Medizinische Kombinationspräparate: Wundermittel oder fauler Zauber?

Triefnase, Brummschädel, Gliederschmerzen – nervig, so eine Grippe. Die Pharmaindustrie verspricht Hilfe mit Arzneimitteln, die alle Symptome gleichzeitig beseitigen sollen. Helfen sie wirklich?
Schwache Leistung bei Erkältungen
Bei diesen Mitteln handelt es sich um sogenannte Kombinationspräparate. Da sie gegen verschiedene Beschwerden wirken sollen, enthalten sie mehrere Wirkstoffe. Kombinationspräparate gegen einen grippalen Infekt versprechen, Kopf- und Gliederschmerzen, den kratzenden Hals und die triefende Nase mit einem Schlag zu besänftigen. Die Zeitschrift Öko-Test untersuchte 14 rezeptfreie Arzneimittel, die bei Erkältungen oder grippalen Infekten angewendet werden und kam zu dem Ergebnis, dass die beliebten Kombinationspräparate vielfach unsinnig sind und sogar das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen erhöhen. Keines der getesteten Kombi-Mittel konnte laut Studie einen Infekt kurieren. Die im Vergleich untersuchten Monopräparate, in diesem Fall reine Schmerzmittel, erfüllten ihren Zweck und linderten die Schmerzen. Mehr aber auch nicht – auf die Dauer der Erkältung hatten sie keinen Einfluss.
Fakt ist: Bis heute gibt es keinen Wirkstoff, der alle Symptome einer Erkältung bekämpfen kann. Daher behilft sich die Pharmaindustrie mit Kombinationspräparaten. Bei Erkältungen und grippalen Infekten sind diese „Wundermittel“ heftig umstritten, in anderen Anwendungsbereichen hingegen zählen sie seit Jahren zur üblichen und hilfreichen Praxis.
Sinnvolle Kombinationen
Kombinationspräparate werden zum Beispiel erfolgreich gegen Bluthochdruck eingesetzt. Die Kombination kann aus Betablockern und entwässernden Mitteln bestehen, um auf verschiedenen Wegen eine Normalisierung des Blutdrucks zu erzielen. Häufig sind es ältere Menschen, die Mittel gegen Bluthochdruck verschrieben bekommen. Der Vorteil eines Kombinationspräparats liegt hier neben der verbesserten Wirkung auch im Handling. Statt mehrere Pillen zu schlucken, braucht der Patient nur ein Medikament einzunehmen. Das erleichtert die Behandlung und beugt möglicher Falschdosierung vor.
Es gibt viele Einsatzbereiche für Kombinationspräparate, die sich längst im medizinischen Alltag bewährt haben. Dazu zählen einige Antibiotika, die durch die Kombination verschiedener Stoffe eine erhöhte antibakterielle Wirkung erzielen. Die Pille ist vielfach ein Kombinationspräparat: Viele hormonelle Verhütungsmittel enthalten Östrogen und zusätzlich ein Gestagen. Auch mehrere Mittel gegen die Nervenkrankheit Parkinson enthalten zwei Wirkstoffe, die sich ergänzen: Der Antiparkinson-Wirkstoff L-Dopa wird durch eine zweite Substanz geschützt, die das L-Dopa sicher an den Wirkort im Gehirn transportiert.
Schmerzmittel-Kombis: Gefahr oder Gewinn?
Umstritten dagegen ist die Verwendung von Kombinationspräparaten gegen Schmerzen. Auch hier bietet die Pharmaindustrie eine breite Palette an Mitteln an, die mehrere Wirkstoffe enthalten und auf diese Weise schneller und stärker wirken sollen. Typische Schmerzmittel-Kombis bestehen aus dem Klassiker Azetylsalizylsäure (ASS), bekannt als Aspirin, dem Schmerzstiller Paracetamol und Koffein. Kritiker bemängeln, dass das Koffein, gedacht zur Steigerung der schmerzstillenden Wirkung, zu einer längeren Einnahme des Medikaments verleitet, also zu einer Gewöhnung führt. Wer den Kick der belebenden Koffein-Wirkung sucht, greift unter Umständen eben häufiger zur Pille, auch wenn die Schmerzen eine Einnahme nicht unbedingt erforderlich machen.
Wirkstoffkombinationen aus ASS und Paracetamol stehen zudem in Verdacht, Nierenschäden zu verursachen. Allerdings wird, wenn überhaupt, die schädigende Wirkung nur bei längerer Einnahme der kombinierten Schmerzmittel erzielt. Auch bei Kombinationspräparaten gilt wie bei Medikamenten mit nur einem Wirkstoff: Sie sollten nicht länger als drei Tage hintereinander und nicht länger als zehn Tage im Monat eingenommen werden.
Bei einfachen Kopf- und Gliederschmerzen reichen nach Meinung vieler Ärzte ohnehin Medikamente aus, die nur einen Wirkstoff enthalten. Bei Migräne hingegen können, das legen jedenfalls Studien nahe, Kombinationspräparate einen größeren Behandlungserfolg bewirken.
Kombinationspräparate sind im Prinzip also weder Wundermittel noch fauler Zauber. Es kommt bei vielen dieser Mittel eben darauf an, wo und wie sie eingesetzt werden. In der Regel müssen Wirkstoffe, die gegen eine bestimmte Erkrankung eingesetzt werden, individuell dosiert werden. Das ist mit Kombinationspräparaten, die mehrere Wirkstoffe in einem festgelegten Mischungsverhältnis enthalten, nicht möglich. Sinnvoll sind sie aus medizinischer Sicht nur dann, wenn die Verbindung der einzelnen Wirkstoffe zweckmäßig ist. Nur wenn Kombinationspräparate einen Zusatznutzen gegenüber Medikamenten mit einzelnen Wirkstoffen im Anwendungsbereich bieten, stellen sie eine echte Alternative oder sogar eine Verbesserung dar.
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