Dodge Challenger SRT und Abarth 500
Als Fiat Chrysler kaufte, hat niemand an ein Happy End geglaubt. Doch der Deal trägt Früchte. Die fetteste von allen sind wir gerade gefahren: den 717 PS starken Dodge Challenger SRT Hellcat.
Wenn alles nach Plan gelaufen wäre, hätten sich die beiden nie kennengelernt. Dann würde der Kleine heute nur durch Europa flitzen und der Große als beste Ami-Schleuder überhaupt durch die USA galoppieren. Nun ist aber nichts nach Plan gelaufen, wie wir während der Bankenkrise gelernt haben. Längst gehört Chrysler zu Fiat. Längst sind der 500 Abarth und der Dodge Challenger SRT also Brüder, die in einer Patchworkfamilie leben und gegensätzlicher nicht sein könnten. Umso größer ist der Reiz, die Unvergleichlichen gemeinsam auszuführen.
Dodge Challenger SRT leistet 717 PS
Gestatten, Dodge Challenger SRT Hellcat. Ja, Tatsache: „ Höllenkatze“ heißt die stärkste Version des 2008 wiederbelebten Muscle-Cars, das – fünf Meter lang und knapp zwei Meter breit – noch immer die Windschnittigkeit eines Containers besitzt. Sein Motto: mit reichlich Leistung selbst zum Sturm werden. Bislang standen dafür bis zu 492 PS zur Verfügung. Im vergangenen Jahr legte Dodge nach und verpasste dem Challenger den stärksten Serien-V8 der Firmengeschichte. Der 6,2-Liter-Hemi reicht dank XXL-Kompressor bis zu 717 PS an die Hinterräder. Drehmoment? Mit 881 Newtonmetern mehr als viermal so viel wie sein italienisches Brüderchen.
Der 500 Abarth zwitschert seit 2008 mit 135 Turbo-PS. Große Räder, zwei fette Auspuffrohre und ein Spoiler ringsum verleihen der Knutschkugel optisch Biss. Dass es seine Väter mit der Sportlichkeit jedoch nicht sooo ernst gemeint haben, verrät die Waage: 1.035 Kilogramm Leergewicht bei 3,66 Metern Außenlänge sind höchstens Volkssportniveau. Dem Dodge Challenger SRT Hellcat ergeht's nicht viel besser: Er besitzt zwar keine Starrachse, aber über zwei Tonnen Kilogramm Leergewicht.
Tänzelnder Abarth vs. Power-Dodge
Das nur am Rande. Heute geht's nämlich nicht um Punkte oder Rundenzeiten. Heute wird zusammen ausgefahren – durch das hügelige Umland von Los Angeles. Die Brüder sollen sich besser kennenlernen, was auf den verlassenen Straßen gelingen sollte. Damit es fair zugeht, verspricht der 500, in Kehren stets zu warten, und der Dodge Challenger SRT, nicht alle Pferde auf einmal vorzuspannen.
Das vergisst er aber bereits im dritten Gang und lässt mit nur einer Vollgasspritze die 275er-Hinterräder schnalzen. Puhhhh, der Motor hat vielleicht Druck … Denkt sich auch der Abarth, atmet Gummi und fällt zurück. Bis zur ersten Kurvenkombination. Im Vergleich zum Dodge tänzelt er selbst durch enge Kehren locker hindurch.
Dodge Challenger SRT in 3,6 Sekunden auf Tempo 100
Der Dodge Challenger SRT sieht Kurven als Einladungen, neue Driftwinkel zu erreichen. Wer dazu im zentralen Berührungsbildschirm den Modus „Track“ wählt, bekommt etwas mehr Bewegungsfreiheit vom ESP eingeräumt. Grundsätzlich empfindet der Dodge Kurswechsel jeglicher Art als Hindernisse auf dem Weg zur nächsten Geraden, die er gern in Quarter Miles aufteilt.
Der giftig schnelle Sprint nach vorn ist sein Ding, hier jault sein riesiger Kompressor wie eine hungrige Kettensäge, hier marschiert der Dodge Challenger SRT erbarmungslos und presst seine Passagiere in die weichen, sportlich geformten Sitzpolster, dass sie noch ihren Enkeln davon erzählen werden.
3,6 Sekunden sollen ihm laut Dodge für den Flug auf Tempo 100 ausreichen – vorausgesetzt, die schnell schaltende Achtgangautomatik ist an Bord. Serienmäßig dürfen sechs Gänge von Hand sortiert werden. Die arme Kupplung! Hatte der Dodge Challenger SRT bislang den Ruf, eine gutmütige große Kiste mit fettem Sound zu sein, macht ihn dieser aufgeladene V8 zu einem Monster, das man unter Kontrolle haben muss. Ganz klar: ein Muscle-Car der Extraklasse.
Durstiges Muscle-Car
Gegen diese schwere, mächtige Aura setzt der 500 Abarth auf sein quirliges Naturell. Leicht und wendig zeigt er dem Dodge Challenger SRT, dass auch mit vergleichsweise wenig Leistung viel Reiz am Scheitelpunkt wartet. Allerdings sollte er dabei nicht zu übermütig werden, sonst schiebt Klein Abarth über die Vorderräder. Geraden mag der 500 nur, wenn sie sich nicht in die Länge ziehen.
Abends an der Bar gibt's keine Überraschung: 717 PS sind deutlich durstiger als 135. Rund 20 Liter/100 km hat sich der Dodge Challenger SRT heute in die acht Brennräume gekippt. Viele Pferde, viel Heu. Dem Abarth reichten für die sportlich gefahrene Strecke neun Liter.
Die erste gemeinsame Ausfahrt hat gezeigt, dass es auch schöne Seiten gibt, wenn ein Plan nicht funktioniert und zwei Welten sich näherkommen. Eine Ehe unter Autoherstellern muss schließlich nicht bedeuten, dass ihre schnellsten Zöglinge demselben Sport nachgehen – und trotzdem Profis sind. Jeder auf seine Art.