Ford Focus ST, Volvo C30 T5, VW Golf GTI
Ist unter den schnellen Kompakten das letzte Wort gesprochen? Nein, meint Volvo und setzt die stärkste Version des neuen C30 auf etablierte Typen wie Ford Focus ST und VW Golf GTI an. Mit Aussicht auf Erfolg?
Jetzt tun sie bei Volvo, als würden sie ihrer eigenen Courage nicht trauen und sind stolz darauf, dass der neue Typ mit seiner großen Glastür im Nacken nicht jedem gefällt. „Ein Produkt des freien Willens“ sei er. Ein frecher kleiner Schocker. Kein Massentyp, klar. Als sei es egal, wie gut er sich verkauft. Hauptsache, es kaufen ihn die Richtigen. Bisschen durchsichtig, die Idee. Aber irgendwie muss sich der C30 in der dicht besiedelten Kompaktklasse ja ins Gespräch bringen.
Als Spitzenmodell namens T5 will er sogar Golf GTI-Kunden nervös machen und kämpft nebenbei gegen den Konzern-Kollegen Focus ST, mit dem er Motor und Plattform gemeinsam hat. Dabei ist er nicht nur enger geschnitten als beide Kontrahenten, sondern kostet auch deutlich mehr als sie.
Das C in seinem Kürzel steht für Coupé? und damit für die exklusivste Variante des Verzichtens. Familienmenschen sollten im Schauraum gleich nach dem größeren V50 fragen, weil sie mit einem C30 sowieso nicht glücklich wären: Sein schmaler Fond macht ihn zum reinen Viersitzer. Die Fondpassagiere sollten nicht zu langbeinig und besonders beim Aussteigen beweglich wie Klappmesser sein. Außerdem ist sein Kofferraum schon mit einer Reisetasche gefüllt, denn das Basisvolumen von 278 Litern liegt nur auf Ford Fiesta-Niveau.
Nein, es soll ihn wirklich nicht jeder haben wollen.
Mit der Momentum-Ausstattung kostet er atemberaubende 30 750 Euro – rund 5000 Euro mehr als Golf GTI und Focus ST. Dabei bringt der C30 keine überragenden Ausstattungsvorteile mit: Klimaautomatik und CD-Radio hat er den Rivalen als wichtigste Beigaben voraus. Wer beides bei VW und Ford extra bestellt, kommt immer noch viel billiger weg.
Immerhin, in der Verarbeitung setzt sich der C30 etwas vom Standard seiner Klasse ab. Was nach Aluminium aussieht, ist hier nicht aus Plastik, und in der Anfass-Qualität liegt er auf dem Niveau des Golf. Den Focus deklassiert er: Mit seinem hohen Hartplastik-Anteil zählt der zu den Premium- Verweigerern der Kompaktklasse. Wenn dagegen die schweren Volvo-Türen mit trockenem Plopp ins Schloss fallen, weckt der C30 tatsächlich Erinnerungen an die Schneewittchensarg- Epoche der Siebziger. Nur vom quälenden Phlegma jener Jahre ist zum Glück nichts übrig. Das fast abwesend leise Leerlaufgeräusch seines aufgeladenen Fünfzylinder-Motors täuscht anfangs noch darüber hinweg, aber das Fehlen eines Turbolochs und der vehemente Durchzug zerstäuben das alte Sportverweigerer- Image: Wer das Gaspedal des T5 in den roten Velours des Bodenteppichs drückt, nimmt dem GTI auf dem Weg zur 100-km/h-Marke zwei Zehntel ab und reißt auch die 180er-Marke etwas schneller als das ewige Klassenvorbild.
Sogar in der Endgeschwindigkeit bietet der C30 fünf km/h mehr, was im alltäglichen Umgang weniger spürbar ist als die Manieren, mit denen er den Ruf als Vertreter der jungen Milden zementiert. Niemals käme es ihm in den Sinn, seine Insassen mit dröhnigem Motorsound oder heftigen Windgeräuschen zu belästigen. Und statt modischer Federhärte schlägt sich sein Serienfahrwerk auf die softe Seite: Es neutralisiert lange Wellen mit wattiger Leichtigkeit, leitet kurze Stöße aber nur teilweise gefiltert an die Fahrgäste weiter.
