Infiniti FX50
Der wunderschön gezeichnete Infiniti FX ist ein großes Geländecoupé mit ausgewogener, ganz und gar nicht wuchtiger Formgebung. Jetzt steht der stärker gewordene, ringsum überarbeitete FX-Nachfolger am Start, dessen Design sich nur marginal von den Fahrzeugen der ersten Serie unterscheidet.
Kratzfester Nano-Lack, der sich selbst „repariert“
Grill und Bixenon-Scheinwerfer mit Kurvenlicht sowie die seitlichen Entlüftungskiemen (die tatsächlich eine Funktion haben) sind neu. Mehr als ein Gag ist der kratzfeste Nano-Lack, der sich in Maßen selbst „repariert“ – kleine Kratzer schließen sich wie von Geisterhand behandelt. Darüber hinaus erfuhr das Auto aerodynamische Verbesserungen im Detail und – ganz wichtig – zahllose Veränderungen und Innovationen unterm Blech.
USA als Heimatmarkt der Nissan Nobel-Marke
Der FX50 erlebte seine Weltpremiere auf dem Genfer Salon, wurde dort aber – weil Infiniti in Westeuropa noch kein Begriff ist – nicht so recht beachtet. In den USA, quasi dem Heimatmarkt der zu Nissan gehörenden Nobel-Marke, konnten jetzt die ersten FX in amerikanischer Spezifikation auf freier Wildbahn getestet werden. Bis zur Markteinführung in Europa sollen diese Autos aber noch gründlich überarbeitet werden – die Rede ist von rund 500 Bauteilen, die neu abgestimmt werden. Zum Vergleich: In Amerika wurden 2007 rund 150.000 Infiniti abgesetzt, die Marke liegt damit deutlich vor BMW. Lexus ist indes erfolgreicher und verkaufte rund 330.000 Einheiten.
Nach Deutschland wagt sich die Newcomer-Marke Infiniti erst im Frühjahr 2009, acht Standorte in Großstädten sind im Aufbau; bis 2010 sollen es 13 sein. Gleich vier Autos werden zur Wahl stehen: ein Coupé, ein Limousine (G), ein kleiner (EX) und der große Crossover (FX). Die Japaner liegen damit ein halbes Jahr hinter dem ursprünglichen Plan zurück. Aber mit einer neuen Marke mitten hinein in einen dichtbesetzten Markt zu gehen, ist ohnehin ein Wagnis – drum gönnen sich die in der Schweiz residierenden Infiniti-Statthalter lieber noch etwas mehr Vorbereitungszeit für die bevorstehende Offensive. Um zu checken, ob und wie erfolgreich die Marke sein wird, hat man die renommierte Beratungsgesellschaft Roland Berger bemüht. Deren Prognose hat offensichtlich überzeugt.
FX50 – luxuriös und sportiv
Das Flaggschiff, der FX50, ist ein ausgesprochen luxuriös ausgestattetes, sportives Fahrzeug, das gegen Porsche Cayenne, Mercedes ML und BMW X5/X6 positioniert ist. Spitzentriebwerk ist ein um 35 Millimeter nach vorn versetzter Frontmittelmotor mit fünf Liter Hubraum. Der neu entwickelte, Euro 5 taugliche V8 bringt 390 PS und 500 Nm bei 4.000/min. Er verfügt über eine voll variable Ventilverstellung, hat also auch einen veränderlichen Ventilhub. Der dumpf brabbelnde Sound des Motors macht Spaß, er erfreut mit reichlich Durchzugskraft, wenn man ihm beherzt die Sporen gibt. Unterhalb von 2.000 Touren ging aber zumindest die von uns gefahrene US-Version eher müde zur Sache, ab 3.500/min fühlt sich das Triebwerk spürbar wohl.
Die Kraft wird über eine ebenfalls erstmals eingesetzte Jatco-Siebenstufen-Automatik mit Lenkradwippen zu den vier Rädern weitergegeben. Es macht Spaß, manuell ins Geschehen einzugreifen; gerade auf kurviger Strasse lässt sich die sportliche Potenz des Fahrzeugs besser auskosten. Für die Kraftverteilung zeichnet sich eine elektronisch geregelte Lamellenkupplung verantwortlich, wie sie in ähnlicher Form bereits im Vorgängermodell Dienst tat. Bei Geradeausfahrt gehen bis zu 100 Prozent der Antriebskraft nach hinten, im Extremfall gelangen bis zu 50 Prozent zur Vorderachse. Infiniti nennt das System ATTESA E-TS und kombiniert es mit Bremsassistent und ESP (deaktivierbar).
Aktiv mitlenkende Hinterachse
Das Fahrwerk mit zeitgemäßer Einzelradaufhängung (vorn Doppelquerlenker, hinten Mehrlenkerachse mit Hilfsrahmen) und verbreiterter Spur erwies sich als relativ komfortbetont. Aber auch auf forciert absolviertem Kurvengeläuf wirkte es nie zu weich. Elektronisch geregelte, in zwei Stufen (Auto und Sport) justierbare Skyhook-Dämpfer sorgen stets für einen optimalen Bodenkontakt. Die Hinterachse ist – eine Novität – aktiv mitlenkend ausgeführt, maximal wird ein Grad Lenkwinkel realisiert. Anders als beim Renault Laguna lenken die Hinterräder in die gleiche Richtung wie die Vorderräder – spürbar ist diese fahrstabilitätsfördernde Maßnahme aber nur im Hochgeschwindigkeitsbereich, beispielsweise bei plötzlichen Spurwechseln auf der Autobahn. 21-Zoll-Räder mit 265/45er-Allsaison-Pneus gehören zum Lieferumfang für den FX50, sie rollen allerdings recht hart ab.
