Mercedes SL 350 Roadster

Der Mercedes SL 350 geht optisch und technisch modellgepflegt auf die Zielgerade. Der 316 PS starke V6-Sportmotor hilft, sie zu verkürzen.
Es scheint fast, als könnten sich die Daimler-Mannen nicht so richtig entscheiden, titulieren sie doch den am 5. April startenden, überarbeiteten SL als „ die neue Generation“. Facelift oder Neuauflage? Anderswo wäre die Sache gleich klar. Nach rund sieben Jahre geht es ab in den Ruhestand, der Nachfolger wartet. Nicht so beim Oberklasse-Roadster von Mercedes. Die Historie zeigt: Nach sieben Jahren ist ein SL gerade mal reif für ein großes Facelift, zweistellige Bauzeiten sind hier die Regel. Zumal das aktuelle Modell (intern: R230) immer noch lässig auf Ballhöhe zur Konkurrenz stürmt. Trotzdem sah Daimler Potenzial für eine Justage – technisch wie optisch.
Hier haben sie eingehakt: Mit scharfem Meißel bekam der Mercedes SL 350 ein herb konturiertes Kantengesicht verpasst. Weg mit den weich und freundlich fließenden Rundaugen, hin zu weit in die Kotflügel reichenden Einteilern sowie einem breiteren Kühlergrill mit nur einer Lamelle. Er soll wie die beiden Buckel auf der Haube und die seitlichen Entlüftungs-Kiemen Erinnerungen an den Ur-SL von 1954 wecken. Ebenfalls dynamisiert: das Heck mit Diffusor-Andeutung und Trapez-Auspuffblenden.
Dynamik-Versprechen unter der Mercedes SL 350 Haube Um dem Dynamik-Versprechen nachzukommen, mussten die Lenkung und der 3,5-Liter-V6 ins Trainingslager. Vorbei ist es mit der tendenziell öligen Gemächlichkeit der bisherigen, rein geschwindigkeitsabhängigen Parameterlenkung. Ab sofort hilft gegen 178 Euro Aufpreis eine Direktlenkung beim Manövrieren. Sie verzichtet, anders als etwa die Aktivlenkung von BMW, auf ein Überlagerungsgetriebe, sondern operiert rein mechanisch mit einer variablen Übersetzung der Zahnstange.
Um die Mittellage geradeauslauffördernd ruhig ansprechend, wandelt sich der Charakter ab rund fünf Grad Lenkwinkel. Nun biegt der Mercedes SL 350 proportional zur Lenkraddrehung williger und leichtfüßiger ein, ohne mit übertriebener Nervosität oder wechselhaftem Charakter zu nerven. Gegen Aufpreis hält das aktive ABC-Fahrwerk Straßenunebenheiten ebenso mühelos fern, wie es Wankbewegungen bremst.
Mühelos: Auf dieses Stichwort flitzen die erleichterten Kolben durch die Bohrungen des überarbeiteten, nun 316 PS starken 3,5-Liter-V6. Atemfreudigerer Ansaugtrakt ohne Schaltsaugrohr plus höhere Verdichtung – der Sportmotor brummt im unteren Drehzahlbereich unauffällig los, um Richtung 4.000/min an Elan zu gewinnen, bevor er regelrecht schwerelos in den Begrenzer jenseits 7.200/min dreht. Begleitet von herrischem Sechszylinder-Klang, dem man deutlich die Akribie der Akustiker anmerkt. Krawall bleibt allerdings ein Kann, kein Muss. Bei sanftem Gaspedaldruck wandelt der Sechszylinder flauschig durch die sieben Stufen der Automatik, fließt diesseits 2.000/min dahin. Nicht ganz so breitbeinig-drehmomentgefüttert wie die mehrzylindrigen Geschwister, doch jederzeit ohne ein Gefühl des Mangels. Komfort der Mercedes SL 350 Insassen wird verbessert Mercedes SL 350 und Mangel, das wäre ja auch noch schöner angesichts von über 86.000 Euro Grundpreis für den Mercedes SL 350. Bis ins Detail geschliffen und solide, bringt der Klappdach-Solitär alle Qualitäten eines automobilen Ruhesitzes mit. Etwa für solvente Fahrensleute, die schon alles hatten und sich nun endgültig unter das Metall-Klappdach des Oberklasse-Roadsters zurückziehen. Samt einer ab sofort noch verlockenderen Offenfahr-Option: Auf Wunsch und gegen 595 Euro Aufpreis fächelt der so genannte Airscarf mit zwei Ventilatoren warme Luft in den Nacken der Insassen. Anders als beim SLK residiert der in drei Stufen regelbare virtuelle Schal wegen Platzmangels im Mercedes SL 350-Integralsitz komplett in der Kopfstütze.
Ähnlich fürsorglich wie der Airscarf funktioniert die Sprachsteuerung der Infotainment-Abteilung. Sie gehorcht selbst Nuschlern und Dialektpflegern nach leichtem Zug am Bedienhebel aufs Wort. Wem das noch nicht genügt: Die optionalen Massagesitze greifen nicht nur talentiert nach Körpern jeglicher Statur, sondern kneten sie auf Tastendruck mit der Konsequenz fleischiger Masseur-Pranken. Nach Belieben musikalisch untermalt durch das Harman Kardon-Soundsystem mit 510 Watt und zehn Lautsprechern. Gespeist wird es vom überarbeiteten Comand-System, das auf seiner Festplatte nicht nur Europa- Navigationsdaten, sondern auch rund 1.000 Musiktitel (vier Gigabyte) speichert und fließend mit I-Pod und Co kommuniziert. Damit es auf dem Weg durch die automobile Glückseligkeit nie langweilig werden möge.