Kia Ceed gegen Opel Astra und VW Golf

Der Kia Ceed hat in seiner Neuauflage nicht nur den sperrigen Apostroph im Namen verloren, er tritt nun auch entschieden dynamischer auf. Kann er Platzhirschen wie Opel Astra und VW Golf das Wasser reichen?
- Kia Ceed 1.4 T-GDI
- Opel Astra 1.4 DI Turbo
- VW Golf 1.5 TSI ACT
- Fazit
Wir singen hier nicht mehr voller Erstaunen das Lied vom koreanischen Hersteller, der schneller als etwa die Japaner vor ihm von einer Modellgeneration zur nächsten auf Augenhöhe mit den Besten der jeweiligen Platzhirsche beschleunigt hat. Hyundai und Kia werden schon lange ernst genommen von den weltweiten Wettbewerbern, und dazu besteht nun noch mehr Grund als zuvor.
Denn in seiner Neuauflage duckt sich der in Radstand und Länge unveränderte Ceed etwas flacher auf die Straße und hat – so viel vorweg – eine Gesamtqualität erreicht, die dem deutschen Establishment vor allem beim Blick in die Preisliste Sorgen bereiten dürfte. Aber nun genug geschwätzt, rein in den kompakten Viertürer und raus auf große Fahrt mit den Rivalen von Opel und VW.
Kia Ceed. willkommen daheim
Das Entern des Ceed hat etwas von Heimkommen. Man mag sich an den künstlichen Nähten oben auf dem Armaturenbrett stören, denn sie wirken wie der lächerliche Versuch, eine Lederanmutung zu imitieren. Und das Kunstleder der Teilledersitze (890 Euro mit elektrischer Verstellung des Fahrersitzes und Sitzheizung hinten) fasst sich nicht wirklich angenehm an. Doch der Rest ist weitgehend Sonnenschein.
Das beginnt mit den wunderbar klar gezeichneten Instrumenten und der bedingungslos logischen Ordnung der Schalter und Tasten. Ohne in Menüs stochern zu müssen, lassen sich Totwinkel- und Spurhalteassistent (beide serienmäßig) links vom Lenkrad deaktivieren. Ins Menü eintauchen muss man nur, um die nervige, weil rabiat und sehr früh ins Lenkrad greifende aktive Spurführung zu deaktivieren, um sich dann nur per Lenkradrütteln warnen zu lassen. Gut gemeint ist eben nicht immer gut gemacht, was auch für die Temperaturanzeige in den Drehreglern der Klimaautomatik gilt: Groß sind sie ja, aber bei Helligkeit viel zu schwach beleuchtet und damit kaum ablesbar.
Soll man sich darüber ärgern? Naheliegend wäre es, denn diese unnötigen Fehler fallen umso mehr auf, als der Rest des Ceed einfach sehr gut gelungen ist. Während der Vorgänger noch eher bewegungsfaul war und dieses „Wenn’s sein muss“ irgendwann auf den Fahrer abfärbte, geht es nun handlingmäßig ziemlich fröhlich zur Sache. Die Lenkung, gestrafft und direkter übersetzt, rückmeldet nun aufmerksam und bleibt in Kehren jeder Art aktiv bei der Sache. Dem etwas durstigen Vierzylinder geht erst bei engagierter Autobahnfahrt die Puste aus im Vergleich zur stärkeren Konkurrenz, doch beim Bremsen zeigt der Kia einen Biss, der auch dem Opel und dem VW gut zu Gesicht stünde.
Sitzkomfort und Platzangebot? Kein Grund zur Klage. Fahrsicherheit? Auf Augenhöhe mit der Konkurrenz. Denn das Heck lässt sich zwar durch Lastwechsel ein wenig zum Mitlenken bewegen, doch dann stabilisiert das ESP die Fuhre souverän, später und sanfter noch als beim Vorgänger. An Fahrspaß geizt der Ceed also ebenso wenig wie an Ausstattung und Assistenz – nachts sogar wie der Golf mit serienmäßigem LED-Licht (Astra: 1.450 Euro). Auch funktional zeigt er keine Schwäche. So ebnet etwa ein variabler Ladeboden den großen Kofferraum ein oder schafft Platz im Souterrain.
