Einer zeigt, was ein gutes Alltagsauto ausmacht

Es gibt keine Schnäppchen, der MG ist fast das Gegenteil davon. Außer etwas besserer Effizienz und viel an Ausstattung hat er dem geräumigeren Opel wenig voraus. Der fährt vergnüglich, komfortabel, lässt sich leicht bedienen – ein Auto, das wesentlich mehr als nur das Wesentliche erfüllt.
Doch, es gibt sie: einfache, erschwingliche, effiziente und familienbegabte Subkompakt-SUV mit Mild- oder Vollhybrid. Also testen wir los, schließlich bekommt es der neue Opel Frontera gleich mit dem MG ZS zu tun, der mehr Leistung und Ausstattung zum Sonderpreis verspricht.
Kommt es zu all dem Überfluss noch dazu, übersieht man es leicht: das Wesentliche. Da es zum Wesen des Wesentlichen gehört, kein Buhei um sich zu machen, heißt es mitunter gar, es existiere nicht mehr. Dabei haben wir es ausgeblendet wie den Apfelkuchen an der Sahnetortentheke. Wir suchen nur noch nach Smartphones, nicht mehr nach Tastentelefonen. Nur noch nach All-inclusive-Hotels auf Mallorca statt nach einer schnuckeligen Frühstückspension im Harz. Überblättern den Test von Opel und MG auf der Suche nach dem Fahrbericht des Rolls-Royce Phantom. Für Durchblätterer: Finden Sie 22 Seiten das Heft runter ab Seite 110. Alle anderen heißen wir willkommen beim Wetteifern zwischen ZS und Frontera , die nicht den Überfluss mehren, sondern das Wesentliche bewegen wollen: den Alltag. Praktisch, effizient, sicher, familientauglich, günstig.
Der MG tritt als 197 PS starker Voll-, der Opel als Mildhybrid mit 145 PS an, der eine in Best-, der andere in Grundausstattung, beide kosten weniger als 30.000 Euro. Ob es noch mehr über die zwei zu wissen gibt? Na, wesentlich mehr! Testen wir los.
MG – von Abingdon nach Shanghai
Ach, diese wunderbaren Autos: MG B, C, F und – im Nostalgiegeblendeten Rückblick – auch Maestro, Montego und ZT. Die haben alle mit dem ZS nichts zu tun. Stattdessen sind es Modelle, die, nun, wesentlich dazu beitragen, MG Rover 2005 in den Ruin zu treiben. 2007 kauft der chinesische SAIC-Konzern aus der Konkursmasse einige Markenrechte. 2011 startet MG in Großbritannien mit dem ersten neu entwickelten Modell, verkauft seit 2021 auch bei uns Autos. Und wenngleich MG nun in Anting/Shanghai, gut 9.000 Meilen von MGs erster Fabrik in der Bainton Road in Abingdon, beheimatet ist, prägt das technische Wesen des Subkompakt-SUV ZS doch eine, sagen wir, Ausgefallenheit, nicht unähnlich jener, mit der die britische Automobilindustrie die Kundschaft traditionell zu überraschen vermochte.
Allein die Exzentrik des Antriebs: So kombinieren die Techniker beim Hybrid einen 1,5-Liter-Vierzylinder-Saugbenziner mit einem 100 kW starken E-Motor sowie einer Dreistufenautomatik. Die E-Maschine erarbeitet sich ihre Energie in ihrer Nebenbeschäftigung als Generator durch in der Stärke dreifach variierbare Rekuperation und speichert sie in einem 1,8-kWh-Pufferakku.
Mit vollem Akku kann der E-Motor den MG über kurze Strecken und bis rund 80 km/h allein vorantreiben oder in Kooperation mit dem Vierzylinder den Wagen zu stattlicher Drangfülle boosten. Die 250 Nm allein des E-Motors schäumen dann auch die klaffenden Gangsprünge aus, was den Fähigkeiten der Automatik schmeichelt. Sie lässt sich in die Wahl ihrer drei Stufen nicht hineinfunken, obwohl es dafür vielfach Grund gäbe, sobald die Kapazität des Akkus verebbt – und mit ihr sehr jäh auch alle Rasanz des Vorankommens.
