So beeinflusste das Corona-Virus die Campingwelt

2020 drehte sich alles um das Thema Corona-Virus. Die Infektionskrankheit hatte auf alle Bereiche des Lebens einen Einfluss, auch auf die Camping-Branche. Wie hat sich das Reisen verändert?
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Plötzlich stand die Welt still. Obwohl Urlaub im eigenen Reisemobil viel individueller und kontaktärmer als Pauschaltourismus gestaltet werden kann, betraf das von der Bundesregierung im Zuge der ersten Pandemie-Welle im März 2020 ausgesprochene Übernachtungsverbot für touristische Zwecke auch alle Stell- und Camping.lätze. Nichts ging mehr – und zwar in ganz Europa, und jegliches Reisen rückte in weite Ferne.
Wer bis dahin schon seinen Jahresurlaub geplant hatte, kam kaum umhin, umzusatteln. Unklare Reisebedingungen sowie das teilweise dramatische Infektionsgeschehen in anderen EU-Ländern führten dazu, dass viele Camper ihren Reisefokus auf Deutschland legten, so das Ergebnis einer Leserumfrage von promobil. Ab Mitte Mai 2020 kam das Aufatmen, denn die heimischen Plätze durften schrittweise wieder öffnen, aber nur entsprechend den jeweiligen Landesverordnungen. Maximalbelegung, Mindestaufenthalt, Reservierungen – was in Niedersachsen Pflicht war, galt in Hessen noch lange nicht. Das Chaos war groß.
Welche Auswirkungen das Corona-Virus auf die Hersteller, Händler und Messen hatte, können Sie bei CARAVANING nachlesen.
Camping hat sich durch Corona stark verändert
Wer die seit Mai 2020 ständig steigenden, enormen Zulassungszahlen von Reisemobilen sowie die massiv gestiegene Nachfrage nach Mietmobilen dazuaddiert, wird rückblickend verstehen, warum es während der Hauptsaison so eng auf den Plätzen wurde. Um den übergroßen Bedarf zu befriedigen, entstanden Pop-up-Camps, die ungenutzte Flächen vorübergehend in Camping.lätze verwandelten – teils zu hohen Übernachtungpreisen angesichts der vielfach rudimentären Sanitär- sowie Ver- und Entsorgungsinfrastruktur. Sogar Privatpersonen vermieteten zeitweilig ihren Platz am See, ihren Hof oder Garten an Reisemobilisten. Ausführlich dazu berichteten wir im Clever-Campen-Podcast:
Ein weiteres Ergebnis der aktuellen Befragung: 80 Prozent der Camper haben sich sicher bis sehr sicher und gut vor Corona geschützt gefühlt. Der Grund dafür: die sorgfältige Umsetzung der Gesundheitsregeln. Denn trotz der gewaltigen Buchungswelle haben die von Stell- und Camping.lätzen eingesetzten Hygienemaßnahmen so gut funktioniert, dass sie für immerhin 85,3 Prozent der Urlauber zufriedenstellend bis sehr zufriedenstellend waren.
Klar gewandelt haben sich 2020 die Häufigkeit der Reisen sowie die Attraktivität der heimischen Urlaubsziele: Alleine in den Monaten Juni, Juli und August konnte ein Zuwachs an inländischen Gästen von sieben Prozent verzeichnet werden, wobei die höchsten Steigerungsraten bei Übernachtungen die Bundesländer Sachsen-Anhalt mit 27 Prozent, Sachsen mit 21 Prozent und Brandenburg mit 19 Prozent für sich verbuchten.
Seit Herbst nun steigen die Infektionszahlen wieder auf schwindelnde Höhen, und wer sich bereits auf Wintercamping und Skifahren gefreut hat, wird vermutlich auf den Saisonstart noch warten müssen.
Camping- und Stellplätze in Zeiten von Corona
Seit spätestens Ende Mai die Plätze für Camper in ganz Deutschland wieder öffneten, war die Reisefreiheit, zumindest innerhalb des Landes, fast wiederhergestellt. Bei über 18 Millionen Deutschen, die sich laut Umfragen in irgendeiner Weise mit Caravaning beschäftigen – sei es als Besitzer, Mieter, Kauf- oder Mietinteressent –, war es nicht verwunderlich, dass es rasch eng werden würde auf den Stell- und Camping.lätzen hierzulande.
