Veyron, LaFerrari und 918 Spyder im Vergleich
Drei Supersportwagen mit unterschiedlichen Antriebskonzepten beim Gipfeltreffen in Hockenheim: Können die Newcomer von Ferrari und Porsche dem bisherigen König von Bugatti den Thron streitig machen?
Auf der Fahrt nach Hockenheim ziehen bedrohlich dunkle Wolken am Himmel auf. Hoffentlich gibt es keinen Regen, denn den brauchen wir heute wirklich nicht. Dieter Glemser, ehemaliger Tourenwagen-Europameister, hat seine Freunde auf ein paar schnelle Runden eingeladen. Mindestens 60 Sportwagen stehen in der Boxengasse, mancher Autofan hat gleich mehrere dabei.
Bugatti Veyron leistet 1.200 PS
Detlef Hübner ist mit einem Ferrari LaFerrari und einem Bugatti Veyron Super Sport angereist. Da fehlt eigentlich nur noch einer, um das aktuelle Spitzentrio der Extraklasse zu komplettieren, und der parkt nur eine Box weiter. Denn in dieser illustren Runde lässt es sich Porsche nicht nehmen, mit einem 918 Spyder dagegenzuhalten. So kommt es zu einem Gipfeltreffen der ganz besonderen Art: drei Supersportwagen, drei Antriebskonzepte und insgesamt 3.050 PS.
Der Bugatti Veyron leistet sich einen 1.200 PS starken W16-Zylinder, vier Turbolader und acht Liter Hubraum. Die brachiale Gewalt des riesigen Mittelmotors wird über alle viere auf die Straße gebracht. Sein italienischer Konkurrent tritt mit einem 6,3 Liter großen V12-Zylinder an. Unterstützt wird der Vortrieb des Parallel-Hybrids durch einen zusätzlichen Elektromotor an der Hinterachse. Der Verbrennungsmotor allein bringt es auf 800 PS, die Systemleistung beträgt 963 PS.
Hinterrad- gegen Allradantrieb
Die E-Maschine sorgt nicht allein für zusätzlichen Vortrieb speziell bei niederen Geschwindigkeiten, auch ESP-, ASR- und ABS-Eingriffe werden teilweise über den E-Motor gesteuert. Durch gezielte Kraftstöße verbessert er die Schaltzeiten und die Gangwechsel. Setzt der Ferrari allein auf den Heckantrieb, so verteilt der Porsche 918 seine Antriebsleistung wie der Bugatti Veyron auf alle vier Räder – nur weit eleganter. Den Hauptantrieb liefert beim Porsche ein 4,6 Liter großer V8-Motor mit 608 PS. Dazu kommen E-Motoren an Vorder- und Hinterachse, womit die Gesamtleistung auf 887 PS steigt. Seine Lithium-Ionen-Batterien lassen sich an der Steckdose aufladen.
Neben den beiden hypernervösen Renntieren wirkt der Bugatti wie ein altgedientes Paradepferd. Er zeigt eine gewisse optische Schwere – und hat ohnehin ein Gewicht von 1.838 Kilogramm.
Bugatti Veyron in 2,5 Sekunden auf Tempo 100
Trotzdem: Die Gewalt von 1.200 PS – verteilt über ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe auf alle viere – garantiert eine maximale Beschleunigung. Zuerst kommt die Kraftwelle eher verhalten. Die vier Turbos sind bemüht, genügend Luft in die Brennräume zu schaufeln. Aber dann kommt es dicke. Der Kopf wird nach hinten gedrückt – in feinstes Leder, versteht sich. Jet-Feeling in einem luxuriösen Ambiente. Nur der aggressive Klang will da nicht so recht ins Gesamtbild passen. Der Bugatti Veyron Super Sport ist kein Racer, kann aber phänomenal loslegen. Er erledigt dank Launch Control den Spurt aus dem Stand bis Tempo 100 in 2,5 Sekunden.
