Kampf den Keimen im Wohnmobil-Wassertank

Was im Weltraum taugt, kann auch fürs Camping nicht schlecht sein. Es gibt eine neue Methode zur Wasserentkeimung: promobil hat die Entwicklung eines neuen Produkts fürs Wohnmobil begleitet.
Frischwasser im Wohnmobil sollte unter allen Bedingungen und für längere Zeit gesundheitlich unbedenklich – eben frisch – bleiben. Keine leichte Aufgabe, insbesondere bei hohen Temperaturen und wenn das Nass über Tage im Tank verbleiben oder der Vorrat gar aus dubiosen Quellen ergänzt werden muss. Verkeimung droht.
Die bislang probaten Methoden zur Wasserentkeimung beschränken sich auf das Abtöten von Keimen durch chlorhaltige Mittel oder auf die Hemmung des Bakterienwachstums mittels Silberionen. Chlor und Silber werden dabei zwangsläufig mitkonsumiert.
Neues Verfahren zur Wasserentkeimung: AgXX
Künftig jedoch zeichnet sich eine dritte Möglichkeit ab: die Entkeimung nach dem sogenannten AgXX-Verfahren. Hierbei fungiert eine speziell strukturierte und beschichtete Edelmetalloberfläche als antimikrobieller Kontaktkatalysator. Auf diese Weise wird durch ein mikroelektrisches Feld die Zellmembran der Bakterien geknackt. Die Keime sterben ab, ohne dass dabei irgendwelche Stoffe ins Wasser abgegeben werden.
Dieses Verfahren wurde von der Firma Adolf Edelhoff in Iserlohn perfektioniert. Sie hält nicht nur die Herstellungs- und Vertriebslizenzen für Europa, sondern hat inzwischen marktreife Lösungen für den industriellen Einsatz im Programm.
Die Wirksamkeit von AgXX wurde auf der ISS getestet
Tatsächlich hat das AgXX-Verfahren seine Wirksamkeit bereits unter verschärften Bedingungen bewiesen, und zwar auf der Internationalen Raumstation ISS. Probenträger, so berichtet das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), waren nach sechsmonatiger Versuchsphase „frei von mikrobieller Kontamination“.
Bei Edelhoff wird das Verfahren schon länger bei der Produktion metallbeschichteter Drähte, wie beispielsweise von Klaviersaiten, eingesetzt, um die vorzeitige Verkeimung teurer Galvanisierbäder zu verhindern. Campingbegeisterte AE-Mitarbeiter kamen dann darauf, das keimtötende AgXX-Gewebe versuchsweise in ihren Freizeitfahrzeugen einzusetzen. Mit Erfolg. Unser Schwerpunktthema „Wasser Spezial“ in Heft 6/2015 gab schließlich den Ausschlag, dass sich die Galvanisierprofis bei promobil meldeten, um die Chancen der AgXX-Methode auszuloten, die sie unter der Marke AE DeCont zur Marktreife führen möchten.
Wie funktioniert die AgXX-Entkeimung im Wohnmobil?
So überzeugend die Theorie auch klingen mag, was zählt, ist die Praxis. Um die Wirksamkeit der Methode zu überprüfen, starteten wir im letzten Sommer spontan einen Feldversuch, bei dem die kleinen DeCont-Gewebespiralen ihre Effizienz unter Beweis stellen sollten. Zeitgleich wurden Laborversuche beim TÜV Rheinland, Abteilung Gefahrstoffe, Mikrobiologie und Hygiene in Auftrag gegeben.
promobil-Redakteure sammelten europaweit Wasserproben an Versorgungsstationen und auf Campingplätzen – von Holland bis Norwegen, von Frankreich bis Polen. Gezapft wurde natürlich unter realistischen Bedingungen: Schlauch erst ordentlich durchspülen, auf Sauberkeit achten. Jeweils ein Probenbehälter blieb unbestückt, im zweiten dümpelte hingegen ein kleines DeCont-Spiralgitterchen. Alle Probenbehälter wurden die ganze Reise über neben dem Frischwassertank deponiert und waren den gleichen, dort herrschenden Bedingungen ausgesetzt. Sie wurden während der Fahrt durchgeschüttelt, und meist war es richtig warm neben dem Tank im Staukasten.
