Mercedes schreibt schwarze Zahlen
Die Formel 1 steuert mit der Budgetdeckelung und mehr Wettbewerb auf der Rennstrecke auf goldene Zeiten zu. McLaren-Boss Zak Brown glaubt, dass die Teams bald Milliarden wert sein könnten. Mercedes ist schon im ersten Jahr des Budget Caps in die Gewinnzone gerutscht.
Es gab einmal eine Zeit, in der sich die Teams mit Händen und Füßen gegen eine Kostenobergrenze gewehrt haben. Insbesondere die Großen wie Mercedes, Ferrari und Red Bull. Inzwischen hat sich der Wind in die gegensätzliche Richtung gedreht, auch wenn die Top-Team in manchen Fällen immer noch um Erleichterungen kämpfen. Zum Beispiel, wenn es um Unfallschäden geht, die das Entwicklungsbudget schmälern.
Doch unterm Strich haben auch die letzten Zweifler eingesehen, dass ein Budgetdeckel jedem einzelnen Team und in Summe der Formel 1 hilft. Weil die Königsklasse so keine Geldverbrennungsmaschine mehr ist, sondern sich in ein nachhaltiges Geschäft transformiert. Weil ein gewisser Kommunismus bei den Finanzen zu mehr Wettbewerb führt. Und das wiederum zu gesteigertem Interesse. Mehr Interesse gleich mehr Fans, gleich mehr Sponsoren, gleich mehr Investoren – eine Spirale ins Positive.
Mercedes mit Chassisabteilung profitabel
Eigentlich hätte die Budgetobergrenze bei 175 Millionen US-Dollar liegen sollen. Wegen Corona ist sie für 2021 auf unter 150 Millionen gefallen. Zum Glück, muss man sagen. Das ist das Geld, das den Teams maximal zur Verfügung steht, um die 22 Rennen zu fahren, das Auto weiterzuentwickeln, das Personal zu bezahlen. Mit ein paar Ausnahmen, wie das Marketing sowie das Gehalt für die Fahrer und die drei teuersten Angestellten. Die Motorenentwicklung wird noch einmal gesondert abgerechnet.
Mit dem Budgetdeckel ist Mercedes bereits in die Gewinnzone gerutscht. "Wir schreiben solide schwarze Zahlen", berichtet Teamchef Toto Wolff. Mercedes nimmt also mehr ein als die knapp unter 150 Millionen, die man in der Chassisabteilung maximal für diese Saison ausgibt. Der generierte Werbewert zahlt somit eins-zu-eins auf das Unternehmen ein.
Ein großes Team, das um Siege und Weltmeisterschaften kämpft, zieht automatisch viele Sponsoren und Partner an. Und es bekommt über die Rechteinhaber mehr Geld ausgeschüttet. Auch Red Bull ist auf dem besten Weg, mit der Formel 1 ein noch größeres Geschäft zu machen.
Sportchef Helmut Marko rechnet vor. "Bei uns verhält es sich ein bisschen anders. Wir haben die großen Logos von Red Bull drauf. Das ist ja Werbefläche, die wir sonst verkaufen würden. Wenn man das einbezieht, sind wir auf dem Weg, einen echten Business Case daraus zu machen. Bei einem Verkauf dieser Werbefläche wären wir auch profitabel. Sie sehen ja das Interesse. Das Rennen in den USA war unglaublich. Wir haben sehr viele Anfragen von US-Firmen."
McLaren auf richtigem Weg
Corona war 2020 ein Bremsklotz, doch inzwischen hat die Formel 1 wieder in die höheren Gänge geschaltet. Fans sind zurück an der Rennstrecke, VIPs zurück im Paddock Club. Sponsoren, die im letzten Jahr noch bei manchen Teams die Verträge nachverhandeln wollten, weil gewisse Vertragsklauseln wie Zugang zur Rennstrecke oder Fabrik-Führungen nicht eingehalten werden konnten, sind wieder positiver gestimmt. "Wir haben 30 Millionen mehr Einnahmen wegen neuer Sponsoren", verrät Red-Bull-Teamchef Christian Horner.
Rennstrecken bezahlen wieder den vollen Preis dafür, dass sie die Königsklasse beehrt. Immer mehr Länder und Promoter melden ihr Interesse an. Mehr, als es freie Plätze im Rennkalender gibt. Liberty Media rechnet wegen dieser Umstände mit Einnahmen wie 2019 – also in Höhe von rund zwei Milliarden US-Dollar. Etwa die Hälfte davon geht an die Teams.
Im Mittelfeld und im Tabellenkeller ist man noch nicht in die grüne Zone vorgedrungen – trotz Budgetdeckelung. "Wir sind nicht mehr weit weg. Vielleicht schaffen wir es bereits im nächsten Jahr, spätestens aber in zwei oder drei Jahren", sagt Aston Martins Teamchef Otmar Szafnauer. "McLaren wird bald ein profitables Team sein", berichtet CEO Zak Brown. 2022 sinkt die Obergrenze auf 140 Millionen US-Dollar ab, 2023 auf 135 Millionen. Sie mommt den Teams also weiter entgegen. "Das schwierige ist, den Budgetdeckel zu halten, nicht das Einkommen zu generieren", meint Horner. Soll heißen: Die Topteams müssen noch weiter sparen, Personal umschichten, Arbeitsprozesse straffen und effizienter werden.
Ausschüttung als wichtige Stütze
Je weiter man runtergeht, desto weiter weg sind die Teams noch vom Break Even – also dem Punkt, mehr Geld einzunehmen, als auszugeben –, obwohl man den Budgetdeckel nicht in voller Höhe ausschöpft. Das liegt daran, dass Sponsoren für die Fläche am Auto weniger bezahlen. Und an den Einnahmen aus der Vermarktung der Formel 1. "Wenn du Sechster oder Siebter wirst, kommst du dem Break Even automatisch näher", sagt Haas-Teamchef Guenther Steiner dazu.
Der Sechste der Weltmeisterschaft erhält bei einer Ausschüttung von rund einer Milliarde US-Doller (wie 2019) rund 85 Millionen. Der Siebte etwa 77, der Achte unter 70, der Neunte knapp über 60 und der Zehnte nur noch knapp über 50 Millionen Dollar – Bonuszahlungen ausgenommen. Trotzdem: Mit dem Budget Cap und dem Neustart 2022 sollte es kleinen Teams leichter fallen, die Großen auch mal zu ärgern. Ins Mittelfeld vorzudringen.
Ein boomendes Geschäft wird zwangsläufig dazu führen, dass jeder Rennstall an Wert gewinnt. Weil die Formel 1 aktuell ein geschlossener Club ist. Jeder Neueinsteiger muss 200 Millionen Dollar berappen. Schlecht, um Nachwuchs in der Rennserie unterzubringen. Gut für den Wert eines einzelnen Unternehmens. "Formel-1-Teams können einen Milliarden-Wert erreichen, wie es bei Teams in der NFL oder NBA auch der Fall ist", glaubt Brown. Also im Football und Basketball.
Mercedes-Teamchef Toto Wolff prophezeit auch den kleinen Teams eine gewinnbringende Zukunft. "Es wird sich auch für sie ganz stark beschleunigen, und auszahlen mit der Budgetdeckelung." Egal, ob als Fünfter, Siebter oder Zehnter, weil es das Geschäft und der Markt hergeben sollten.