Seat Ibiza 1.9 TDI im Test
Arrow-Design heißt die Formensprache bei Seat, die als Erster der völlig neu entwickelte Ibiza vorführt. Pfeilförmige Gesichtszüge sorgen für einen frischen, attraktiven Auftritt. Test der 105 PS starken TDI-Variante.
Neue Besen kehren gut – davon profitiert der Ibiza gleich in mehrerlei Hinsicht. Designchef Luc Donckerwolke, seit gut zwei Jahren in Seat-Diensten und bekannt durch den rassigen und kantigen Entwurf des Lamborghini Gallardo, hat einen wohlgefälligen Kleinwagen entworfen, der mit klarer Linienführung und freundlichem Erscheinungsbild besticht. Dass sein pfeilförmiges Gesicht mit schmalen Augen und großen Luftöffnungen Assoziationen an Fordund Mazda-Modelle weckt, wertet den Ibiza nicht ab. Marken-Boss Erich Schmitt, ehemals verantwortlich für die Audi-Aktivitäten in China und seit Oktober 2006 Seat- Lenker, wacht mit Argusaugen über Qualität und Produktionsabläufe. Davon sollen die Produkte und Erträge der Marke gleichermaßen profitieren.
Seat Ibiza mit neuer Basis
Da mochte die Konzernmutter VW nicht zurückstehen und spendierte der spanischen Tochter für die vierte Auflage des wichtigsten Seat-Modells die völlig neu konzipierte Kleinwagen-Plattform, intern PQ25 genannt. Auf ihr wird auch die nächste, 2009 erwartete Polo-Generation aufbauen. Sie bietet rund einen Zentimeter mehr Radstand und etwas größere Spurweiten als die des Vorgängers und damit eine gute Basis für vernünftiges Größenwachstum. Das äußert sich in einer Außenlänge von 4,05 Metern (plus zehn Zentimeter). Auf den vorderen Sitzen bietet der neue Ibiza reichlich Bewegungsfreiheit, im Fond hingegen fühlen sich langgewachsene Personen wegen des knappen Knieraumes und der breiten C-Säulen etwas beengt untergebracht. Kinder werden eher bemängeln, dass es hier keinerlei Ablagen gibt.
Gut nutzbarer Kofferraum, freundliches Ambiente
Mit 292 Litern ist das Volumen des gut nutzbaren Kofferraumes um rund zehn Prozent gewachsen und entspricht dem in dieser Klasse üblichen Standard. Werden die geteilten Sitzflächen und -lehnen vorgeklappt, ergibt sich ein stattlicher Laderaum, der auch große Güter aufnimmt. Als Wermutstropfen bleiben in diesem Fall die leicht ansteigende Ladefläche mit kleiner Stufe sowie der dann deutlich eingeschränkte Längsverstellbereich der Vordersitze. Trotz einiger großer Hartplastikverkleidungen herrscht im Innenraum ein freundliches Ambiente. Dazu tragen der Einsatz von schwarzem Hochglanzlack und griffsympathische Materialien an den Bedieninseln ebenso bei wie hell abgesetzte Flächen, die sich andererseits störend in Front- und Seitenscheibe spiegeln.
Klar gezeichnete Instrumente und ergonomisch gruppierte, aber teilweise etwas kleine Schalter erlauben eine intuitive Bedienung. Die aufpreispflichtigen Dockingsstationen für das mobile Navigationssystem von TomTom (50 Euro) und den iPod (ab 135 Euro) dürften genau nach dem Geschmack der durchschnittlich 35 Jahre jungen Ibiza- Käufer sein. Bei der Ausstattung hat Seat nicht geknausert. Selbst die einfachste Linie Reference hat neuartige Thorax-Kopf-Airbags vorne, ESP, Berganfahrassistent, Reifenkontrollanzeige, Isofix-System sowie verstellbare Lenksäule und einen höhenjustierbaren Fahrersitz serienmäßig. Das Paket Stylance bietet zudem Klimaanlage, Audiosystem mit Bediensatellit am Lenkrad und Nebellampen mit Abbiegelicht. Zur Sport-Ausstattungslinie zählen außerdem sehr gut profilierte, ausgezeichneten Seitenhalt und Komfort bietende Sportsitze, straffere Dämpfer sowie Leichtmetallräder mit breiter 16-Zoll-Bereifung. Der ebenfalls mit dem Sport-Paket ausgerüstete Testwagen rollte gar auf optionalen Pneus der Dimension 215/40 R 17.
Fahrdynamisches Talent
Befürchtungen, dass bei dieser Kombination der Federungskomfort gänzlich auf der Strecke bleibt, zerstreut der sportliche Ibiza umgehend. Er ist zwar keine Sänfte, rollt ein wenig poltrig und geräuschvoll ab und zeigt leichtes Stuckern auf Autobahn-Querfugen. Ansonsten aber überrascht er dank gutem Schluckvermögen auf langen Wellen und befriedigendem Ansprechen der Federung auf kurzen Unebenheiten mit erstaunlicher Ausgewogenheit. Andererseits offenbart der Ibiza fahrdynamische Talente, die man ihm trotz seines Sport-Appeals gar nicht ohne weiteres zugetraut hätte.
Wie leichtfüßig er mit hoher Querbeschleunigung und ohne lästiges Untersteuern um Biegungen aller Art wieselt, macht richtig Freude. Zickiges Benehmen im Grenzbereich ist ihm fremd, vielmehr folgt er stets akkurat und bereitwillig den Befehlen seiner sehr leichtgängigen, präzisen Lenkung.
Pumpe-Düse bereitet wenig Freude
Die hohe aktive Fahrsicherheit untermauern eine gute Traktion und kräftig zupackende Bremsen, die mit hoher Standfestigkeit und sattem Pedaldruck gefallen. Beim Antrieb lässt der Ibiza Fortschritte vermissen. Der altbekannte, unkultiviert, rau und laut laufende 1,9-Liter-Turbodiesel mit Pumpe-Düse-Technik macht auch wegen seiner unhomogenen Leistungsentfaltung und der teilweise zögerlichen Gasannahme wenig Freude. Dass der Testwagen bei der Beschleunigung die Werksangabe verfehlt, stört weniger als seine schlappe Elastizität. Mit Schuld daran hat eine ganz auf die neue spanische CO2-Steuergesetzgebung getrimmte Abstimmung der Antriebseinheit wie etwa die ellenlange Übersetzung der oberen Gänge des gut schaltbaren Fünfganggetriebes.
Da bleiben als Trost der günstige Verbrauch von durchschnittlich 5,8 Liter/100 km und der CO2-Ausstoß von 119 g/km. Bei den Preisen übt Seat Zurückhaltung, sie starten bei 12 190 Euro für das viertürige Basis-Modell mit 70 PS starkem Dreizylinder. Der getestete Sport TDI kostet über 6.000 Euro mehr. Dennoch stehen die Chancen gut, dass der Ibiza in seiner Klasse erfolgreich kehrt und dabei kräftig Staub aufwirbelt.