The Beast fährt mit Flugzeugmotor im Kombikleid
Ein Kombi mit 27-Liter-Flugzeugmotor, einer Leistung von 760 PS und einem Rolls-Royce-Grill? The Beast war schon in den 1970er Jahren eine Provokation – und ist heute ein Zeugnis einer Ära, in der automobil alles möglich schien.
Unter der langen Haube lauert ein 27 Liter großer V12. Kein Motor aus dem Regal eines Sportwagenherstellers, sondern ein Aggregat aus der Luftfahrt: ein Rolls-Royce Meteor, ursprünglich für Panzer und Flugzeuge konstruiert. Was sich wie ein PR-Gag anhört, war in den 1970er Jahren Realität – gebaut vom britischen Tüftler John Dodd. Er nannte es "The Beast" – und das zu Recht.
Flugzeugmotor auf der Straße
Der Meteor basiert auf dem berühmten Merlin-Motor, der einst die Spitfire beflügelte. Für den Straßeneinsatz wurde er leicht entschärft – doch mit rund 760 PS blieb die brachiale Kraft erhalten. Um den Koloss auf Rädern zu bewegen, wurde ein General-Motors-Getriebe adaptiert. Die Verbrauchswerte? Mit bis zu 141 Litern auf 100 Kilometer jenseits von Gut und Böse. Trotz aller Absurdität: The Beast war zugelassen, versichert – und regelmäßig im Alltag unterwegs.
Die Zeit der Wahnsinnsumbauten
The Beast ist kein Einzelfall, sondern Teil eines automobilen Phänomens: In den 1970er Jahren war Technik-Spielerei nicht nur erlaubt, sondern gewünscht. Ob riesige Kompressoren, Hubraumrekorde oder Tankwagen-Umbauten – wer etwas auf sich hielt, baute ein Fahrzeug, das jegliche Vernunft übertraf. The Beast war dabei vielleicht das radikalste Beispiel: ein Zwitter aus Flugzeug und Kombi, gebaut nicht für die Rennstrecke, sondern für die Straße.
Rolls-Royce gegen The Beast
Besonders provokant war die Frontgestaltung: Der Kühlergrill und die "Spirit of Ecstasy" stammten direkt von Rolls-Royce. Das britische Traditionshaus war davon wenig begeistert – und klagte. Der Fall endete mit einer Gefängnisstrafe für den Konstrukteur, einem neu gestalteten Kühler – und mit einer Legende, die noch mehr Aufmerksamkeit bekam. Die Markenrechtsverletzung wurde zur PR-Katastrophe für Rolls-Royce und zum Triumph für The Beast.
Versteigerung eines Extremwerts
Heute steht The Beast wieder im Rampenlicht – diesmal bei einer Auktion. Das britische Auktionshaus Historics rechnet mit einem Erlös zwischen 75.000 und 100.000 Pfund (85.000 bis 113.000 Euro). Für ein Einzelstück mit dieser Historie, Technik und Legalität wirkt der Preis beinahe bodenständig. The Beast ist kein Hochglanz-Sammlerfahrzeug, sondern eine fahrende Erinnerung an eine Ära der Rücksichtslosigkeit gegenüber Normen und Grenzen.
