Plug-in, Pixel-Licht und Scheibenwurzel-Sound
Audi hat zuletzt oft seine Fans enttäuscht – jetzt soll ausgerechnet der Q3 die Wogen glätten. Kein Experiment, kein Risiko: Dieser Kompakte muss sitzen. Und siehe da – er tut es erstaunlich gut.
Westlich von Glasgow, direkt am Tor zu den schottischen Highlands, stellt Audi seinen neuen Kompakt-SUV vor. Kein Nischenmodell, bei dem man mal was ausprobieren kann, nein, der Q3 muss sitzen. In den Jahren nach dem Start des Vorgängers war dieser immer Audis bestverkaufter SUV. Erst ab letztem Jahr, als der Q5 in neuer Generation startete, musste der Q3 die Poleposition bei den Hochbeinern räumen.
Dabei hat Audi in den letzten Jahren viele seiner Kern-Fans enttäuscht. Die neuen A5 und A6 erfüllten qualitativ die hohen Standards nicht, die die Kunden über die Jahre gewohnt waren. Und eines können wir schon mal vorwegnehmen: Audi hat bei seinem Neuen viel richtig gemacht. Antriebsseitig und auch qualitativ.
Fangen wir mit den Motoren an: Ingolstadt setzt nach wie vor nicht nur auf ein Pferd – und das von Beginn an. Drei Benziner stehen zur Wahl, der 1,5-Liter mit 150 PS ist hinlänglich bekannt und treibt nur die Vorderräder an. Die beiden Zweiliter leisten 204 sowie 265 PS und sind immer mit dem Allradantrieb Quattro gekoppelt. Auch der Selbstzünder schöpft aus zwei Litern Hubraum und gibt 150 PS an die Vorderachse ab. Wie sein Benziner-Pendant steht er ausschließlich als 2WD-Variante in der Preisliste. Allrad ist also auch gegen Geld und gute Worte nicht zu haben. Gewagt für den einzigen Selbstzünder im Programm. Aber wer weiß, vielleicht kommt da ja noch was nach.
Fünf Motoren zum Start
Wir waren zunächst mit jenem Audi Q3 unterwegs, der beide Welten zu vereinen sucht: sparsames Vorankommen und Reichweite – die Rede ist vom Plug-in-Hybrid, der bei Audi nun e-hybrid heißt. Im Verbund mit dem hier 177 PS starken 1,5-Liter-Benziner arbeitet ein Elektromotor, der 85 kW (116 PS) zur Systemleistung beisteuert. Sie beträgt 272 PS und zieht den 1,9-Tonner in 6,8 Sekunden auf 100 km/h. Auch den 150-PS-Basisbenziner sowie das 265 PS starke Allrad-Topmodell konnten wir antesten, und das Fazit fällt erwartungsgemäß aus. Vorderradantrieb und der Einsfünfer reichen aus, wenn keine großen fahrdynamischen Talente gefragt sind. Seine 250 Nm genügen zwar für flottes Ampel-Mitschwimmen in der City, auf Landstraße und Autobahn darf es aber gern ein bisschen mehr Punch sein. Ob es gleich der 265-PS-TFSI sein muss? Wohl eher nicht. Die 204-PS-Version könnte also ein guter Mittelweg sein, doch für eine Ausfahrt mit ihr blieb keine Zeit. Schade, aber holen wir nach.
Fahrwerksseitig merkt man dem Q3 an, dass Audi ihn bewusst von den Plattformbrüdern abgrenzen wollte, denn das Adaptivfahrwerk ist spürbar auf der straffen Seite verortet. Im Sportmodus ohnehin, doch auch in "Comfort", wo die Grundauslegung viel harmonischer gelungen ist, sind weiterhin deutliche Spitzen auf kurzen Stößen zu spüren. Das fällt allerdings nicht negativ ins Gewicht, schlicht weil die Abstimmung gut zum Grundkonzept des Audi Q3 passt.
Hochwertiger Materialmix
Die Lenkung reagiert dafür ein wenig indirekt im Ansprechverhalten, gefällt aber im Lenkeinschlag mit nuancierter Rückmeldung und fein justierten Bedienkräften.
Im Innenraum fallen die penibel ausgewählten Materialien positiv auf, und auch die Ablesbarkeit der beiden in einem großen Curved-Rahmen zusammengefassten Displays hat sich merklich verbessert. Hier hat Audi eine neue Bedienoberfläche eingeführt, die in den Menüstrukturen auf größere Touchbereiche und Graustufen setzt. Gewöhnen müssen wir uns allerdings an den neuen Bediensatelliten hinter dem Lenkrad, der nun auch die Gangwahl nach oben verlagert und dadurch auf der linken Seite alle restlichen Funktionen in mehreren Ebenen zusammenfasst. Schafft zumindest mehr Platz in der Mittelkonsole.
Ebenfalls eine Neuheit im Kompaktsegment: das digitale Matrix-LED-Licht. Mit 25.600 Mikro-LEDs leuchtet es die eigene Fahrspur aus, erhellt beim Spurwechsel die Nachbarspur mit und zeigt sogar an, wie viel Platz bis zum Spurrand bleibt.
Motorsound aus Scheibenwurzelaktuator
An Fahrmodi stellt Audi neben "Balanced", "Dynamic", "Comfort" und "Efficiency" den allradgetriebenen Versionen auch einen Offroad+-Modus zur Verfügung, in dem die Antriebsleistung gezielt für leichtes Gelände auf die Räder verteilt wird. Neben Lenkung und Fahrwerk wirken sich die Modi auch auf die Assistenzsysteme und das Layout des 11,9 Zoll großen Virtual Cockpit sowie auf den Sound im Innenraum aus. Letzterer sorgte für ein humoristisches i-Tüpfelchen auf dem Fahrtermin, denn als ein Audi-Techniker erklärte, dass der kernige Sportklang nicht aus dem Soundsystem, sondern vom "Scheibenwurzelaktuator" komme, guckten PR- und Pressevertreter gleichermaßen verdutzt aus der Wäsche – davon hatte noch niemand gehört. Die nächste Partie Scrabble kann kommen. Kurz erklärt: Der Motorklang im Innenraum wird über gezielte Vibrationen in der Frontscheibe künstlich angefettet.
Angefettet hat Audi auch die Preise: Bei 44.600 Euro geht es los, der Plug-in kostet ab 49.300 Euro. Der Aufschlag für den schicken Sportback beträgt 1.850 Euro. Seit Oktober ist der neue Audi Q3 im Handel, der Sportback folgt einen Monat später.