Volvo V90 gegen Volvo XC90
Jahaa, gleich werden wir so richtig knallhart heraustesten, welcher besser ist – der V90 oder der XC90. Zuvor möchten wir noch eines anbringen: Keiner wird echte Volvo-Fans enttäuschen.
Womöglich ist das die passendste Art, einen Volvo zu vergleichen: mit einem anderen. So zeigt auch die eigene Erfahrung, dass Freunde der Marke eben Freunde der Marke sind. Die Kardinäle im Konklave kämen ja auch nicht aus einer Sektlaune heraus auf die Idee, zur Abwechslung mal einen hinduistischen Guru zum Papst zu wählen. So haben die schwedenstählernen Fans schon 1990 ewig gegrübelt, ob sie den neuen 940 oder lieber den fast identischen, doch bewährten 740 nehmen sollen. Aber eine andere Marke? Wie jetzt, andere was?
V90 und XC90 sind technische Brüder
Eben. So treffen diese zwei Volvo aufeinander: Der XC90, mit dem Anfang 2015 die Neuerfindung der Marke in Technik wie Design losging, und der V90, der erst im September 2016 startete und neben dem XC60 das wichtigste Modell der Marke ist. Beide basieren auf der Skalierbaren Plattform-Architektur (SPA), die mehr ist als nur eine Plattform. Denn es gibt auch nur noch einen Motor, einen Zweiliter als Diesel, Benziner und Hybrid sowie nur eine Fahrwerkskonstruktion: vorn mit Doppelquerlenkern, hinten mit Integralachse mit Querblattfeder wie einst im 940 oder mit Luftfederung. Die hat der SUV optional auch an der Vorderachse, was schon die erheblichste technische Differenzierung darstellt.
Auch bei der Länge unterscheiden sich die beiden kaum – nur um 1,1 cm. Dass der XC90 trummiger wirkt, liegt an 30,1 cm mehr Höhe und 5,2 cm mehr Breite, mit der er engeren Parkhäusern kritisch gegenübersteht. Andererseits schafft er damit viel mehr Raum drinnen. So liegt das Standard-Kofferraumvolumen auf dem Niveau eines VW Multivan, Platz genug also für zwei zusätzliche Klappsitze (1.500 Euro), auf denen selbst Erwachsene angemessen unterkommen – wenn die Passagiere in Reihe zwei auf ihren drei Einzelsitzen ein Stückchen nach vorn rücken (alle drei Sitze sind separat verschieb-, klapp- und neigungsverstellbar) und ein wenig ihrer verschwenderischen Beinfreiheit abgeben. Pilot und Co reisen erhaben in diesen grandiosen Sitzen, die allein schon ein Grund sein können, einen dieser Volvo zu kaufen – ein sehr guter sogar.
Freundliche Bedienung gesucht
Ähnlich üppig sind die Raumreserven im V90 nicht. Und während so ein kastiger 940 Kombi einst zwei Kubikmeter verpackte, sind es beim eleganten V90 nur noch maximal 1.526 l. Mit 560 l fällt auch das Standardvolumen nicht allzu reichlich aus, bedenkt man, dass ein gut 20 cm kürzerer Skoda Octavia Kombi 610 bis 1.740 l verklappt. Doch auch im V90 dürfte es noch immer meist sehr gut reichen mit dem Platz. Der lässt sich nicht so umfassend variieren wie im SUV: Die Rücksitzbank klappt federvorgespannt und fernentriegelt zu einer Ladeebene. Das war es dann an Variationstricks. Die Rückbank ist ebenso couchig-gemütlich wie die Sessel im XC90. Interessant für Familien: Für den Geländewagen gibt es einen aufklappbaren integrierten Kindersitz auf dem Mittelplatz (250 Euro), für den Kombi sind es zwei für 350 Euro auf den Außensitzen. Cockpit und Bedienung gleichen sich bis ins Detail – was einen Vorteil hat: Bewältigt man die Eigenheiten des Touchscreen-Systems beim einen, können sie beim anderen nicht mehr so nerven.
Aber wir sollten mal losfahren. Den starken Turbodiesel im D5 verkuppelt Volvo serienmäßig mit einer Achtstufenautomatik. Sie und ein kleiner Kompressor, der dem Lader frühen Druck einpustet, helfen dem Motor über sein Anfahrzögern hinweg. Mit dem 2,1 Tonnen schweren XC90 hat die Antriebsabteilung natürlich mehr zu arbeiten – zu drehen und zu schalten – als im fast 200 kg leichteren V90. Auch der rangelt Landstraßen nicht mit ausgefeilten Handlingtricks nieder, wankt aber viel weniger als der behäbigere XC90. Der ist eher so fürs Geradeausfahren, federt allerdings trotz Luftfederung rundum wie der V90 etwas harsch. Das liegt bei dem SUV auch an den großen Rädern. Die kosten für den Kombi Aufpreis und verringern seinen Preisvorteil je nach Version auf 1.800 bis 2.800 Euro. Der XC90 kostet nicht nur in der Anschaffung mehr, sondern auch im Unterhalt wegen höherer Steuer, Versicherung und mehr Verbrauch. Wobei es in der Region von 1.000 Euro Unterhaltskosten pro Monat auf 50 Euro wohl nicht ankommt – da müssen wir jetzt nicht päpstlicher sein als ein Papst Guru I.
Fazit: XC90 ist mehr Volvo
... oder doch der V90? Machen Sie, was Sie wollen. Beide 90er-Modelle entsprechen all dem, was man sich nun unter einem Volvo vorstellt: mit ihrer schon serienmäßig lückenlosen Assistenzausstattung, höchster Crash-Sicherheit und diesem wunderbar entspannten Skandinavien-Stil im Ambiente und auch in der Art, wie sie fahren. Dabei bietet der XC90 für einen in dieser Preisklasse geringen Aufpreis mehr Volvoness, mit enorm viel Platz, mehr Sitzen und Variabilität sowie noch erhabenerer Souveränität. Sie mögen aber den V90 lieber? Na schön.