BMW 520d Touring und Mercedes E 220 T im Vergleich
BMW 520d Touring und Mercedes E 220 Bluetec T stellen sich unsererm Test. Können wir dunkle Flecken auf den blütenreinen Westen der Kombis finden?
Ehe der Diesel modern wurde, durch Pumpe-Düse oder Common Rail, Turboaufladung und hohe Einspritzdrücke, war er ja ein müder, ruppiger Morgenmuffel, der sich lange bitten ließ, ehe er rumpelnd die Arbeit aufnahm. Sympathien sammelte er nur wegen seines moderaten Verbrauches und seiner Langläuferqualitäten. Zehnmal rund um den Äquator, das machte ihm nichts. Eher zerbröselte die Karosserie, als dass er schwächelte.
BMW 520d und Mercedes E 220 erfüllen Euro-6-Norm
Heute ist das anders, man kann den Selbstzünder nicht nur wegen seiner Genügsamkeit lieben, sondern auch wegen seiner erwachten Drehfreude und seines sämigen Drehmoments, das uns entspannt voranträgt auf einem dicken Polster aus Newtonmetern. Und natürlich hat er sich, wie viele von uns, das Rauchen abgewöhnt. Die Euro-6-Norm erfüllen beide Testwagen, BMW 520d und Mercedes E 220, und tragen das Gütesiegel der Effizienzklasse A+. Nicht schlecht für große Kombis, die bei Bedarf über 220 km/h schaffen, oder?
Schon bisher galt für den BMW 520d Touring und das T-Modell der E-Klasse, dass die zweitkleinsten Diesel ein rundum guter Kauf sind. Doch der Fortschritt, er macht ja keine Pause: BMW hat den Zweiliter mit Alu-Gehäuse, neuen Kolben und neuem Lader stärker und sparsamer gemacht, im E 220 Bluetec ist die Neunstufenautomatik eingezogen. Deren weite Gangspreizung soll niedrige Drehzahlen und damit wenig Verbrauch und wenig Geräusch ermöglichen.
BMW 520d holt sich keine Extrapunkte beim Motor
Wenig Geräusch? Hm. Da enttäuscht der Mercedes beim knurrigen Start. Auch beim Hochdrehen klingt er griesgrämig wie seine Vorgänger im W124er-Taxi. Feiner Diesel-Sound gelingt Mercedes definitiv nicht. Der BMW 520d startet leicht grollend, animierender, freudvoller. Doch mustergültig leise ist der aufgefrischte Vierzylinder auch nicht, wenngleich er im 5er besser gedämmt ist als etwa im 3er oder im X3. Auch beim Hochdrehen klingt der Mercedes nicht so melodisch wie der BMW. Doch irgendwann ist ja mal ausbeschleunigt, und dann tritt wohlige Ruhe ein. Denn bei wenig Last murmeln die zwei nur noch vor sich hin und überlassen die Rolle des Störenfrieds gern dem Wind und den Reifen.
Die sind im BMW 520d etwas stärker zu hören als im Mercedes, der bei nahezu identischen Messwerten als das leisere Auto in Erinnerung bleibt. Dazu trägt − Tusch, bitte – auch die neue Neunstufenautomatik bei. Sie ist beim Runterschalten zwar nicht ganz so fix wie die Achtgangbox des BMW, die spontan und butterweich die passende Übersetzung einlegt. Vielmehr dauert es etwas, ehe sich die Elektronik des Mercedes entschieden hat, ob es aus Stufe neun nun direkt in den fünften oder doch nur in den sechsten Gang geht. Doch die vielen Gangstufen sind eben so weit aufgefächert, dass schon ab etwa Tempo 100 der neunte Gang eingelegt werden kann.
BMW 520d mit 190 PS schneller als der Mercedes./strong>
Und das bedeutet wie erwartet ein Drehzahlniveau in Sichtweite zum Leerlauf. Bei 140 km/h etwa genügen dem E 220 Bluetec 1.400 Umdrehungen, während der BMW 520d da schon mit 2.100/min unterwegs ist. Dass die lange Übersetzung die fehlenden 20 PS nicht kompensieren kann, wird nicht nur beim Null-auf-hundert-Wert klar (8,7 zu 9,2 Sekunden für den BMW., sondern auch auf eiligen Autobahnetappen. Da kommt der Mercedes kaum über den siebten Gang hinaus und dreht weit jenseits der 4.000er-Marke, um dem BMW 520d auf den Fersen zu bleiben. Der Kenner lupft in diesen Situationen kurz, lässt den neunten Gang reinflutschen und verzichtet auf die letzten paar km/h.
