Schweiz plant Transit-Gebühr
Mehrere Schweizer Abgeordnete sprechen sich für eine neue Abgabe für den Transitverkehr durch die Schweiz aus. Wer das Land auf dem Weg in den Urlaub lediglich durchquert, ohne dort zu übernachten, soll nach dem Willen der Initiatoren künftig zur Kasse gebeten werden.
Entsprechende Vorstöße wurden nach Angaben der Deutschen Presseagentur fraktionsübergreifend im Parlament eingebracht.
Hintergrund ist vor allem die hohe Belastung durch den Ferienverkehr auf der Nord-Süd-Achse durch die Alpen. Besonders betroffen ist der Kanton Uri am Nordportal des Gotthard-Straßentunnels, wo es regelmäßig zu kilometerlangen Staus kommt. Der Tunnel mit einer Länge von knapp 17 Kilometern verbindet die Kantone Uri und Tessin und gilt als eine der wichtigsten Transitverbindungen Europas. Die Nutzung ist bisher über die Schweizer Autobahnvignette für 40 Franken (rund 43 Euro) jährlich abgedeckt.
Dynamisches Preismodell je nach Verkehrsaufkommen
Einer der Befürworter des Vorstoßes ist Simon Stadler, Nationalrat der liberalen Partei "Die Mitte". Er schlägt ein "dynamisches Preismodell" vor, bei dem die Höhe der Gebühr abhängig vom Verkehrsaufkommen variiert. In Zeiten mit hohem Verkehrsaufkommen wie an Feiertagen oder zu Ferienbeginn wären demnach höhere Preise vorgesehen, an schwächer frequentierten Tagen niedrigere.
Die technischen Grundlagen zur Erhebung der Gebühr sollen durch das Scannen von Nummernschildern an den Grenzen bei Ein- und Ausreise geschaffen werden. Wenn sich ein Fahrzeug innerhalb von zwölf Stunden quer durch die Schweiz bewegt, ohne dass ein Aufenthalt im Inland registriert wird, könnte eine Durchfahrtsabgabe fällig werden.
Zur konkreten Höhe der Abgabe äußerte sich Stadler nicht. Diese solle von Fachleuten bestimmt werden, mit dem Ziel einer wirksamen Lenkung des Verkehrsflusses. Wissenschaftliche Untersuchungen sollen klären, welcher Betrag geeignet wäre, Ausweichverhalten und Verkehrsverlagerung zu bewirken.
Belastung für Anwohner im Fokus
Stadler betont, dass es nicht um Diskriminierung von Touristen gehe, sondern um eine Entlastung der betroffenen Regionen. "Ich habe ein bisschen die Schnauze voll von dem Vorwurf, das sei ausländerfeindlich", sagte er im Schweizer Radio SRF. Der derzeitige Zustand benachteilige vor allem die Bevölkerung im Kanton Uri, die regelmäßig vom Verkehrschaos betroffen sei.
Die Einnahmen aus einer möglichen Abgabe könnten laut ersten Überlegungen auch zur Finanzierung von Infrastruktur oder Verkehrslenkung in den betroffenen Regionen genutzt werden. Konkrete Pläne liegen hierzu jedoch noch nicht vor.
Rechtliche Hürden und politische Debatte
Ob eine Durchfahrtsabgabe mit dem bestehenden Landverkehrsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union vereinbar ist, wird derzeit geprüft. Das Abkommen regelt unter anderem den diskriminierungsfreien Zugang zum Schweizer Verkehrsnetz für EU-Bürger.
Bis eine solche Regelung in Kraft treten könnte, sind mehrere politische Schritte erforderlich. Neben einer möglichen Zustimmung des Bundesrats müssten auch die juristischen Fragen geklärt und gegebenenfalls Gespräche mit den Nachbarstaaten geführt werden. Das Schweizer Parlament wird sich frühestens ab September 2025 wieder mit dem Thema befassen.
Viele Länder haben unterschiedliche Transit-Modelle
Der Vorschlag reiht sich ein in eine wachsende Zahl europäischer Maßnahmen zur Verkehrslenkung auf stark frequentierten Routen. In anderen Ländern wie Österreich, Frankreich oder Italien gibt es bereits unterschiedliche Modelle zur Mauterhebung, teilweise mit regionaler Staffelung. Die Schweiz steht mit dem Vorschlag einer zusätzlichen Transitabgabe nun vor einer neuen verkehrs- und europapolitischen Weichenstellung.
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