Das ist Källenius' Schicksalsauto

Wie schon beim neuen CLA präsentieren die Tagfahrleuchten das neue dreizackige Sternenmotiv, vorn mit einem dezenten LED-Lidstrich gekrönt.
Mercedes enthüllt auf der IAA den neuen GLC – und zwar als Elektroauto. Plattform, Designsprache, KI-Software-Paket: Die Neuerungen finden fast kein Ende.
Wie wichtig der GLC für Mercedes ist, machte Konzernchef Ola Källenius erst vor wenigen Wochen klar. "Der GLC ist unser Bestseller, das meistverkaufte Auto von Mercedes. Da geht es nicht nur um Performance und Schönheit. Da müssen auch die funktionalen Werte top sein", erklärt Källenius exklusiv im Gespräch mit auto motor und sport. Der Mittelklasse-SUV, der nun auf der IAA in seiner dritten Generation debütiert, ist für die Schwaben also sowohl Hoffnungsträger als auch Schicksalsauto. In München zeigt er sich in Gestalt eines reinen Elektroautos und heißt somit offiziell GLC mit EQ-Technologie.
Design
Mit dem neuen GLC beschreitet Mercedes beim Design neue Pfade. Besonders auffällig – und sicher auch polarisierend – ist der große Grill gestaltet, der ja nichts mehr kühlen muss und deshalb zur Design-Spielwiese mutiert ist. Er weist nicht nur verchromte Bereiche und eine Gitterstruktur in Rauchglasoptik auf, sondern ist auch großflächig illuminiert. Der Mercedes-Stern, der Rahmen und optional auch das Innenleben mit 942 animierbaren Lichtpunkten aus Polycarbonat – all das ist beleuchtet.
Stichwort Licht: Wie schon beim neuen CLA präsentieren die Tagfahrleuchten das neue dreizackige Sternenmotiv, vorn mit einem dezenten LED-Lidstrich gekrönt. Hinten sitzt der stilisierte Stern in runden Rändern, die oben abgeschnitten sind. Zwei waagerechte Lichtlinien führen den Blick am Heck Richtung Mercedes-Emblem, das zentral unter der Heckscheibe sitzt.
Weniger überraschend fällt die von Gorden Wagener und seinem Designteam gestaltete Linienführung an den Flanken des neuen Mercedes GLC aus. Je nach Ausstattungslinie werden die Fenster hier von chromfarbenen oder schwarzen Leisten begrenzt und die Türgriffe verharren bei Nichtgebrauch versenkt in der Karosserie. Details wie diese helfen, den cw-Wert auf 0,26 zu drücken. SUV-typisch sitzen die massiven Außenspiegel auf der Türbrüstung. Die Räder messen bis zu 21 Zoll, der Radstand beträgt gut 2,97 Meter – ein Plus von acht Zentimetern im Vergleich zum aktuellen GLC.
Am Heck wirkt der Neuling etwas coupéhafter als der Vorgänger; ein gestalterischer Kniff lässt die abgedunkelte Heckscheibe optisch fast zwischen dem zweigeteilten Dachspoiler und der D-Säule verschwinden. Blickt man frontal auf die Heckpartie, scheint die an den Seiten auf halbem Weg abknickende Heckklappe bis weit hinunter in die Schürze zu reichen. Tatsächlich endet sie bereits oberhalb des Kennzeichens.
Innenraum
Im auf Wunsch komplett vegan eingerichteten Interieur erwartet die Insassen der ersten Reihe der größte Bildschirm, der je in einen Mercedes eingebaut wurde. Dieser nennt sich "MBUX Hyperscreen" und erstreckt sich auf insgesamt 39,1 Zoll, was im metrischen System satten 99,3 Zentimetern entspricht. Der extra zu bezahlende Monitor (serienmäßig ist der Superscreen an Bord, der zwei 14 und ein 10,3 Zoll großes Display vereint) fügt sich nahtlos in das Armaturenbrett ein, dessen komplette Breite er fast ausfüllt. Mercedes will dem Bildschirm eine "außergewöhnliche Schärfe" verpasst haben, indem die Auflösung besonders hoch ist und die Matrix-Backlight-Technologie mit über 1.000 einzelnen LED zur Anwendung kommt. Hinzu kommt das von Mercedes zum Patent angemeldete Zonen-Dimming: Per Schieberegler lässt sich die Helligkeit des Displays parallel in zwei Bereichen fein abstimmen.