Und die Orgie geht weiter: 200 km/h liegen nach 6,7 Sekunden an, die Tempo-300-Marke bereits nach 14,6 Sekunden. Die Straße wird aufgeschnupft, und am Ende lauert die Spitzkehre. Sie kommt förmlich angeflogen. Ist die Beschleunigung ein Brachialakt, so ist die Verzögerung die eigentliche Show. Am Heck stellt sich ein gewaltiges Flügelbrett auf und legt sich mit 1.200 PS ins Zeug. Dazu packen vier Keramikbremsscheiben – so groß wie XXL-Pizzen – mit weiteren 2.800 PS Bremsleistung. Auch wenn das ABS in den Regelbereich verfällt, ist es erstaunlich, wie brutal der Zweitonnen-Koloss verzögert. Diese brachiale Tortur fordert ihren Tribut. Nach einigen solchen Manövern entwickeln die Bremsen eine derartige Hitze, dass die Felgen anlaufen. Deshalb verordnet Hübner dem Bugatti Veyron zunächst einmal ein paar Abkühlrunden, bevor es weitergeht.
Die beiden anderen Sportler haben da weit weniger Probleme, bringen sie doch nur 1.675 (Porsche) und schlanke 1.365 Kilogramm (Ferrari) auf die Waage. Der 918 ist ein wahrer Klangkünstler, dessen V8 im manuellen Modus ein abgrundtiefes Gurgeln produziert. Aber Marketingleiter Andreas Henke empfiehlt die Automatik, weil sie die Gänge so flink sortiert, und verspricht: „Das können Sie nicht schneller.“
Traktionsvorteil Porsche
Der V8 dreht über 9.000 Touren und legt sich in Kombination mit den beiden E-Maschinen mächtig ins Zeug. Trotzdem wirkt der Ferrari speziell von unten heraus aggressiver und bissiger, hat aber nicht die Traktion des Porsche und nicht dessen Handling. Er lenkt zackig ein und wirkt in den Kurven weit stabiler als der Ferrari. Dem helfen selbst die aktiven aerodynamischen Helferchen nicht – drei variable Klappen im Unterboden, zwei Klappen im Heckdiffusor und der Heckflügel, die je nach Lenkwinkel, Gaspedalstellung und Gierrate für eine optimale aerodynamische Balance sorgen sollen.
Aerodynamisch hat der Porsche zudem den Vorteil, dass er sich durch Abnehmen der beiden Dachteile zum Cabrio verwandeln lässt. Was nicht nur für angenehme Temperaturen im Cockpit sorgt, sondern auch eine spezielle Klangkulisse aus Rauschen, Zischen und dem kernigen Hämmern des V8 erzeugt. Der Ferrari kann da den schrillen Klang des V12 einbringen. Aber er hat auch ein architektonisches Highlight: Beim Öffnen der Türen klappen quasi die Schweller mit nach oben. Man tritt praktisch gleich ins Wohnzimmer, wo die Sitze fest im Carbon-Chassis montiert sind.
Porsche Spyder schafft maximal 345 km/h
Seine Höchstgeschwindigkeit soll jenseits von 350 km/h liegen, während der Porsche nach Werksangaben maximal 345 km/h schafft. Hier spielt der Bugatti Veyron seine brachiale Kraft aus und stemmt sich – freigeschaltet mit einem speziellen Schlüssel neben dem Fahrersitz – bis Tempo 415. Dann wird elektronisch abgeregelt. Und wer die 400-km/h-Fahrt absolviert hat, der erhält eine entsprechende Jacke. Detlef Hübner hat nicht nur das Jackett, auch sein Name steht auf einer 400-km/h-Rekordtafel in Molsheim ganz oben an erster Stelle. Als sich das Sportwagen-Trio knisternd abkühlt und entspannt, frage ich ihn nach seinem Lieblingsauto: „In die Stadt fahre ich mit dem Mini Cabrio meiner Frau.“ Und in den Urlaub? „Im Bentley.“ Und der Bugatti? „Der ist nicht nur schnell, sondern auch ein Stück Kunst“, so Hübner, „ein Auto für die besonderen Momente des Lebens.“
Ebenso gern fährt er aber auch einen Opel Diplomat V8. Und wenn er Spitzentechnik erleben will, dann rollt der Ferrari aus der Garage. Hübner: „Der ist schnell – und ein Stück Rennsport.“ Apropos rollen: Ganz nebenbei outet sich der Sammler als Tesla-Fan. Im November hat er seinen Elektro-Amerikaner bekommen, jetzt sind schon 16.500 Kilometer auf dem Tacho. Da hätte der Porsche 918 Spyder wohl ebenfalls gute Chancen, in der Sammlung von Detlef Hübner zu landen. Denn der Supersportwagen kann nicht nur schnell, sondern hat sogar rein elektrisch eine Reichweite von immerhin 35 Kilometern.