Zwischen endlosen Wüsten und schrillem Partyleben

Auf einer Tour mit dem gemieteten Wohnmobil durch den Südwesten der USA kann man an jedem Tag ganz unterschiedliche Highlights erleben. Eine Traumreise von Nevada nach Kalifornien und zurück.
Schon in der Ankunftshalle des Airports von Las Vegas empfangen uns die Spielautomaten, was uns erstaunt und erheitert. Bereits hier klimpert und glitzert es, quasi als Vorbereitung auf das, was uns in der Stadt erwartet. Ein Shuttlebus bringt uns ins Hotel, denn wir können unser Mietmobil erst am nächsten Tag übernehmen. Auch das Hotel besitzt einen großen Casinobereich, an dem man schon die ersten Dollars verzocken kann. Aber wir sind dafür zu müde. Immerhin beträgt die Zeitverschiebung neun Stunden und wir fühlen uns wie um drei Uhr nachts. Außerdem wollen wir die Glitzerstadt erst am Ende unserer Reise ausgiebig erkunden.
Auf der Suche nach Extremen
Per Taxi erreichen wir am Morgen die Übernahmestation für das Wohnmobil. Zügig laden wir unser Gepäck ein, fahren einkaufen und nehmen Kurs auf ein Extrem der Naturlandschaften im Südwesten der USA, den Nationalpark Death Valley. Das Tal des Todes gilt als einer der heißesten Orte der Welt, und, hoppla, es ist höllisch heiß hier. An diesem Septembertag klettert das Thermometer auf 45 Grad. Im Wohnmobil bleibt es dank Klimaanlage angenehm, aber jeder Schritt draußen wird zur Qual. Dazu ist es sehr windig, ein heißer Wind. Wir lassen uns nicht entmutigen und stellen uns an den Aussichtspunkten der Hitze: Dante’s View, wo man wie auf einer Terrasse in das Becken des Death Valley herabsieht, Zabriskie Point mit seiner bunten Erosionslandschaft und das Badwater Basin, der tiefste Punkt der USA, der sich 85,5 Meter unter dem Meeresspiegel befindet. Die Nacht verbringen wir im Death Valley auf dem Furnace Creek Campground.
Auf der Suche nach weiteren "extremes" fahren wir auf der CA-190 in Richtung Sierra Nevada. Wir wollen den Mount Whitney sehen, den mit 4421 Metern höchsten Berg der USA – außerhalb von Alaska. Nach herrlicher Fahrt, zuletzt mit Dauerpanorama der Gebirgskette Sierra Nevada, erreichen wir die Alabama Hills, die mit ihren Granitfelsen zahlreichen Westernfilmen als Drehort dienten. Auf einer zweistündigen Wanderung suchen wir Felsbögen und erhaschen ihn immer wieder, den Mount Whitney.
Extrem geht es weiter. Zunächst begeben wir uns auf die US-395, eine der Traumstraßen. Diese zieht sich vom Süden bis zum Norden Kaliforniens und weiter darüber hinaus immer parallel zur Eastern Sierra Nevada: eine einzigartige Panoramastraße mit unzähligen "Vistas". Aber schon in Big Pine biegen wir ab, um zum Ancient Bristlecone Pine Forest in den White Mountains zu kommen. Die Borstenkiefern gelten als die ältesten Organismen auf unserem Planeten und werden wohl bis zu 5000 Jahre alt. Hier, in einer Höhe von über 3000 Metern, haben sie sich an die extremen Wetterbedingungen mit nur kurzen Wachstumsphasen angepasst.
Für unser Nachtlager müssen wir nicht mehr weit fahren. Der Grandview Campground liegt auf 2621 Meter Höhe. Er bietet zwar keinen Komfort, kostet dafür aber auch nur fünf Dollar pro Nacht – und unser Reisegefährt ist ja bestens ausgestattet.
Spektakuläre Natur im Yosemite Nationalpark
Weiter geht es auf der US-395 durch Waldgebiete, vorbei an Mammoth Lakes und anderen Skigebieten. Wir fahren durch Lee Vining, das Eingangstor zum Yosemite Nationalpark. Unweit der Straße liegt der bizarre Mono Lake. Dann biegen wir ab nach Bodie, einer Geisterstadt, die 1859 als Goldgräbersiedlung aufgebaut wurde und später, nachdem der Hype verpuffte, wieder aufgegeben wurde. Heute ist alles geordnet, und im Bodie State Historical Park kann man sich die Siedlung mit den alten Gebäuden in Ruhe ansehen.
Der Tioga Pass ist mit über 3000 Metern der höchstgelegene Highway-Pass in Kalifornien und damit wieder ein Extrem. Er führt uns in den Yosemite Nationalpark, der mit über vier Millionen Besuchern pro Jahr zu den beliebtesten Nationalparks der USA zählt. Vorbei an malerischen Hochwiesen, den Tuolumne Meadows, und Tenaya Lake kommen wir zum Olmsted Point, wo wir auf den Sonnenaufgang warten und gebannt sehen, wie sich die Sonne langsam die Spitze vom beeindruckenden Gipfel des Clouds Rest erobert. Die weitere Fahrt zum Yosemite Valley benötigt über eine Stunde. Im Herbst führen die berühmten Wasserfälle immer wenig Wasser. In diesem Jahr sind die Yosemite Falls sogar praktisch ausgetrocknet.