Allein in den Monaten Juni bis August verzeichnete die heimische Camping.ranche 23,2 Millionen Übernachtungen. Der Anteil inländischer Camping.rlauber stieg im Sommer auf 92 Prozent (plus sieben Prozent im Vergleich zu 2019). "Urlaub auf dem Camping.latz galt im Corona-Sommer als eine der sichersten Urlaubsformen und gewann dadurch laufend neue Anhänger. Social Distancing ist für Camper leicht machbar, da sie ihr Zuhause stets dabeihaben", fasst Maximilian Möhrle, Geschäftsführer des Reise- und Buchungsportals Camping.info, die Situation zusammen.
Den ohnehin schon vielen Bestandsfahrzeugen plus den bis Ende August neu zugelassenen 58 700 Reisemobilen und 22.690 Caravans standen allerdings nur bedingt genügend Stell- und Camping.lätze gegenüber. Laut Bundesverband der Camping.irtschaft in Deutschland gibt es im eigenen Land gegenwärtig 3055 Camping.lätze mit rund 230.000 angebotenen Parzellen, das sind nur 60 Plätze mehr als vor drei Jahren. Wohnmobilstellplätze werden mit 4677 (Quelle: promobil-Stellplatz-Radar-App) beziffert, immerhin gut 1000 Plätze mehr als 2017. Dennoch hält auch das wachsende Angebot dem Caravaning-Boom kaum stand.
Viel los auf den Stellplätzen: Reservierung empfohlen
Dazu schrieb uns promobil-Leser Siegfried Mittl vor ein paar Wochen: "Nachdem wir schon dieses Jahr auf der Suche nach freien Camping. und Stellplätzen umherirrten, weil wir ‚die Freiheit des Reisens‘ ohne Reservierung und Ziel genießen wollten, stellt sich angesichts der rasant steigenden Zahl an neuen Wohnmobilen die Frage: Wohin 2021?"
So wie Mittl haben in diesem Jahr viele Camper die Spontanität vermisst, einfach loszufahren und damit maximale Freiheit zu genießen. Denn während noch im letzten Jahr über 40 Prozent der Camper ohne Reservierung unterwegs waren, lösten die verschiedenen Beherbergungsvorgaben der Bundesländer eine riesige Reservierungsflut auf den Stell- und Camping.lätzen aus, besonders in der Hauptsaison. Dazu erzählt Sigrid Stümpel, Betreiberin des Wohnmobilhafens Twistesee in Bad Arolsen, von ihren Erfahrungen: "Wir wurden förmlich überschwemmt mit E-Mail-Anfragen. Ich habe wochenlang bis spät in die Nacht gearbeitet, um dem Ansturm Herr zu werden. Alle hatten Angst, keinen Platz zu bekommen."
Und noch etwas hat sich in diesem Jahr klar verändert: die Länge der einzelnen Reisen. Dazu Sigrid Stümpel: "Die meisten Gäste sind weniger herumgetingelt, sondern lieber da geblieben, wo es schön war und sie einen Platz hatten. Wenn noch 2019 ein Camper im Schnitt zwei bis drei Tage blieb, waren es in diesem Jahr durchaus zwei bis drei Wochen."
Selbst wenn der Bundesverband der Camping.irtschaft in Deutschland wegen der Beherbergungsverbote insgesamt ein kleines Branchenminus von unter fünf Prozent erwartet, hat sich das Corona-Jahr für Stümpel positiv ausgewirkt: "Wir hatten 2019 rund 40.000 Übernachtungen. 2020 dagegen – wo wir vier Monate komplett zuhatten – waren es etwa 42.000."
Ausgaben von Reisemobilisten
Reisemobilisten geben gut 530 Euro pro Person und Urlaubswoche im Zielgebiet aus. Insgesamt belaufen sich die Umsätze durch Reisemobilisten, die auf Stellplätzen oder frei übernachten, auf etwa 1,4 Milliarden Euro. Dazu kommen die Umsätze durch Fahrtkosten von Reisemobilen in Höhe von rund einer Milliarde Euro.