Opel Astra OPC gegen Chevrolet Camaro
Heute früh noch vereint im Showroom des General Motors-Händlers und nun spätabends im Neon-Schlagschatten des American Diner. In der Zwischenzeit? Da liefern sich Chevrolet Camaro und Opel Astra OPC ein Duell der Automobilkulturen.
Irgendwann, als die laue Abendbrise um den Diner weht, die Nase mit Frittenaroma füllt, kühlen die Emotionen des Tages wieder runter. Was ein, zwei fette Burger auf einem satten Pommesbett doch bewirken können. Selbst wer seine Meinung eben noch fest umklammerte wie den Lenkradkranz im Kurvenrausch, der lehnt sich nun satt und entspannt zurück.
Doch blicken wir zurück – zum Morgen vor der Glasfront des General Motors-Händlers. Mit knapp vierzig Riesen in der Tasche und Lust auf ein neues Auto. Bloß kein uniformer Perfektionist mit Dienstwagenaroma, vier Türen und Selbstzünder. Also nichts wie rein, denn dort, wo man es am wenigsten erwartet, lauern ja manchmal die größten Überraschungen. Etwa bei General Motors (GM), wo sie spätestens seit den achtziger Jahren wilde Mischungen in den Schauräumen feilboten – irgendwo zwischen frugalem D-Kadett und frivoler Corvette.
Chevrolet Camaro mit V8 fast genauso teuer wie Astra OPC
Und heute? Parken dort, lediglich von ein paar Stellwänden getrennt, Chevrolet Camaro und Opel Astra OPC. Nichts gegen einen Chevrolet Spark 1.0 in Honey Mellow Yellow, aber manchmal dürfen Erwartungen auch einfach erfüllt werden. Etwa Chevy und V8 oder ein steroider Vierzylinder-Turbo im Opel Astra OPC. Äpfel und Birnen im Vergleich? Nix davon, beim Preis sind sich neue und alte Welt praktisch einig. Mit ein paar Extras kommt der Sport-Astra dem Fullsize-V8 ziemlich nahe, beide bleiben trotzdem unterhalb der 40 000-Euro-Marke.Zeit, den imaginären Spaten zur Hand zu nehmen und Vorurteile zu begraben. Etwa das von der US-Planwagentechnik. Starrachse mit Blattfedern? Vielleicht zu Detektiv Rockfords Zeiten. Heute führt der Camaro seine Hinterräder mit Mehrlenkern. Und damit die Leistung des 6,2-Liter-V8 nicht komplett in Rauch aufgeht, gibt es ein Sperrdifferenzial.
Halt, das haben wir auch, skandiert das Opel-Lager. 50 Prozent Sperrwirkung, logischerweise an der Vorderachse. Dort sortiert eine Konstruktion namens Hiperstrut mit einem zusätzlichen Radträger sowie nicht mitdrehendem Federbein Antriebseinflüsse weitgehend aus. Hinten muss es dagegen eine simplere Verbundlenkerachse richten – wie bei allen Astra mit einem zusätzlichen Gestänge verfeinert. OPC-exklusiv wiederum: die veränderte Position der Torsionselemente plus rund ein Drittel härtere Gummilager.
Knorrig geht der Chevrolet Camaro nach vorne
Noch härter: der Chevy-Klang. Schmutzig bollernd steckt der 6,2-Liter sein Revier ab. Obwohl einst als so genanntes Pony-Car gegen den Ford Mustang angetreten, wiehern seine acht Zylinder – um im Bild zu bleiben – reichlich hengstig, und nach kurzem Trab zum Warmwerden spurtet der Chevrolet Camaro auf Pedaltritt los. Knorrig rasten die sechs Gänge der Hurst-Handschaltung ein, wuchtig fallen 432 PS sowie 569 Newtonmeter über die Hinterräder her. Piloten, die allzu großzügig mit dem Gaspedal umgehen, werden von der Traktionskontrolle auf den Pfad der Tugend zurückgeführt. Wer die Elektronik abschaltet, gibt dem Asphalt großzügig Autogramme.
Opel Astra OPC faucht unter Volllast
Doch wir wollen den Opel Astra OPC und dessen biestigen Zweiliter nicht vergessen. Sein Turbolader (mit Twin-Scroll-Technik, also getrennten Zuleitungen für je zwei Zylinder) pusht den Direkteinspritzer auf 280 PS. Und faucht dabei unter Volllast, als wolle er sich den kompletten Super-Plus-Vorrat auf Ex reinziehen. Das Sechsganggetriebe arbeitet zwar leichtgängiger als das des Chevrolet Camaro, dafür rastet es luschig und ist für den sportlichen Einsatz zu unpräzise geführt. Hinzu kommen Synchrongeräusche beim schnellen Durchziehen vom ersten in den zweiten Gang.