Am El Capitan, einem riesigen Felsmonolithen mit senkrecht abfallenden Wänden, wandern wir den gleichnamigen Trail. Kletterer hängen wie Ameisen an der Steilwand. Außerdem gehört ein Besuch im Visitor Center sowie in der Anselm Adams Gallery, dem Dokumentationszentrum für den berühmten Fotografen, unbedingt dazu. Der Tag geht am Crane Flat Campground zu Ende, den wir schon von zu Hause aus (über www.recreation.gov) für 26 Dollar gebucht hatten, was angesichts des Besucherandrangs dringend zu empfehlen ist. Das gilt ebenso für unsere nächste Übernachtung am Wawona Campground. So fahren wir entspannt auf der Wawona Road zu den Aussichtsterrassen auf über 2000 Meter Höhe. Von beiden bietet sich uns ein grandioser Blick über den Yosemite Nationalpark und das Tal mit Yosemite Falls, Half Dome, Nevada Falls und vielen Berggipfeln. Auch diese Aussichtspunkte schaffen es mühelos auf unsere Liste der "extremes".
Die größten Bäume der Welt
Jetzt wollen wir Sequoias, also Mammutbäume, sehen. Diese sind bekanntermaßen die größten Lebewesen auf unserem Planeten. Leider wurden viele der Sequoias zur Zeit des Goldrausches gefällt. Heute gibt es nur noch kleine Restbestände in Naturparks. Wegen vieler Serpentinen brauchen wir für 250 Kilometer fast fünf Stunden bis zum Giant Forest des Sequoia Nationalparks. Hier liest man auf den Schildern "The biggest tree in the world" oder "The largest living thing on earth", Wow! Geschätztes Alter: 2300 bis 2700 Jahre, Höhe 84 Meter, Umfang am Boden 31,3 Meter. Nur wenig Licht dringt bis zum Boden durch, sodass uns der Wald mit einer fast mystischen Atmosphäre umgibt. Wir mäandern auf dem Big Trees Trail durch den Wald und sehen Bäume mit Brandnarben, die wohl schon etliche Waldbrände überlebt haben.
Damit wir es am nächsten Tag bis zum Kings Canyon Nationalpark nicht so weit haben, fahren wir durch die kurvenreichen Berge auf dem Generals Highway nach Norden Richtung Azalea Campground, der schon im Nationalpark liegt. Ein Lagerfeuer mit einem Glas Wein vor dem Wohnmobil macht den Abend gemütlich. In den Höhenlagen werden die Nächte jetzt, Ende September, zunehmend kühler. Zur Not hätte unser Wohnmobil eine Heizung, allerdings mit hörbarem Gebläse. Noch kommen wir in unseren warmen Schlafsäcken gut zurecht.
Im Kings Canyon Nationalpark sind zunächst wieder Mammutbäume unser Ziel. Schon nach wenigen Minuten finden wir einen Parkplatz nahe dem riesigen General Grant Tree, der seit 1926 offiziell als "The Nation’s Christmas Tree" verehrt wird, nachdem ein kleines Mädchen im Selbstgespräch vor dem Baum stehend gesagt hatte: "What a lovely Christmas tree that would be." Er ist 3000 Jahre alt. Am Nachmittag nehmen wir Abschied, denn wir müssen die Sierra Nevada nun verlassen. Service ruft: Wasser, Dumping, Einkäufe. Dafür haben wir uns den KOA Campground in Visalia mit WLAN, kleinem Pool und Waschmaschinen ausgesucht. Die Anlagen der Campingplatzkette KOA sind nicht günstig, aber gut ausgestattet.
Nächstes Ziel ist Lemoore, wo auf dem Navy Airport eine Flugshow stattfindet, die Lemoore Air Show 2019. Der Weg dorthin ist nicht weit, allerdings gibt es vor dem Flugplatz einen Stau, den wir auch hätten erwarten können. Egal, verspätet sind wir vor Ort und genießen die Show mit Flugmanövern – grandios und auch "extreme".
Noch völlig geflashed beenden wir am Nachmittag unseren Besuch auf dem Flugfeld und treten unsere Rückreise nach Las Vegas an. Weil wir die Distanz unterschätzt haben, landen wir jedoch in Barstow, wieder auf einem KOA Campground. Auf dem weiteren Weg legen wir bei Seven Magic Mountains, einem Kunstobjekt des Schweizers Ugo Rondinone, einen Zwischenstopp ein. Dann heißt es "Viva Las Vegas": Mit diesem Elvis-Song erreichen wir die Wüstenmetropole, genauer einen KOA Campground. Wir haben uns an den Komfort gewöhnt. Mit dem Shuttlebus gelangen wir bis zum Zentrum, bummeln entlang der bunt blinkenden Attraktionen, zocken an den "einarmigen Banditen", verlieren und staunen über die gigantische Glitzerparty. Extrem ist das allemal.