BMW 330i und Opel Vectra OPC im Test

Zwei konzeptionell unterschiedliche Limousinen mit
Brandstifter-Qualitäten: Der Opel Vectra OPC mit 255-PS-V6-Turbo
fordert den 258 PS starken BMW 330i heraus.
Hereinspaziert in den Club der Verwandlungskünstler, in den elitären Kreis der Sportsfreunde und Familientypen gleichermaßen. Eintritt frei in die Welt zwischen jugendlichem Leichtsinn und abgeklärtem Verantwortungsbewusstsein. Vorhang auf für zwei Exponate, die einer aufkeimenden Sturm-und-Drang-Phase ebenso aufgeschlossen gegenüber stehen wie dem trockenen Alltag.
Limousinen mit sportlicher Seele
Zwei Typen, die es in sich haben: Im BMW 330i mit Sportpaket wie auch im neuen Opel Vectra-Topmodell OPC lodert trotz des biederen Limousinen-Images eine überaus sportliche Seele. Beim Aushängeschild der Rüsselsheimer Sportabteilung züngeln die Flammen sogar unübersehbar nach außen. 18-Zöller, wuchtige Schürzen, trapezförmige Auspuffendrohre und eine Spoilerlippe am Heck deuten unmissverständlich an, was die Stunde im Vectra geschlagen hat: 255 PS, resultierend aus einem aufgeladenen, 2,8 Liter großen V6-Motor, machen den OPC zum stärksten und mit einer Höchstgeschwindigkeit von 260 km/h auch zum schnellsten Opel von der Stange. Der BMW hingegen, der sich mit einer bei maximal 250 km/h abgeregelten Höchstgeschwindigkeit zufrieden geben muss, steht dem neuen hessischen Herausforderer sehr selbstbewusst gegenüber. Zwar trägt das Testexemplar das M nicht offiziell im Namen, hat aber dennoch reichlich Rüstzeug aus der sportlichen Bayern- Dependance in seiner Ausstattungsliste stehen. Das M-Paket umfasst Sportfahrwerk, Sportsitze, Aerodynamikpaket und eine Mischbereifung im 17-Zoll-Format. Zudem wirft sein Reihensechszylinder mit einer Leistung von 258 PS ein stattliches Pfund sportlicher Ambitionen in die Schlacht, um dem aufgeladenen V6 des OPC Paroli bieten zu können. Beim Preis hat der 330i jedoch deutlich das Nachsehen. Die für den sportlichsten aller Vectra aufgerufenen 37.800 Euro sind zweifellos kein Pappenstil, als Gegenwert bietet der flotte Hesse aber auch eine schier endlose scheinende Litanei an Extras, die bei BMW Aufpreis kosten. Um die Ausstattung anzugleichen, sind zum Grundpreis des 330i von 37.000 Euro nochmal knapp 7.000 Euro fällig.
Opel Vectra OPC kann qualitativ nicht ganz an BMW heranreichen
Ein sattes monetäres Pfund, mit dem der Vectra OPC hier wuchern kann. Zudem hinterlässt er einen qualitativ guten Eindruck, auch wenn die verwendeten Kunststoffe im Innenraum nicht an das hohe BMW-Niveau heranreichen. Aber man fühlt sich wohl in der guten Stube des Vectra. Schon allein deswegen, weil er vorn wie hinten mit reichlich Platz aufwartet. Seine serienmäßigen Sportsitze vermitteln Wohlbehagen und sind wegen ihrer ausgeprägten Kontur auch nicht um einen hervorragenden Seitenhalt verlegen. Dennoch bietet die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine im BMW einen beachtenswerten Feinschliff, um das Verhältnis von Fahrer und Fahrzeug zu einer harmonischen Beziehung verschmelzen zu lassen. Der enge Schulterschluss wird vor allem vom perfekten Zusammenspiel von Gas, Kupplung, Getriebe und Lenkung genährt. Ganz zu schweigen vom bereits ab Leerlaufdrehzahl sämigen Antritt des 3,0 Liter großen Reihen-Sechsers. Er spielt seine Rolle souverän, tritt sanftmütig, aber äußerst nachhaltig in Erscheinung, um kurz vor 4.500 Touren dann zum lüsternen Sportmotor zu mutieren – untermalt von einem giftig sägenden Beat.