Fahrverhalten und Komfort im MG ZS
Muss sich der 1.500er allein darum kümmern, so verkümmert das Temperament der Fahrleistungen im Widerstreit mit den Fahrwiderständen. Daran ändert auch die jaulige Hochtourigkeit nichts, zu welcher die Automatik den Benziner zwingt. Nun, man könnte sich darauf einstellen, meinen Sie? Selbstredend sehen wir das auch so – eh klar bei einer Kombination aus starkem E- und schwachem Benzinmotor. Nur ändert sich die Leistungsbereitschaft des Antriebs so abrupt und ohne Vorwarnung, dass es eben mitunter noch einen Überholvorgang zu beenden oder einen Berg zu erklimmen gäbe – beides noch angegangen mit dem Wuchtpotenzial des Antriebs.
Wobei diese beiden Szenarien zu den seltenen Gelegenheiten zählen, in denen sich die Kraft zweckdienlich nutzen lässt. Auf Landstraßen weiß das Fahrwerk nicht recht, wohin damit. Mit weichem Set-up schubbert der ZS in Kurven früh in raumgreifendes Untersteuern. Immerhin steuert die Lenkung etwas verschwummerte Präzision und vernuschelte Rückmeldung zu Richtungswechseln bei, variiert aber in den Fahrmodi ihre Haltekräfte von lasch (Eco) bis armdrückerisch (Sport). Zur Bequemlichkeit des Unterwegsseins kann das Fahrwerk mehr beitragen mit seinemmanierlichen Federungskomfort; nur harte, kurze Unebenheiten katapultiert es bis in die Sitze.
Innenraum und Bedienung: Viel Ausstattung, wenig Ergonomie
Die vorderen übrigens mögen elektrisch verstell- und beheizbar sein, stehen aber etwas unschlüssig im Cockpit herum. Es passt nie wirklich mit der Sitzposition, auch weil das Lenkrad über keine Weitenverstellung verfügt. Wohl aber über eine Vielzahl unbeschrifteter Tasten und zwei Steuerkreuze, mittels derer sich Funktionen bedienen und Anzeigen ändern lassen. Was in dem Wirrwarr der Bedienstruktur jedoch auch den geübten Piloten noch vor Herausforderungen zu stellen vermag. Besser auf sich allein gestellt wäre der, geht es um die Assistenz. So meint der Tempowarner ein 240-km/h-Limit gesehen zu haben, der Abstandstempomat regelt ruppig.
Der zählt wie überaus vielerlei zur Serienausstattung des Wagens. Doch ihre Fülle allein macht noch lange kein gutes Auto aus. So gelingt es der Klimaautomatik nicht, die Temperatur zu halten. Im Testdurchschnitt mag sie im Wechsel aus Schockfrosten und Hitzewallungen bei den vorgegebenen 21 Grad Celsius gelegen haben – eine gewisse Konstanz käme uns aber gelegener.
Konstant schwach ist die Verzögerung der zwischen Rekuperations- und Reibungskraft schlecht dosierbaren Bremsen. So bleiben als Stärken des ZS seine Effizienz (6,0 l S/100 km im Testschnitt, 5,1 l auf der Eco-Runde), das gute Platzangebot für die Passagiere, der ausreichend große, gut nutzbare Kofferraum sowie sieben Jahre Garantie. Aber dafür 27.990 Euro? Wäre uns wesentlich zu viel.
Opel Frontera – wahre Größe ohne Getöse
Nun Auftritt Opel Frontera. Wobei der sich ganz anders inszeniert. Mit Stahlrädern, Stoffsitzen, Schwarzkunststoff verzichtet er auf die kulissenhafte, aufmerksamkeitsheischende Anschauqualität des MG, doch reicht seine rustikalere Solidität tiefer. Trotz sechs Zentimetern weniger Innenbreite kommen zwei, auch mal drei Passagiere auf der bequem gepolsterten Rückbank angenehmer unter. Genug Halt und Kuscheligkeit gibt es auch auf den Vordersesseln, die Pilot und Co wie jene des MG auf sacht herausgehobenen 62 cm Sitzhöhe positionieren, wegen der passgenauen Ergonomie aber inniger ins Auto und das Geschehen integrieren. Zwar mag es der Ausstattung an Fülle mangeln. Doch bis auf das ebenfalls schwankende Treiben der Klimaautomatik funktioniert fast alles nicht nur gut, sondern auch besser und viel eingängiger als beim ZS.
