Comeback des Kombis? BYD zeigt, wie's geht

Seine Stärken: Komfortables, leicht untersteuerndes Fahrwerk, stabiles Handling und transparentes Bremspedalgefühl.
BYD, Tech-Unternehmen und einer der erfolgreichsten Auto-Hersteller der Welt, verspricht mit dem Plug-in-Hybrid-Kombi Seal 06 reichweitenstarke Antriebskompetenz plus alltagstaugliches Praxistalent. Das gucken wir uns an!
Hey, der Kombi ist zurück! Na okay, ganz weg war er nie, aber von SUV und Crossover-Typen dicht umzingelt und in den Charts langsam nach hinten durchgereicht. Zu Unrecht, finden Sie auch? Dann kommt hier was Interessantes für Sie: der BYD Seal 06 DM-i Touring. Zielsicher rein ins Segment, das viele europäische Hersteller aufgegeben haben. Dabei war der Kombi jahrzehntelang Autofahrers Liebling – vom geräumigen Kita-Taxi bis zur Dieselrakete des Vertriebsprofis. Und heute? Rangeln die Kombis hart mit der höher bauenden Konkurrenz, obwohl ihnen ihre flachere Gestalt klare Vorteile verschafft. Beginnend mit geringerem Fahrwiderstand (Aerodynamik, niedrigeres Gewicht) über präziseres Fahrverhalten wegen des niedrigen Schwerpunkts bis hin zu guter Übersicht und Raumausnutzung.
Womit wir, schwupps, beim Seal 06 landen, jenem frischen 4,84 Meter langen Vollwert-Kombi mit europäisch-vertrautem Design, einer Dachlinie, die sich nicht sofort nach unten verflüchtigt, gestreckten Proportionen und dezenten, klaren Kanten statt Bling-Bling. Exakt so, wie ein moderner Kombinationskraftwagen, Familien- und Reisekombi sein soll. Äh, hat da jemand VW Passat Variant geraunt?
Beim Einsteigen setzt sich die Philosophie aus Dezenz uns Alltagstalent fort. Zeitgemäße Technik trifft gelernte Basisbedienung. Spiegelverstellung und Fensterheber belässt BYD ebenso angenehm physisch wie Lenksäulenhebel, Lenkradtasten und die mechanischen Rädchen für Lautstärke und Fahrmodi. Heutzutage nicht mehr selbstverständlich … Einzig Klima und Licht werden über den Bildschirm kommandiert, letzteres ist aber kein Problem angesichts der guten automatischen Steuerung. Automatisch gesteuert ist auch die Klimaanlage, allerdings pustet sie in "Auto" ziemlich kräftig. Unterm Panoramaglasdach mit Beschattung logiert man in ungedrängtem Platzangebot, umgeben von solide montierten, griffigen Materialien, teils im Leder- und Alcantara-Stil und mit Metalldekor dekoriert und von der einstellbaren Ambientebeleuchtung illuminiert.
Gut informiert, gekonnt digitalisiert
Im Zentrum der Bedienung: der Berührungsbildschirm fürs Infotainment, je nach Version 12,8 oder 15,6 Zoll groß. Die Navigation läuft dabei übers gekoppelte Smartphone per Apple Carplay oder Android Auto. Das System arbeitet flüssig, in die Bedienung muss man sich kurz reinfuchsen. Direkt im Fahrer-Blick liegt das kompakte Digitalinstrument für die wesentlichen Fahrinformationen. Ebenso praktisch sind die Ablagen, unter anderem in der zweistöckigen Mittelkonsole samt tiefem Staufach. Dazu gibt es eine induktive Ladeschale, die das Smartphone fürsorglich per Gebläse kühlt – mit solchen Details kennt sich BYD als einer der größten Batteriehersteller der Welt natürlich aus.
Reiselust und hoher Wirkungsgrad
Reiselust bekommen? Los geht’s, die lederbezogenen (vegan, klar) Vordersitze sind bequem geschnitten, beheizt und belüftet, das Platzangebot im Fond ist ordentlich, der Kofferraum mit einem Volumen zwischen 500 und 1.535 Litern bei umgeklappter Rückbank (60/40, fernentriegelbar) familientauglich. Für den kleinen Stromhunger unterwegs gibt es die Vehicle-to-Load-Funktion, mit der man Kaffeemaschine, E-Bike oder Elektrogrill mit bis zu 3,3 kW versorgen kann.
Und womit fährt der BYD-Kombi? Mit dem sogenannten DM-i-Hybridantrieb, der bei niedrigen Tempi und ruhiger Fahrt das Fahrgefühl eines reinen Elektro-Modells bieten soll. Dafür setzt er auf einen effizienten 1,5-Liter-Vierzylinder-Sauger mit 98 PS, der im Regelfall die 197 PS starke, ölgekühlte E-Maschine sowie die 19-kWh-Blade-Batterie per Extra-Generator mit Strom versorgt. So kann der hoch verdichtete, nach dem sparsamen Atkinson-Prinzip arbeitende Benziner (Wirkungsgrad bis zu 43 Prozent) oft im optimalen Lastpunkt bleiben, sodass BYD einen Verbrauch von nur 1,5 L/100 km verspricht. Der komplette Hybridstrang liefert 212 PS Systemleistung mit spontanem Antritt aus dem Stand und kräftigem Durchzug von maximal 300 Nm.
Das Um- und Zuschalten der Aggregate funktioniert unauffällig und geschmeidig. Erst wenn beide Maschinen parallel ranklotzen müssen, etwa auf der Autobahn oder beim flotten Beschleunigen, kommt der Benziner akustisch aus der Deckung. Gleiches gilt für den Fall, dass der Batterie die Reservem ausgehen und der Verbrenner vorwiegend solo powern muss. Indes: Den Großteil der Alltagaufgaben erledigt der DM-i-Hybrid ebenso kräftig wie dezent – und tatsächlich sparsam, denn die Reichweitenanzeige, die am Start 1.300 Kilometer (WLTP maximal: 1.350 km) angezeigt hat, geht während der Fahrt in und um München nur sehr langsam zurück.
Auch das Fahrwerk beherrscht City-Hopping ebenso wie Landstraßentörns oder den zügigen Autobahntrip mit maximal 180 km/h. Auch ohne Adaptivdämpfer ist es komfortabel und dennoch wankarm ausgelegt, höchstens auf schlechten Pisten etwas polternd, das Handling lediglich zart untersteuernd.
So folgt der Seal problemlos den Kommandos der Lenkung unter der Aufsicht der fürsorglichen Assistenzsysteme – regelmäßiges Bimmeln und Warnen nicht ausgeschlossen. Insbesondere einen mangelnden Blick auf die Straße erkennt die in der A-Säule montierte Kamera sofort, und das System schimpft optisch und akustisch. Angesichts vieler Unachtsamkeits-Unfälle vermutlich kein schlechter Ansatz. So wie die Bremse, die sich trotz Rekuperation schön trittfest anfühlt, bei transparentem Pedalgefühl und ordentlicher Verzögerung. Hier wie auch beim Handling dürfte der BYD unter anderem von seinen 18 Zoll großen Continental-Reifen profitieren. Eben rundum vielversprechend, der Seal 6 DM i-Touring.