Der Opel-V6 nimmt bereits beim ersten Erwachen kein Blatt vor den Mund. Beeindruckend vollmundig und stimmgewaltig betritt der Vierventiler die klangliche Bühne und lässt somit schon bei der ersten Kontaktaufnahme keinerlei Zweifel an seiner Stärke aufkommen. Im Umgang mit den bärigen Kräften des Turbo-V6 fehlt der Regelung des elektronischen Gaspedals jedoch die Gabe, den spontanen Antritt des Turbo-Motors harmonisch modellieren zu können. Das bereits ab 1.800 Umdrehungen in den Startlöchern stehende maximale Drehmoment von 355 Newtonmeter ist demnach schwer zu bändigen. Zudem stößt der Frontantrieb angesichts der brachial über ihn hereinbrechenden Macht an seine Grenzen. Zum Glück ist die fein regelnde Traktionskontrolle in der Lage, den Mittelweg zwischen Leistungsreduktion und Schlupf gut zu meistern. An den starken Antriebseinflüssen in der Lenkung kann aber auch die Elektronik nichts ändern. Somit nimmt ein stark beschleunigter Vectra OPC wie leicht angetrunken – nämlich in Schlangenlinien – Fahrt auf.
BMW 330i ist agiler und bietet mehr Traktion
Bayerische Sturheit hingegen beim BMW – der Entkoppelung von Lenkung und Antrieb sei Dank. Auch wenn das kurveninnere Rad des 330i mangels einer Differenzialsperre ohne ESP nach Grip sucht, so ist der Hecktriebler dem Fronttriebler dennoch in Sachen Traktion und Agilität überlegen. Zumal es der Bajuware auch ohne Aktivlenkung glänzend versteht, seinem Fahrer einen direkten und feinfühligen Kontakt mit der Fahrbahn herzustellen. Dagegen sieht der Hesse blass aus. Obwohl der Vectra noch einen Trumpf im Ärmel hat: die Sporttaste. Deren Aktivierung hat eine Straffung der Dämpferkennung des IDS Plus-Fahrwerks zur Folge – die Gasannahme wird spontaner, die Lenkung vermittelt mehr Präzision. Für den Alltag ist die Sportstellung allerdings nicht gerade das Glückselig machende Gimmick. Die per se schon sehr hölzern agierende Vorderachse ist dann nämlich noch weniger in der Lage, kurze Querfugen auszufiltern. Und die hoch sensible Gasannahme macht den Opel zum Zappelphilipp. In Stellung Sport ist der Vectra OPC für andere Einsätze geschärft – etwa für die Rennstrecke. Womit wir zum unglücklichen Teil dieses Vergleichs gelangen: Der lang anhaltende Wintereinbruch verhinderte brauchbare Rundenzeiten in Hockenheim – was eine komplette sport auto-Punktewertung unmöglich machte. Die Daten werden schnellstmöglich nachgeliefert.
BMW hat bei Elastizität gegen Turbo-Vectra keine Chance
Aber auch ohne Beweisführung unter Einbezug einer kompletten Runde ist dem Vectra eine sportliche Gangart zu attestieren. Im Grenzbereich neigt er erst spät zum Untersteuern und beantwortet Lastwechsel ohne Tücken. Damit ähnelt die grundsätzliche Auslegung des Fronttrieblers der des heckgetriebenen 330i, was ebenso auf die Anfälligkeit gegenüber Spurrillen zutrifft. Dennoch ermöglicht das technische Layout dem Bayern eine Leichtfüßigkeit und Direktheit, die der Opel nicht bieten kann. Seine Stärken sind anders gelagert – wie ein Vergleich der ermittelten Fahrwerte beweist. In Sachen Elastizität hat das Turbo-Tier den Sauger zu keiner Zeit zu fürchten. Obwohl das mit langen, aber exakten Wegen gesegnete Sechsganggetriebe relativ lang übersetzt ist, zieht der Opel dem BMW in jeder Fahrstufe auf und davon. Nur bei der Beschleunigung kann der 330i dagegenhalten. Hier helfen ihm die bessere Traktion, sein knackiger zu schaltendes Getriebe und die ausgeprägtere Drehfreude des Vierventilers auf die Sprünge. Und trotz des höheren Drehzahlniveaus begnügt sich der BMW mit einem geringeren Benzinverbrauch. Zusammen mit dem deutlich niedrigeren Geräuschniveau beschert ihm das die besseren Langstreckenqualitäten – vom Platz- und Gepäckraumangebot einmal abgesehen. Um zum Schluss nochmal die Vernunft auf den Plan zu rufen: Mehr Auto fürs Geld bekommt man allerdings beim Vectra OPC.