Wasserproben aus ganz Europa wurden getestet
Wieder zurück in Stuttgart, haben wir jeder Probe unter sterilen Bedingungen exakt einen Milliliter entnommen und auf eine Trägerplatte aufgebracht. Deren Nährboden bietet ideale Bedingungen fürs Bakterienwachstum. Unter der Wohlfühltemperatur von exakt 37 Grad Celsius durften sich die kleinen Biester im Brutschrank zwei Tage lang ungehindert vermehren. Parallel dazu hat AE-Geschäftsführer Gerhard Bürstner eine Zweitauswertung der promobil-Proben initiiert. In beiden Fällen war das Ergebnis eindeutig.
Das gängige Kriterium für die Trinkwasserqualität, respektive für eine daraus resultierende Gesundheitsgefährdung, ist die Anzahl der koloniebildenden Einheiten (KBE). Je mehr Bakterienkolonien auf dem Nährboden wachsen, desto bedenklicher ist das Nass. Werte von unter 100 KBE/ml gelten als unbedenklich, bei solchen über 300 kann es kritisch werden. Wie unsere Probe aus Norwegen beweist, kommt es im besonders reinen Trinkwasser auch nach Wochen allenfalls zu minimalem Bakterienwachstum, selbst ohne Nachbehandlung. Gerade mal 10 KBE waren auf dem Nährboden zu registrieren. Aus den in den Niederlanden und in Frankreich unbestückten Proben entwickelten sich etwas über 200 KBE; aus dem Wasser aus Polen gar 700.
Ganz anders die Wasserproben, die mit je einer DeCont-Gitterspirale bestückt waren. Auf allen vier Nährböden konnten nur maximal 10 KBE nachgewiesen werden – im Falle des norwegischen Trinkwassers hat sich keine einzige Kolonie ausgebildet. Alle hatten auch nach vielen Transporttagen noch beste Trinkwasserqualität und hätten ohne Bedenken konsumiert werden können. Um es anschaulich zu machen: Aus mikrobakterieller Sicht wäre ein Kuss weit gefährlicher.
TÜV Rheinland testet das Verfahren
Beim TÜV Rheinland ging es sogar noch härter zur Sache. Um die Wirksamkeit der DeCont-Ringe in Laborversuchen mikrobiologisch zu untersuchen, wurden Wasserproben mit definierten Bakterienstämmen kontaminiert und die Abklingrate der Bakterien beim Kontakt mit den AgXX-beschichteten DeCont-Ringen ermittelt. Und das über einen Untersuchungszeitraum von 28 Tagen. Die Kandidatenliste liest sich hier wie das Who’s-who der bakteriellen Krankmacher. Darunter E. coli, das auch als Fäkalindikator gilt und beim Menschen schwere Lebensmittelvergiftungen auslösen kann. Weiterhin: Enterococcus faecalis, das heftige Infektionen verursacht, Klebsiella pneumoniae, ebenfalls im Magen-Darm-Trakt heimisch und für Personen mit geschwächtem Immunsystem gefährlich, und schließlich Pseudomonas aeruginosa, der weitverbreitete Wasserkeim und Lebensmittelverderber aus Leitungen, Duschen und Toiletten.
Während hier die Keimzahlen der unbehandelten Proben schon nach einem Tag nach oben schossen, starben die Erreger in den AgXX-Proben innerhalb kurzer Zeit ab. Die antibakterielle Wirkung der AE-DeCont-Ringe mit AgXX-Beschichtung, so der TÜV-Abschlussbericht, konnte auch bei Testwässern mit hoher Verkeimung nachgewiesen werden.
Mittlerweile stellt Edelhoff DeCont-Patronen her. Sie sind für 100 Liter ausgelegt und sollen 98,50 Euro kosten. Für größere Tanks sind entsprechend mehr Kartuschen nötig. Sie können zwei Jahre im Tank verbleiben, die Durchmischung des Wassers fördert die Wirkung. Erste Gespräche mit den Zubehörlieferanten laufen; zusätzlich wird es einen Direktvertrieb geben (www.edelhoff-aqua.de).