Rund zwei Tonnen wiegt der Kraftbolzen, für den relativ viel Leichtmetall eingesetzt wurde – beispielsweise bei den Türen, der Fronthaube und dem Fahrwerk. Infiniti ist stolz darauf, das Auto so rund 200 kg leichter als die Wettbewerber gebaut zu haben. Es wirkt tatsächlich nie behäbig oder wirklich schwer, nur in rasch genommenen Kehren neigt sich der Aufbau etwas. Die Achslastverteilung liegt bei guten 54 : 46 Prozent. Der Neue soll Tempo 250 (abgeregelt) erreichen; für den Spurt von null auf 100 km/h werden 5,8 Sekunden angegeben. Eine amerikanische Zeitschrift will sogar nur fünf Sekunden für den Paradespurt gebraucht haben.
Nürburgring-Tests für die Europa-Version
Hohe Geschwindigkeiten konnten in den USA natürlich nicht gefahren werden, aber das Auto geht tatsächlich ausgesprochen temperamentvoll zur Sache. Die vier innenbelüfteten Scheibenbremsen machten einen zufriedenstellenden Eindruck, sollen aber bei der Europa-Version verstärkt werden. Ein Ergebnis der Nürburgring-Tests, die – so erreichten die Ingenieure – zusammen mit den Wettbewerbern sehr intensiv absolviert worden sind.
Beim Interieur hat der Infiniti das von den Premiummarken erwartete hohe Niveau erreicht, allerdings wirkt der ausgesprochen edel anmutende Instrumententräger ziemlich überladen: Zahllose, unterschiedlich geformte Schalter und Bedienknöpfe auf der Mittelkonsole beanspruchen die Aufmerksamkeit. Auch die Zahl der Ablagen könnte etwas größer sein. Andererseits besticht der Fahrerarbeitsplatz durch seine Funktionalität – ein Beispiel ist das kleine Dreispeichenlenkrad mit den Lenkradwippen. Es liegt prächtig in der Hand, die Lenkung arbeitet überraschend direkt und zielgenau.
Rundumblick dank Kameras
Hochwertige Ausstattungsdetails, die zum Lieferumfang gehören, gibt es zuhauf: so die Rundumblick-Funktion mit vier Superweitwinkel-Kameras an den Ecken des Autos, die das Einparken dank der „Birdview-Funktion“ ungemein erleichtert. Das Display ist weit oben positioniert und liegt voll im Blickfeld. Das Abstandsradar ist mit einem stets aktiven Kollisionswarnsystem kombiniert, das ähnlich arbeitet wie PreSafe bei Mercedes-Benz. Dazu kommt als Serienausstattung der schlüssellose Zugang und die DVD-Navigation. Als Extras gibt es nur wenige Positionen, beispielsweise ein großes Glasdach und das Rearseat-Entertainment.
Das coupéhafte Auto verfügt über fünf Sitzplätze, das vordere Gestühl (mit Heiz- und Belüftungsfunktion) lässt sich acht- bis zehnfach elektrisch einstellen. Leder ist serienmäßig. Trotz der abfallenden Dachlinie reicht die Kopffreiheit hinten aus; nur die Kniefreiheit für die Hinterbänkler ist knapp. Eine dritte Sitzreihe ist übrigens nicht vorgesehen.
Zweite Ausführung des großen Crossover: FX37
Als zweite Ausführung des großen Crossover stehen der FX37 und der sportiver zurecht gemachte FX37 S mit dem neuen 3,7-Liter-V6 – der vom 350-Z-Triebwerk abstammt und auch in Coupé und Limousine zum Einsatz kommt – bereit. Dieses ebenfalls vierventilige Aggregat leitstet 320 PS und wuchtet ein maximales Drehmoment von 360 Nm auf die Kurbelwelle. Die Spitzengeschwindigkeit liegt bei 234 km/h, den Spurt von null auf hundert erledigt dieser etwas leichtere FX binnen 6,8 Sekunden.
Das sollte eigentlich reichen. Infiniti rechnet damit, dass sich rund 80 Prozent der Käufer für diese Variante entscheiden werden. Sehr anständig ausgestattet, wird sie etwa 55.000 Euro kosten. Der FX50 schlägt dagegen sehr selbstbewusst mit etwa 80.000 Euro zu Buche. Viel Geld, aber immer noch deutlich unter den Preisen vergleichbarer Porsche Cayenne, deren Markenwert freilich anders zu bewerten ist. Mal schauen, ob die Nissan-Nobeltochter mit dieser Preispolitik Erfolg haben wird. Am meisten gefragt dürfte sicher die 240-PS-Dieselvariante sein; Infinti will den Dreiliter-Selbstzünder ab Anfang 2010 ins Programm nehmen.
Im gleichen Jahr soll sich noch eine große Limousine dazu gesellen, die Firma rechnet mit insgesamt 10.000 Infiniti-Absätzen in West-Europa. Davon entfällt rund ein Fünftel auf Deutschland. 2013 kommt noch ein kompakter Nobelhobel hinzu, der Absatz soll auf 25.000 Einheiten ansteigen. Wenn die Japaner die selbst gesteckten hohen Erwartungen tatsächlich erfüllen wollen, müssen ihre Autos jeweils die Klassenspitze markieren. Zumindest der FX hat gute Voraussetzungen dafür.