtgangautomatik antritt, führt übrigens zu keiner Benachteiligung: Was er im Antriebskapitel verliert, holt er am Schluss über den Preis wieder rein.
Das Kostenkapitel geht ohnehin klar an den Opel. In der getesteten Business Edition kommt er fast 9.000 Euro günstiger als ein 218d mit Schaltgetriebe. Dessen Luxury Line verwöhnt zwar mit Lederpolstern und Sitzheizung – viele in dieser Klasse einzigartige Annehmlichkeiten, die den Reiz des Testwagens ausmachen, gehen jedoch extra. Hierzu zählen das große Navi mit Online-Diensten, Head-up-Display oder der Stauassistent, der den Abstand zum Vordermann hält und bei niedrigem Tempo sogar die Lenkung übernimmt.
1988 kostete der siegreiche BMW 2er Gran Tourer etwa 15 Prozent mehr als der Opel. Heute endet der Test zwar in der gleichen Reihenfolge, der Preisunterschied hat sich jedoch auf rund 30 Prozent verdoppelt. Das damalige Fazit lässt sich daher getrost wiederverwerten: „Rein sachlich betrachtet ist der BMW nicht um diesen Betrag besser.“