Voll beladen stört einzig der dürftige Federungskomfort. Schon im Solobetrieb ist der Ceed leicht polterig und störrisch, und mit Beladung nimmt diese Tendenz deutlich zu. Da ist Raum für Verbesserungen zu erkennen – ebenso wie beim nervigen Zirpen aus dem Bereich der Heckklappe auf löchrigen und geflickten Straßenabschnitten. Das schmälert die Vorstellung des Kia, der ausstattungsbereinigt etwa 8.000 Euro billiger ist als Opel und VW, allerdings kaum. Er wird seinen Weg machen in der Kompaktklasse, zumal sieben Jahre Garantie auch den Wiederverkauf erleichtern.
Opel Astra: der normale Typ
Der Astra ist ein angenehm zu fahrender Kompakter, das ist bekannt. Dass er die Konkurrenz in der Länge um einige Zentimeter überragt, tut dem Raumangebot gut und bringt ihm hier den Bestwert beim Normsitzraum. Der gibt an, wie viel Platz zwischen Rücksitzlehne und Vordersitzlehne für die Beine der Fondpassagiere bleibt. Da liefert der Opel bis zu vier Zentimeter mehr als die Konkurrenz, wobei die ebenso ohne Wenn und Aber als Viersitzer selbst für lang geratene Kerls durchgeht. Da der Mitteltunnel beim Astra erheblich flacher ausfällt, wäre er auch der beste Fünfsitzer, wenn es ihm nicht an Luftigkeit zwischen den Türen mangeln würde.
Erfreulich ist der Sitzkomfort mit gut konturierten Polstern hinten und den AGR-Sitzen vorn (links serienmäßig, rechts 295 Euro) mit ausziehbarer Sitzfläche. Diese erweisen sich spätestens auf Langstrecken trotz der anfangs als hart empfundenen Polsterung als Ort des Behagens. Weniger gut gelöst wurde das Thema Kofferraum: Das Volumen ist in diesem Testfeld das kleinste, und das Gepäck muss über eine Brüstung gewuchtet werden, die rund acht Zentimeter höher als bei der Konkurrenz verläuft. Der eigentliche Ladeboden liegt dann erheblich tiefer, was auch beim Entladen Muskeln fordert. Gut wiederum: Gegen 240 Euro lässt sich die Lehne in drei Teilen vorklappen – Skifahrer wissen das zu schätzen.
Doch nun Start: Beim Anfahren verlangt der 1,4-Liter-Turbo mit 150 PS etwas mehr Gespür für Gas und Kupplung als die Konkurrenten, obwohl die ebenfalls unter einer Anfahrschwäche leiden. Dann dreht der Vierzylinder munter hoch und liefert völlig ausreichende Fahrleistungen. Bei hohem Tempo tritt sein Singen komplett hinter den Abroll- und die erstaunlich ausgeprägten Windgeräuschen zurück. Um an die zehn Liter zu verbrauchen, muss man es schon gut laufen lassen, im Schnitt reichen dem Benzin-Direkteinspritzer auf 100 Kilometer 7,4 Liter, deren Hinterlassenschaften übrigens wie beim Kia durch einen Partikelfilter gereinigt werden. So soll es sein.
Die Federung ist harmonisch abgestimmt, mit Tendenz zum Straffen. Das gefällt auf glattem Asphalt, doch auf schlechten Straßen wirkt der Astra stößig und poltert vernehmlich aus den Radhäusern. Um Wiedergutmachung bemüht er sich dafür erfolgreich in Kurven: Da folgt er der leichtgängigen Lenkung willig und liegt vertrauenerweckend stabil.
Zudem ist er ordentlich bis gut verarbeitet, nur etwas größere und klarer skalierte Instrumente sowie eine aufgefrischte Bedienung des Multimediasystems wünscht man sich inzwischen. Wie sagte Opel-Markenbotschafter Jürgen Klopp, als er seinen Trainerjob in Liverpool antrat? „I’m the normal one“ – ich bin der normale Typ. Passt auch auf den Astra, der wenig Höhen und Tiefen erkennen lässt.
VW Golf: bekannt klasse
An den Golf kommt er damit ebenso wenig heran wie der neue Ceed. Denn der VW ist zwar in dieser Version mangels Partikelfilter und Euro-6d-Temp-Zertifizierung (die kommt in absehbarer Zeit) nicht ganz so zukunftssicher und lässt daher bei Abgasreinigung und Wiederverkaufschancen Federn. Im Hier und Jetzt allerdings ist er nach wie vor eine schwer zu knackende Nuss.
Optimiert mit Adaptivdämpfern (1.045 Euro), flauscht der hochwertig eingerichtete Highline im Comfort-Modus sanft über Schlaglöcher, Wellen und Querfugen, wobei er weiter ausfedert als seine Konkurrenten. Doch im Sport-Modus gibt er sich straff und ergebnisorientiert, stanzt auf gleich hohem Niveau Zeiten in die Messelektronik wie der wieselflinke Astra.