Keine idealen Bedingungen, um den Chevrolet Camaro auf dem Dragstrip einzutüten. Der mit 1537 Kilogramm etwas hüftspeckige Opel Astra OPC entwickelt für einen Fronttriebler erstaunliche Traktion, während ihn eine Woge aus Drehmoment und Leistung in 6,4 Sekunden auf Tempo 100 spült. Nicht schlecht – aber nicht gut genug für den Chevrolet Camaro. Lass ihn ruhig fünf Zentner mehr wiegen, das gleicht er durch V8-Punch wieder aus. 5,3 Sekunden. Yep! Für 39 990 Euro.
Opel Astra OPC eine Sekunde schneller als der Camaro
Bevor Sie jetzt den Rechner stehen lassen und zum Chevy-Dealer stürzen, geben Sie dem Opel Astra OPC noch eine Chance auf Revanche. Zum Beispiel auf der Rennstrecke. Tatort Hockenheim, Kleiner Kurs. Die klassische Rundenhatz im Badischen absolviert der Sport-Opel eine Sekunde schneller als der Ami. Warum? Weil er es kann, seine hydraulische Lenkung genug Rückmeldung vermittelt, um Kurven präzise anzugehen. Selbst in scharf genommenen Ecken spart sich der Opel Astra OPC die Verhaltensmuster muskulöser vorderradgetriebener Kompaktwagen und pflügt ohne allzu lähmendes Gescharre oder linienkillendes Untersteuern durchs Geschlängel. Mit etwas Gefühl lässt sich der Opel Astra OPC tief in die Kurven hineinbremsen und unverzüglich wieder herausbeschleunigen. Gekonnt verzichteten die Opel-Ingenieure zudem darauf, dem Astra mittels besonders straffer Auslegung der hinteren Federn, Dämpfer und Stabis einen Handling-Kick samt Lastwechselempfindlichkeit einzuimpfen. So bleibt das OPC-Heck selbst beim spontanen Gaswegnehmen ruhig.
Chevrolet Camaro zeichnet sich durch Untersteuern aus
Beim Chevrolet Camaro wird das Heck vor allem beim spontanen Gasgeben lebendig – die interne Drift-Challenge bei GM geht klar an den Ami. Überhaupt müht sich der 1,8-Tonner buchstäblich nach Kräften, den aufmüpfigen Frontscharrer abzuledern. Mit durchwachsenem Erfolg – seine relativ unpräzise Lenkung, deutliches Untersteuern sowie Karosseriebewegungen lassen den Amerikaner auf der Rennstrecke hinter den agilen Opel zurückfallen.
Auch auf der Transferetappe Richtung Feierabend. Der Weg zum Diner führt über Land, folgt ungepflegten, welligen Landstraßen, deren Oberflächen dem Chevrolet Camaro buchstäblich aufstoßen, seine Karosserie in Wallung bringen. Der OPC-Fahrer kann den Charakter seines Opel Astra über drei Programme vorgeben. In "Standard" wirkt die Lenkung arg leichtgängig, in "OPC" arbeiten die Adaptivdämpfer dann bereits einen Tick zu straff. "Sport" passt am besten, hier lässt sich das Astra-Coupé mit der bei ihm exklusiven elektrohydraulischen Lenkung (sonst elektromechanisch) sauber an der Grenze der Haftreibung entlangschubbern. Beim flotten Passieren von Kuppen erkennen die Dämpfer Handlungsbedarf und schließen die Ventile einen Tick, um eine satte Landung zu sichern.
Und der Chevrolet Camaro? Na ja, er schaukelt sich so durch, lässt seinen Piloten über Details der Straßenoberfläche im Vagen – sie verpuffen in seinen Stoßdämpfern –, gibt sich stattdessen ausgeprägten Karosseriebewegungen hin. Diese lassen ihn in Verbindung mit der stämmigen Statur recht sperrig über die Landstraße wummern. Die Lenkung hat zwar nicht mehr viel mit den Cruiser-Kurbeln vergangener Generationen zu gemeinsam, überlässt humorlose Präzision trotzdem den Europäern.
Zum Glück, so soll es sein, jubelt der Fan vollwertiger US-Fahrkultur, lehnt sich zurück in die großzügig geschnittenen Ledersitze und lässt den Blick erst über die kleinen Zusatzinstrumente und dann über die tischtennisplattengroße Motorhaube schweifen. Im Wissen, dass darunter ein echter Motorblock steckt. Feist und ehrlich wie der über offener Flamme gegrillte Mettklops des Feierabend-Burgers.Mit solchen Klischees tut sich der Opel Astra OPC schwerer. Harmloses Kühlergrinsen und pausbäckige Flanken verschleiern sein bissiges Potenzial. Es erschließt sich nur jenen, die im Griff der famosen Sportsitze die Möglichkeiten des intensiv auf der Nordschleife abgestimmten Opel Astra OPC ausloten. Weniger kalorienhaltig als der Chevrolet Camaro – aber umso leckerer für alle, die schmale Fahrerschuhe Chucks oder Cowboystiefeln vorziehen.