Nicht ganz ausgewogenes Bemühen um Komfort
Bei schnellen Richtungswechseln fehlt es ihm außerdem am letzten Rückmeldungs-Schliff der Lenkung, beim Sortieren der Gänge an Führungsstärke. Auch die Profilierung seiner Sitze lässt unterstützende Wirkung vermissen.
Also runter von der Serpentinen-Strecke und zurück auf die Autobahn, wo der Volvo als schneller, nicht zu höchster Präzision neigender Langstrecken-Gleiter am ehesten überzeugt. Dabei zeigt ihm ausgerechnet der nah verwandte Focus ST, wie sich eine gelungene Fahrwerks-Balance zwischen Härte und Nehmerqualitäten anfühlen kann.
Der Ford federt zwar straffer, macht Querfugen und Rillen jedoch zu kaum wahrnehmbaren Randerscheinungen. Dass ihm die Verschwiegenheit des C30 abgeht, muss nicht stören: Sein Motor flüstert nicht, sondern spricht mit harzig-herzhaftem Akzent, ohne bei höheren Drehzahlen ins Vulgäre zu kippen. Die fünf Mehr-PS des konstruktiv gleichen Fünfzylinders haben dabei nur dekorative Funktion, die Beschleunigungswerte des Focus ST unterscheiden sich nur um Zehntel von den Volvo-Zahlen.
Aber der rasche Ford betont sie mit dem zupackenderen Naturell: Seine Lenkung spricht feinfühliger an, der Schalthebel rastet genauer als der Volvo- Kollege. Die vorderen Recaros bieten Halt ohne schmerzhafte Presspassung, und im Bremsen-Kapitel lässt der Focus nicht nur den C30 hinter sich, sondern sogar den Golf GTI.
Talent für den Alltag beweist der Ford zudem mit dem größten Basis-Kofferraum und den bequemsten Fond-Sitzplätzen in diesem Vergleich, obwohl es hinten an ausreichendem Kopfraum für große Kerls fehlt. Am Ende ist es das Kostenkapitel, das ihm die Bilanz verhagelt: Der höchste Testverbrauch (11,2 Liter Super Plus auf 100 Kilometer) beutelt ihn, dazu kommen hohe Kosten für Wartung und Versicherung sowie die kargsten Garantieleistungen. Selbst der teure Volvo ist auf Dauer billiger – unterliegt aber der Wirtschaftlichkeit des VW.
Dabei hat Sparen beim Golf GTI nichts mit Verzicht zu tun. Nur in der Papierform scheint ihm etwas zu fehlen: Er bietet vier statt fünf Zylinder, 200 statt 220 oder 225 PS bei Volvo und Ford, dazu mit 280 Newtonmeter etwas weniger maximales Drehmoment als beide. Alles nur Theorie: Wenn er seinen Kontrahenten tatsächlich einen Wimpernschlag an Beschleunigungszeit abtreten muss, dann macht er das mit einem einzigen zackigen Einlenken wieder wett. Oder einem schnellen Klack-Klack-Gangwechsel. Oder der Haarnadelkurve, in der er für einen Atemzug länger neutral bleibt als die beiden anderen. Und die bieten im Grenzbereich auch schon Haltungsnoten auf hohem Niveau.
Wer schnell genug ist, seinen Vorsprung zu spüren, vergisst womöglich alle anderen Wertungskapitel und nimmt den GTI nur für die Wachheit seiner Reaktionen.
Er schätzt sein Joe-Cocker-Röhren, wenn der TFSI-Motor hochdreht, und verzeiht ihm sein größtes Manko, den schütteren Federungskomfort. Die Kanaldeckel-Kartografie seiner Stadt wird ihm nicht lange verborgen bleiben. Aber wahrscheinlich ist ihm das nicht wichtig.
Der Golf, ein Sieger, der mit optionalen vier Türen sogar zum Familienfreund wird. Und dahinter zwei Verlierer? So schlimm kommt es nicht: Der Focus wird Dynamiker mit sensiblen Bandscheiben glücklicher machen. Und der Volvo den, der nie im Leben einen Ford oder VW fahren wollte.