In Kurven untersteuert er am wenigsten, legt in seine Lenkung genau diese Schwere, die ihn besonders verlässlich und solide wirken lässt, und glänzt erneut mit bester Verarbeitung und hoher Funktionalität. Die zeigt sich etwa anhand der Hutablage, die auf Wunsch ganz praktisch unterm variablen Ladeboden verschwindet und keinen Platz frisst. Der 1,5-Liter-TSI ist mit 7,1 l/100 km – wohl auch wegen der Zylinderabschaltung – am sparsamsten, ohne deswegen mit Temperament zu geizen. Und in Sachen Laufruhe und Geräuschdämmung ist er der Konkurrenz um jenes Quäntchen voraus, das vielleicht nicht direkt wahrgenommen wird, beim Autotausch aber gesteigertes Behagen auslöst.
Bei der Bedienung im Multimedia- und Navigationsbereich ist dem Golf etwas die Einfachheit früherer Tage abhandengekommen; ein Drehregler für die Lautstärke nahe dem Monitor wäre nett, und die per Näherungssensor auftauchenden und wieder verschwindenden Schaltflächen sind nicht immer ein Segen. Doch unterm Strich ist der Golf das kompletteste Auto der Runde. Man muss ihn sich nur leisten können und wollen.
Namen sind Schall und Rauch, sagt man, und deshalb erübrigt sich jeder Definitionsversuch, ob es sich hier um Geländewagen, Offroader oder schlichte Funcars handelt. Auch eine Betrachtung über den Sinn von Autos, die weniger Platz, Komfort und Temperament als etwa gleich teure Mittelklassewagen bieten, aber schwerer sind und mehr Benzin verbrauchen – geschenkt. Tatsache ist, dass es eine Marktnische für kompakte Allradautos gibt, die wie Geländewagen aussehen, aber Schotter höchstens auf den Zufahrtswegen zum Baggersee unter die Räder nehmen und ihre Gipfelstürmer-Qualitäten allenfalls beim Aufstieg in die nächste Parkhausebene unter Beweis stellen. Besonders die kleinen Vertreter der Zunft zeigen, dass es den oft weiblichen und jugendlichen Kunden mehr um Spaß als um extreme Kletterkünste geht, weshalb ein Faltverdeck vielfach höher im Kurs steht als komplizierte Allradtechnik. Den Sinneswandel verkörpert am besten der Toyota RAV4, der 1994 mit Einzelradaufhängung rundum, selbsttragender Karosserie sowie Handling und Fahreigenschaften eines Personenwagens vom klassischen Geländewagen-Konzept Abschied nahm. Abseits befestigter Straßen kommt er jedoch schnell an seine Grenzen, denn ohne Reduktionsgetriebe bewältigt er kaum mehr als schlechte Feldwege. Auf dieses Merkmal mochten die jüngeren Konkurrenten indes nicht verzichten. Es findet sich sowohl beim 1998 eingeführten Suzuki Grand Vitara wie beim Kia Sportage, den es seit Jahresbeginn auch als kürzeren Zweitürer mit serienmäßigem Faltdach gibt, und beim kleinen, knuffigen Pinin, den Mitsubishi Ende 1999 dem großen Pajero zur Seite stellte. In dieser Runde ist er nach Länge und Breite ein Zwerg, aber nach Höhe und Preis ein Riese. Die Mindestforderung von 36 900 Mark rechtfertigt er mit dem gefälligen Design seiner bei Pininfarina in Italien gebauten Karosserie und aufwendiger Allradtechnik, die gleichermaßen gute Voraussetzungen für Straßen- und Geländeeinsätze bietet. Seine Kraftübertragung lässt sich in vier Stufen den unterschiedlichsten Bedürfnissen anpassen. Im Normalfall wird die Motorleistung an die Hinterräder geleitet, bis ein Griff zum zweiten Schalthebel – bis 100 km/h auch während der Fahrt – die Viscokupplung aktiviert und die Kraft perma-nent, aber je nach Schlupf variabel auf die Räder verteilt. In schwierigem Terrain helfen starrer Durchtrieb und eine zusätzliche Geländeuntersetzung. Obwohl sie nur um den Faktor 1,55 reduziert, erklimmt der Pinin damit selbst auf Straßenreifen beängstigende Steilhänge.