Das genaue Erscheinungsbild des "MBUX Hyperscreen" lässt sich individualisieren. Mercedes bietet im neuen GLC mehrere atmosphärische Hintergrundmotive in unterschiedlichen Stilen an – von ruhig bis intensiv, von kalt bis warm und von technisch bis emotional. Je nachdem, was von den Insassen ausgewählt wird, passen sich die Farbgebung des Kombi-Instruments, der Bedienelemente und der Ambientebeleuchtung an. Letztere befindet sich oberhalb des Armaturenbretts und zieht sich bis in die Türen. Damit erscheint sie optisch als Rahmen des Interieurs. Selbst die aufpreispflichtigen 162 Sterne im seinerseits optionalen Panoramadach mit seiner schaltbaren Glasfläche fügen sich harmonisch in das Ambientelicht ein.
Den neuen GLC zeichnet innen noch ein weiteres neues Design-Element aus: Die Mittelkonsole verschmilzt dank der zentralen "Zierteil-Skulptur" mit der Instrumententafel zu einer "skulpturalen Fläche". Unterstützt wird dieser Eindruck von der Ambientebeleuchtung an der Unterkante des Zierteils. In dessen vorderem Bereich befinden sich je nach Ausstattung die Smartphone-Ladeschalen, in deren unterem Rahmen die Tasten für einige wichtige Funktionen untergebracht sind; unter anderem für den Warnblinker. Getrennt davon sitzen in der Mittelkonsole zwei Becherhalter. Am Übergang zum Armaturenbrett befinden sich die beiden mittigen galvanisierten Lüftungsdüsen. Mercedes bietet den neuen GLC mit drei Interieur-Farbwelten an, die sich mit Sitzbezügen sowie Zierteilen in mehreren Stilen und Materialien kombinieren lassen.
Software und Konnektivität
Mercedes rüstet den neuen GLC mit der vierten MBUX-Generation aus. Deren Gehirn ist das neue Mercedes-Benz Operating System (MB.OS), das mit Künstlicher Intelligenz sowie Technik sowohl von Microsoft als auch von Google und ChatGPT arbeitet. Dadurch ist der auf drei im Hintergrund agierende Agenten zugreifende "MBUX Virtual Assistant" an Bord, mit dem sich dank dessen Kurzzeitgedächtnis komplexe mehrteilige Dialoge verwirklichen lassen. Für Information und Unterhaltung sorgen ferner 40 Apps (darunter Disney+), wobei das Angebot perspektivisch wachsen dürfte. Der digitale Fahrzeugschlüssel lässt sich auf dem Smartphone oder einer Smartwatch hinterlegen und teilen, zum Beispiel mit Familienmitgliedern.
Platzangebot
Mercedes verspricht im Vergleich zum GLC-Auslaufmodell in jeder Hinsicht verbesserte Platzverhältnisse. Nicht nur für die Insassen, sondern auch für das Gepäck, dessen Abteil sich von 570 auf 1.740 Liter erweitern lässt. Die Rücksitzlehne ist elektrisch im Verhältnis 40:20:40 teilbar und der Ladeboden lässt sich um acht Zentimeter absenken. Hinzu kommt ein überraschend großer Front-Kofferraum ("Frunk") von 128 Litern, in dem sich eine Getränkekiste unterbringen lassen soll.
Plattform und Antrieb
Der GLC der dritten Generation führt die für Mercedes völlig neue MB.EA-Plattform ein. Auf der IAA debütiert vorerst nur eine von insgesamt fünf geplanten Modellversionen: der GLC 400 4-Matic mit EQ-Technologie. In dieser Spezifikation leistet der Elektro-SUV mit seiner permanenterregten Synchronmaschine (PSM) an der Hinterachse und dem sich selbst zu- und abschaltenden E-Motor an der Vorderachse 360 kW (489 PS) und fährt bis zu 210 km/h schnell. Wie bereits der neue CLA verfügt auch der GLC über ein Zweigang-Getriebe, was Effizienzvorteile und bessere Fahrleistungen verspricht.
