Kia Optima 1.7 CRDi im Test

Mit seinem neuen Markengesicht zeigt der Kia Optima dem Mittelklasse-Establishment lächelnd die Zähne. Kann der coole Konzernbruder des Hyundai i40 auch richtig zubeißen?
So frisch, wie er aussieht, ist der Kia Optima eigentlich gar nicht. Als K5 zeigt er schon seit zwei Jahren auf seinem Heimatmarkt Korea der Konkurrenz, wo es langgeht. Auch die Amerikaner lieben den cool gestylten Fünfsitzer mit Fließheck. Nun kommt er nach Deutschland und stürzt sich in den Haifischteich der Mittelklasse. Einer der Gründe für den Kia-Look trägt schwarze Brille und den Designpreis der Bundesrepublik Deutschland: Designchef Peter Schreyer, Ex-VW- und Audi-Mann.
Kia Optima-Topmodell kommt mit reichlich Ausstattung
Obwohl der Kia Optima Schrägheck trägt, verzichtet er auf eine große Klappe: Das Gepäck muss durch eine überraschend kleine Öffnung in den 505-Liter-Laderaum. Dort missfallen eine windige Bodenmatte, gepäckbedrohende Scharnierbügel und die unverkleidete Oberseite mit freiliegendem Lautsprecher – hier wurde gespart. Also schnell die Rückenlehnen umklappen und sich über das Maxi-Volumen mit einer Ladelänge von über 1,90 Meter freuen. Nicht erst Piloten dieser Größe wünschen sich einen größeren Verstellbereich im Bezug auf Lenkrad und Sitze. Selbst Kleinere sitzen hoch auf den straff gepolsterten, elektrisch verstell-, beheiz- und belüftbaren Teil-Ledersitzen.
Sie ahnen es bereits, wir sprechen nicht von der 26.990 Euro teuren Basis, sondern vom Topmodell Kia Optima Spirit. Für 33.090 Euro rollt es auf 18-Zöllern, protzt mit Navigation und Elf-Kanal-Soundsystem, Xenonlicht, Rückfahrkamera, Einparkassistent, schlüssellosem Zugang sowie Tempomat. Für knappe 1.200 Euro kommen noch Panoramadach und Fondsitzheizung dazu, Sechsgangautomatik für 1.190 Euro sowie Metallic (580 Euro). Wenn deutsche Aufpreisfetischisten noch beim Vorspiel sind, ist die Konfigurationsnummer bei Kia schon vorbei.
Dieselmotor verlangt nach Drehzahlen
Zeit also für die wichtigen Dinge des Lebens, wir starten. Auf Knopfdruck wacht der Diesel des Kia Optima auf: 1,7 Liter groß, 136 PS stark und ein ehrlicher Selbstzünder, etwas nagelig mit herbem metallischem Unterton. Einzige Alternative wäre ein Zweiliter-Benziner, er folgt im Juli. Jetzt muss also der Kia Optima 1.7 CRDi mitsamt Sechsstufen-Automat ran. Ein Wandlergetriebe alter Schule, das weich anfährt, Stufenwechsel sanft verschleift, die Drehzahl aber nicht immer proportional zur Gaspedalstellung einpegelt.
Maximal gibt es 325 Newtonmeter zu verwalten, die ab 2.000/min parat stehen. Der Antritt ähnelt dem der Zweiliter-Konkurrenz, verlangt aber höhere Drehzahlen. Auch in puncto Vibrationen und Akustik besteht noch Raum für Verbesserungen, der Kia Optima 1.7 CRDi ist akustisch stets präsent und vibriert im Stand recht kernig. Ein Start-Stopp-System kann nicht helfen, es ist nur für den Handschalter erhältlich.
Sei‘s drum, einmal in Fahrt, schnürt der Kia Optima gelassen übers Land. Seine elektromechanische Lenkung arbeitet mit befriedigender Präzision und Servounterstützung, verkneift sich nervöse Zicken ebenso wie lähmende Trägheit – unauffällig im besten Sinne. Rangieren und Manöver auf engem Raum klappen problemlos, Ängstlichen stehen Rückfahrkamera und selbstlenkende Einparkhilfe bei. Optimaler Übersicht nach hinten steht die Coupéform im Weg, aber da befindet sich die Limousine in ihrer Klasse ja in bester Gesellschaft.
Kia Optima bietet Komfort und Fahrspaß
Das gilt auch für die Federungsabstimmung. Trotz 18-Zoll-Rädern rollt der Kia Optima ordentlich ab, federt und dämpft kurze wie lange Unebenheiten tendenziell straff weg, ohne seine Insassen über Gebühr zu traktieren. Ganz klar, der Kia darf – anders als seine Vorgänger – ruhig Fahrspaß bereiten, Kurven suchen, dem Verlauf haarscharf folgen. Querdynamiker bekommen es allerdings schnell mit dem rigorosen ESP zu tun, das Chef spielt, hartnäckig bremst und erst nach einiger Zeit wieder loslässt. Chef spielt auch die Spurverlassenswarnung mit spürbaren Lenkeingriffen.
Ansonsten bietet der Kia Optima lieber seinem Fahrer den Chefposten an, wendet ihm sämtliche Armaturen und Bedienelemente zu. Eindeutig beschriftet, mit zarter Chromzier geschmückt und teils von Kunstlederbespannung umgeben. Lediglich die Tasten links neben dem Lenkrad sind schwer einsehbar, und alle könnten in der Nacht etwas stärker leuchten.
Apropos leuchten: Toll, dass der Kia Optima Spirit serienmäßig Xenonlicht hat, noch toller wäre eine sorgfältigere Abstimmung des etwas streifig strahlenden Systems. Das Halogenfernlicht setzt zu nah auf und verschenkt damit Reichweite. Wirkungsvoller: das Abbiegelicht. Hell strahlen auch die Rundinstrumente mit klarer Skalierung und farbig-hochauflösendem Bordcomputer-Display. Am Berührungsbildschirm des Infotainment-Systems könnten sich andere ein Beispiel nehmen: gute Auflösung, übersichtliche Struktur – klasse.
Durchschnittsverbrauch von weniger als acht L/100 km
Überzeugend auch die einzeln ausgeformten, beim Testwagen sogar beheizbaren Polster im Fond, deren Gurtschlösser allerdings hinterlistig wegtauchen – nervig beim Kindersitz-Befestigen. Bis auf die – unter anderem wegen des Panoramadachs eingeschränkte – Kopffreiheit genießt man luftiges Raumgefühl mit viel Beinfreiheit und fast freiem Durchstieg. Hinzu kommt eine reisefreundliche Reichweite als Produkt aus 70-Liter-Tank und einem Durchschnittsverbrauch von 7,9 L/100 km.
Spannend zu sehen, ob diese Eigenschaften – inklusive Sieben-Jahres-Garantie – dem Kia Optima reichen, um sich im Mittelklasse-Haifischbecken durchzubeißen.