Bedienung mit Augen statt richtigen Bedientasten?
VW hat ein neuartiges Bediensystem patentieren lassen, das abhängig von der Blickrichtung des Fahrers Einstellungen vornimmt. Kann das tatsächlich funktionieren?
Nach seinem Irrweg mit den berührungsempfindlichen Touchfeldern zur Bedienung seiner Modelle hatte VW Besserung gelobt und 2024 im Zuge des Golf-Facelifts von der Generation 8 zu 8.5 (siehe Fotoshow und Video) wieder echte Tasten auf die VW-Lenkräder zurückgebracht. Doch nun sieht es so aus, als könnte die Rückkehr der physischen Bedienelemente nur eine kurze Episode bleiben. Denn jetzt hat sich die Volkswagen AG ein neues revolutionäres Bedienkonzept ausgedacht und beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) registrieren lassen.
Kombination aus Eyetracking und Joystick-Controller
Volkswagen hofft, mit seinem neuen Bediensystem die Steuerung von Fahrzeugfunktionen künftig deutlich einfacher gestalten zu können. Der Kern der Erfindung: eine Kombination aus Eyetracking und einem universell belegbaren Joystick-Controller am Lenkrad. Der Fahrer oder die Fahrerin wählt mit den Augen das gewünschte Bedienelement aus – etwa Außenspiegel, Infotainment-System oder Klimaanlage – und steuert es anschließend mit dem Controller.
Ein Blick auf den Spiegel, ein Schwenken des links am Lenkrad positionierten Hebels nach oben: Der Spiegel fährt hoch. Ein Druck auf den Controller könnte etwa das Einklappen der Spiegel auslösen. In ähnlicher Weise könnte sich das ACC-System bedienen lassen, beispielsweise um den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug oder die eigene Geschwindigkeit zu regulieren. Die Musik könnte sich so ebenfalls lauter oder leiser stellen oder komplett ausschalten lassen.
Die Technik funktioniert so, dass mindestens eine Kamera (in der schematischen Darstellung mit "6" markiert) die Blickrichtung des Fahrers erfasst und diese mit der universellen Bedieneinheit (42) verknüpft. Betätigt der Nutzer oder die Nutzerin den Controller, wird die zuvor angesehene Funktion aktiviert. Denkbar sind auch Sprachkommandos oder eine Gestensteuerung als Ergänzung. Für die Rückmeldung an die Person hinter dem Lenkrad sieht das Patent sowohl Anzeigen auf dem Fahrer-Informations-Monitor oder dem Head-up-Display als auch akustische Signale vor. Auf diese Weise soll die Bedienung intuitiver und zugleich sicherer werden.
Das Volkswagen-Patent unterscheidet sich von bisherigen Eyetracking-Ansätzen, bei denen der Blick nur zur Vorauswahl diente, aber dennoch ein separates Bedienelement nötig war. Neu ist die enge Kopplung von Blickrichtung und einem universellen Steuerknopf. Damit könnte sich die Zahl der physischen Tasten im Cockpit deutlich reduzieren. Ein Vorteil wäre obendrein, dass fast alle Funktionen von einer zentralen Position am Lenkrad aus gesteuert werden können – was insbesondere für Menschen mit eingeschränkter Beweglichkeit hilfreich wäre.
Wirklich weniger Ablenkung durch Eyetracking?
Allerdings bringt die Technik auch Herausforderungen mit sich. Schon kleine Ablenkungen der Augen könnten zu Fehleingaben führen, weshalb Volkswagen im Patent zusätzliche Sicherheitsmechanismen wie eine Handerkennung am Controller oder Zeitfilter vorsieht. Der Kostenfaktor für Kameras, Sensoren und Prozessorleistung dürfte ebenfalls nicht zu unterschätzen sein. Zudem erscheint fraglich, ob der Fahrer oder die Fahrerin wirklich weniger abgelenkt wird, wenn er oder sie während der Fahrt erst eine Weile in den Außenspiegel oder auf den Infotainment-Bildschirm schauen muss, um es mit dem Lenkrad-Controller bedienen zu können.
Bislang setzen Autohersteller meist auf eine Mischung aus klassischen Schaltern, multifunktionalen Lenkradtasten, Touchscreens und Sprachsteuerung. Diese Vielfalt führt jedoch oft zu verschachtelten Menüs oder einer Vielzahl von Knöpfen, die vom Fahren ablenken können. Zwar versprechen Sprachassistenten eine Lösung, in der Praxis reagieren sie jedoch nicht immer zuverlässig oder verstehen komplexe Befehle nur eingeschränkt.