Eine weitere Parallele zum CLA ist die 800-Volt-Architektur, die superschnelles Laden ermöglichen soll. Laut Mercedes sind es im Idealfall 330 kW beziehungsweise 303 Kilometer in zehn Minuten. Der Lithium-Ionen-Akku bietet eine Netto-Kapazität von 94 Kilowattstunden, was laut WLTP eine Reichweite von bis zu 713 Kilometern erlauben soll. Den Energieverbrauch nach WLTP gibt Mercedes vorläufig mit 14,9 bis 18,8 Kilowattstunden auf 100 Kilometer an. Für bidirektionales Laden ist der neue GLC vorbereitet.
Fahrwerk und Fahrassistenten
Fahrwerkseitig basiert der neue Mercedes-SUV auf einem Vierlenker-Layout vorn und einer Raumlenker-Hinterachse. Ist das aufpreispflichtige Technologie-Paket an Bord, verfügt der GLC über ein Airmatic-Luftfahrwerk in Kombination mit einer intelligenten Fahrwerksregelung samt Temposchwellenerkennung sowie Zugriff auf Google-Maps-Daten und Hinterachslenkung. Neu ist zudem das sogenannte One-Box-Bremssystem, das Bremskraftverstärker, Hauptzylinder und ESP-Regelung in einem kompakten Modul vereint. Rekuperiert wird in vier Stufen mit maximal 300 kW.
Der Abstandsregeltempomat Distronic ist im neuen Mercedes GLC serienmäßig an Bord. Gegen Aufpreis lassen sich weitere Funktionen hinzubuchen. Beispielsweise der "MB.Drive Assist", der Level-2-Unterstützung unter anderem per Spurhalte- und -wechselassistenten bietet. Zusätzliche Erweiterungen in Form der Plus- und Pro-Variante erlauben eine stärkere Assistenz sowohl außer- als auch innerhalb städtischer Umgebungen. Sie sollen nach und nach für das Modell freigegeben werden. Hinzu kommen Systeme wie das "Digital Light" mit intelligenter Mikro-LED-Technologie. Selbstverständlich lassen sich all diese Systeme – genau wie die Innenraum-Funktionen – per Over-the-Air-Update auffrischen.
Fahrmodi
Der neue Mercedes GLC verfügt über fünf Fahrmodi: Eco, Comfort, Sport, Individual und Terrain. Letzterer ist für Wege abseits befestigter Straßen gedacht, schaltet die Vorderachse automatisch zu und passt auch die Charakteristik von Antrieb, Lenkung und Bremse an. Ist das "Digital Light" an Bord, aktiviert das Auto zudem das spezielle Geländelicht mit besonders breiter Ausleuchtung. Die Funktion "transparente Motorhaube" erlaubt über den zentralen Bereich des Displays nach vorn zudem einen Blick unter das Auto.
Die höchstmögliche Stützlast beträgt 100 Kilogramm, die maximale Anhängelast 2,4 Tonnen – beides sind starke Werte für ein Elektroauto. Wer die Anhängerkupplung bestellt, erhält eine Trailer-Stabilisierung und einen Rangierassistenten serienmäßig dazu. Hängt ein Anhänger am Haken, werden dessen Gewicht und aerodynamische Nachteile bei der Ladeplanung automatisch berücksichtigt.
Marktstart, Preise und Produktion
Auf den Markt kommt der neue Mercedes GLC in der ersten Jahreshälfte 2026. Preise nennen die Schwaben noch nicht. Man darf gespannt sein, in welchem Bereich sich der Neuling diesbezüglich einordnet; wahrscheinlich näher am EQE SUV (ab 75.965 Euro) als am aktuellen Verbrenner-GLC (ab 54.017 Euro). Mercedes hat drei seiner Werke für die Produktion des neuen GLC vorgesehen: Bremen, Kecskemét (Ungarn) und Beijing in China.