Tausende Brücken werden untersucht

Nach Absacken der Salzbachtalbrücke auf A66: Tausende Brücken werden untersucht
Die Autobahn GmbH, die Betreibergesellschaft der deutschen Autobahnen, überprüft bundesweit den Zustand von tausenden Brücken, nachdem am 18. Juni 2021 die Salzbachtalbrücke an der Autobahn 66 bei Wiesbaden abgesackt war.
Bei der Brücke war ein Rollenlager, auf dem der Überbau der Brücke auflag, gebrochen, wodurch sich das Bauwerk um einen halben Meter absenkte. Außerdem wurde ein Brückenpfeiler stark beschädigt. Die Brücke, ein bedeutender Verkehrsknotenpunkt im Rhein-Main-Gebiet, ist seit dem Vorfall gesperrt und gilt als stark einsturzgefährdet. Auch die Straße und die Schienentrasse unter der Brücke mussten gesperrt werden. Dass die Salzbachtalbrücke abgerissen und neu gebaut werden muss, ist seit vielen Jahren bekannt. Seit 2019 darf schon der Südteil der Brücke nicht mehr befahren werden.
Rollenlager als Ursache für den Brücken-Schaden?
Wie das ARD-Politmagazin "Report Mainz" recherchiert hat, will man mit der bundesweiten Untersuchung nun ausschließen, dass der Lager-Typ Teil des Problems sei, sagte Alexander Pilz von der Autobahn GmbH vor dem Verkehrsausschuss: "Klar ist nur, dass das Lager quasi versagt hat. Aber ob das Versagen des Lagers die eigentliche Ursache ist, ist Bestandteil der Untersuchungen."
Das hessische Verkehrsministerium bestätigte die Überprüfungen. Die Autobahn GmbH habe eine "bundesweite Prüfung baugleicher Rollenlager begonnen." Diese soll bis Ende August abgeschlossen sein. Nach einem Bericht der Bundesanstalt für das Straßenwesen (BASt) über die Zustände deutscher Brücken vom September 2020 erhielt die Salzbachtalbrücke die Zustandsnote 3,5. Dabei handelt es sich nach der BASt-Definition um einen "ungenügenden Bauwerkszustand", dessen "Standsicherheit und/oder Verkehrssicherheit erheblich beeinträchtigt oder nicht mehr gegeben" ist. Bereits Mitte 2018 stellt die Bundesanstalt fest, dass rund ein Achtel der insgesamt 39.621 Fernstraßenbrücken in Deutschland in einem "nicht ausreichenden" (Zustandsnote 3,0 bis 3,4) oder gar "ungenügenden Zustand" (3,5 bis 4,0) seien (siehe Fotoshow). Darunter war auch schon die Salzbachtalbrücke.
Weitere Problem-Brücken
Neben der Brücke an der A66 gibt es laut einem Protokoll noch zwei weitere "Problem-Brücken". So wurde im Verkehrsausschuss des Hessischen Landtags vom 16. Dezember 2020 von Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Bündnis 90/Die Grünen) die Berghäuser Brücke an der A44 zwischen Kassel und Dortmund sowie die Thalaubachbrücke, die ein Teil der A7 bei Fulda ist, benannt. Man habe ihm erklärt, diese Brücke neige "zum Spontanversagen". Auf seine Nachfrage, was das bedeute, sei ihm "ganz anders" geworden, so Al-Wazir wörtlich: "Spontanversagen bedeutet, der Bruch tritt ein, und die Brücke fällt einfach zusammen."
Ministerialdirigent Martin Weber vom Landesverkehrsministerium Hessen sieht laut Protokoll ein generelles Problem bei älteren Spannbetonbrücken: "Es sind teilweise konstruktive Eigenarten der Brücken der Sechzigerjahre, dass die Konstruktionen der damaligen Zeit eben diese Problematik haben. [...] Dass sie ohne Vorankündigung zu einem Spontanversagen neigen können, was Minister Al-Wazir eben schon angesprochen hat, liegt in der Konstruktion." Man müsse sich das vorstellen, als würde man aus einem Kartenhaus eine Karte herausziehen. Moderne Brücken verfügten dagegen über eine "hohe Zähigkeit." Sie würden nicht gleich zusammenbrechen, wenn eine Stütze wegknickt.
Alle sechs Jahre Brückencheck
Auf die Frage, warum der Schaden an der Brücke nicht durch systematische Kontrollen aufgefallen sei, erklärt das hessische Verkehrsministerium, das plötzliche Absacken des Überbaus der Brücke sei sowohl von Mitarbeitern der Baufirma als auch von Passanten bemerkt worden. Daraufhin habe man die Straße und Bahnlinie sofort gesperrt. Die Südbrücke habe man nicht mehr regelmäßig geprüft, weil diese nicht mehr befahren worden sei. Dass der Überbau der Brücke absacken könnte, sei nicht zu erwarten gewesen. Die Opposition spricht von Kontrollversagen.
Übrigens: Brücken in Deutschland werden nach der DIN 1076 regelmäßig untersucht. So gibt es alle sechs Jahre eine Hauptprüfung, bei der auch schwer zugängliche Teile – "handnah", wie es heißt – gecheckt werden. Eine einfache Prüfung schließt sich nach drei Jahren an, jährlich gibt es eine Sichtprüfung. Eine Sonderprüfung wird zum Beispiel nach einem Unfall zusätzlich anberaumt.