Klingt nach Opel-typisch uneitel-kluger Pragmatik bis ins Fundament? Dabei stammt das aus dem Fundus des Stellantis-Konzerns. Wie Citroën C3 oder Fiat Grande Panda basiert der Frontera auf der CMP Smart Car Platform. Die war von Beginn an auf Verbrenner, Mildhybride und E-Antrieb ausgelegt. Was allen beteiligten Marken nun sehr zupasskommt, konnten sie so die ursprüngliche Entscheidung, die Smart-Car-Modelle hier nur als Stromer anzubieten, doch schnell und diskret umorganisieren.
Mildhybrid-System im Opel Frontera
Den Frontera treibt die stärkere Version des Hybridsystems des Konzerns an, ein ungewöhnlich kräftiger 48-Volt-Mildhybrid. Mit 16 kW, also 22 PS, erzielt der im Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe integrierte E-Motor eine hohe Leistung. Für ein Vollhybridsystem an sich aber reicht das noch lange nicht, das gibt die niedrige Spannung nicht her.
Wobei alle "an sich" egaler nicht sein könnten, wenn der Antrieb loslegt. Mit stämmigem Boost drückt die E-Maschine den Frontera aus dem Stand über die Ladedruckflaute des kleinen 1,2-Liter-Dreizylinder-Turbos hinweg. Bei milder Last genügt die Kraft des E-Motors mitunter allein. Gewöhnung fordert nur die Rekuperation, die nach dem Gaswegnehmen verzögert einsetzt, dann aber für ein 48-Volt-System umso stärker, um den 0,9 kWh kleinen Akku zu laden.
Fahreindruck: Souverän, effizient, harmonisch
Auch das Getriebe des Opel sieht – bis auf die "L"-Taste für stärkere Motorbremsleistung – Einmischungen des Fahrers ins Schaltgeschehen nicht vor. Doch wechselt die Box ihre sechs Gänge meist punktgenau und weich. So gelingt das Hin und Her, Einzeln und Gemeinsam der Antriebe bis auf seltene Rucke harmonisch und linear ohne aufwallende und abebbende Leistungsgezeiten wie im MG.
Daher fühlt sich der Frontera auf Dauer souveräner an. Die etwas weniger eilfertigen Fahrleistungen fallen kaum auf, die hohe Effizienz umso mehr: Trotz des einfacheren E-Werks verbraucht der Frontera mit 6,1 l S/100 km im Testschnitt und 5,3 l S/100 km auf der Eco-Runde nur ein und zwei Zehntel mehr als der ZS.
Fahrverhalten: Landstraße statt Teststrecke
Vor allem fährt der Opel harmonischer, beschwingter, souveräner – einfach: besser. Nur bei den Fahrdynamiktests auf abgesperrter Strecke kann er das nicht zeigen, da ihm das ESP alle Dynamik rabiat zusammenstaucht. So kommt der MG trotz starken Übersteuerns und sachten Lastwechseleindrehens auf fixere Zeiten.
Auf der Landstraße dreht sich das komplett. Mit seiner sacht angestrafften Abstimmung hat der Opel den Aufbau fester im Griff, kurvt und federt ohne starkes Wanken und Schwanken, spricht sorgsamer auf Unebenheiten an, denen er die Härten nimmt, ohne je zum Flauschen zu neigen. Mit seiner präziseren Lenkung biegt er exakter in Biegungen, behänder und neutraler dazu, später erst schiebt auch er ins Untersteuern.
Doch davor gibt die Lenkung, obgleich nicht von großem Mitteilungsbedürfnis befallen, einen diskreten Rückmelde-Hinweis. Aber klar, wir müssen das jetzt nicht übertreiben, ein verkannter Handling-Magier ist er nun auch nicht, der Frontera, den das ESP ja auch auf der Landstraße streng einbremst – dort erreicht er seinen Grenzbereich. Ebenfalls klar: Besser verzögern sollte der Opel auch.
Doch: Anders als der MG mag der Frontera kein Auto sein, das auf Anhieb mit Ausstattung und Leistung begeistert. Dafür ist er – wie der sehr klare Testsieg zeigt – ein gutes Auto, das nicht viel Wesens um sich macht.