Es spricht für das Können der BMW.Motoringenieure, dass der BMW 520d trotz mehr Leistung und weniger Gänge auf Augenhöhe mit dem E 220 Bluetec konsumiert: 5,5 zu 5,4 Liter auf der ams-Verbrauchsrunde sind eindeutige Spitzenergebnisse, wenngleich es der BMW dank 100 Kilogramm Mindergewicht ein wenig leichter hat als der Mercedes.
Wo stecken die vielen Pfunde der beiden? Sie stecken in komfortablen Sitzen, jeder Menge Airbags, perfektionierten Knautschzonen oder den vielen elektrischen Helfern, wie etwa den Antrieben für die Heckklappen, deren Scheibe sich beim BMW 520d traditionell auch separat öffnen lässt.
Viel Platz und nix dahinter
Natürlich wirkt auch die schiere Größe gewichtstreibend, doch man hat ja was davon: gutes Raumgefühl vorn wie hinten etwa, wobei der BMW 520d durch seine breite Mittelkonsole weniger luftig wirkt, als er im Grunde ist. Und natürlich Kofferräume mit reichlich Volumen, das bei geklappten Rücksitzen im Mercedes dann doch erheblich größer ausfällt und sogar Platz hat für zwei weitere Klappsitze (1.083 Euro). Praktisch beim Beladen oder Erklettern ist jedenfalls die niedrigere Ladekante des Mercedes, der allerdings angesichts der Raumfülle sehr mit Zuladung geizt: Nur 465 Kilogramm sind erlaubt.
Dass die Kombis bei voller Beladung nicht in die Knie gehen, dafür sorgen hier wie da serienmäßig niveauregulierte Hinterachsen. Zur Steigerung des Komforts bieten sich wie bei den Testwagen die Rundum-Luftfederung Airmatic (Mercedes E 220, 1.345 Euro) oder die Dynamische Dämpfer Control (BMW 520d, 1.300 Euro) an. Im Komfort-Modus sorgen diese Systeme für sehr geschmeidiges Abrollen. Der BMW 520d wippt ohne nennenswerte Zuladung auf einer Serie von Bodenwellen allerdings gern mal mit der Hinterachse nach und teilt spürbare Stöße aus, wenn es im Bereich der maximalen Zuladung über ruppiges Geläuf geht. Das passiert dem E-Klasse-Kombi nicht; seine Luftfederung pariert solche Attacken gelassener, pendelt auch derbe Stöße eleganter aus.
Das sportlichere Modell kommt von BMW./strong>
Fahrdynamisch hat die jeweils gewählte Grundauslegung nur geringe Folgen: Beide liegen vertrauenerweckend in der Hand und zeigen sich auch bei abrupten Ausweichmanövern mit hohem Tempo (bei denen das ESP des Mercedes später, aber dann heftiger einschreitet) sehr souverän und fahrsicher. Und beide erlauben sehr engagierte Kurvenfahrt, ehe ein flackerndes Warnlämpchen im Cockpit vom nahen Grenzbereich kündet. Hierbei kommt der BMW 520d engagierten Fahrern durch noch mehr Zielgenauigkeit und weniger Karosseriewanken entgegen. Doch der E-Klasse-Kombi mit seiner leichtgängigeren, um die Mittellage feiner ansprechenden Lenkung straft das alte Stammtischgeraune einmal mehr Lügen, Mercedes konzentriere sich in den großen Klassen einzig auf bestmöglichen Komfort.
Ganz so animierend wie der BMW 520d wirkt die E-Klasse auf geschwungenen Landstraßen allerdings nicht. Sie macht gern alles mit, fragt den Fahrer aber gewissermaßen, ob diese Eile denn wirklich nötig sei. Damit treffen beide Kombis wohl sehr genau die Erwartungen der Stammkundschaft, ohne Markenumsteiger zu enttäuschen.
Da passt es ins Bild, dass auch die Preise nicht so weit auseinanderliegen, dass sie eine Kaufentscheidung vereiteln könnten. Deutlich über 50.000 Euro sind beim BMW 520d als auch beim Mercedes E 220 fällig für ein mit Navigationssystem, Ledersitzen und einigen Fahrassistenten ordentlich ausgestattetes Auto, 60.000 Euro sind auch kein Problem. Also doch ein Flecken auf den weißen Westen der zwei? Na ja, Gutes hat eben seinen Preis.
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