Großer Mittelmotor-Fahrspaß für kleines Geld
Der MG F bietet großen Mittelmotor-Fahrspaß für wenig Geld. Die ersten Exemplare des 1995 präsentierten Roadsters sind inzwischen alt genug für ein H-Kennzeichen und damit offiziell Oldtimer. Den berühmten Namen und viel Charakter gibt's obendrauf.
Mit dem " F " hatte MG ab 1995 einen herzerfrischenden Konkurrenten zum Mazda MX-5 im Angebot. Noch dazu mit technisch anspruchsvollen Details: Seine elektrische Lenkung EPAS ist die erste ihrer Art im Großserienbau, und das Hydragas-Fahrwerk zeigt, wie simpel und effektiv eine Federung mit stickstoffgefüllten Stahlkugeln sein kann.
Roadster-Tradition: MGB, MG RV8 und MGF
Immerhin 15 Jahre liegen zwischen dem MGB-Produktionsende im Jahr 1980 und dem Marktstart des ersten Mittelmotor-MG. Zwar sprangen die Briten mit dem RV8 überraschend schnell auf den vom Mazda MX-5 ausgelösten Roadster-Boom auf, doch dessen hemdsärmelig zusammengeschusterte Kombination aus antiquiertem MGB-Fahrwerk mit hinterer Blattfeder und dem 3,5-Liter-Rover-V8 mit 190 PS kann nicht überzeugen, wenn Radien ins Spiel kommen. Drei Jahre nach Produktionsstart wurde mit Einführung des MGF der heute gesuchte, weil nur 2.000 Mal gebaute RV8 ad acta gelegt.
Der unter BMW-Regie zu Ende entwickelte und nahezu parallel mit dem Z3 präsentierte MGF bekam ein aufwendiges Fahrwerk spendiert: Nicht nur Doppelquerlenker, sondern auch die Hydragas-Federung stellen den fahrdynamischen Anspruch heraus, den die MG-Entwickler nach der langen Durststrecke bei dem neuen Roadster umsetzten.
Der Trick mit dem Hydragas-Fahrwerk
Hinter dem pfiffigen System steckt der britische Ingenieur Alex Moulton, der zunächst mit seinen Hydralastic-Gummifedern bekannt wurde. Sein Freund Sir Alec Issigonis hatte diese Gummielemente schon 1952 im Alvis TA 350 genutzt, doch erst mit dem Mini kam der Durchbruch. Er bewies, dass einfache Lösungen sehr großen Erfolg haben können.
Beim Hydragas-System arbeiten seitenweise gekoppelte Systeme zusammen; Mit Stickstoff gefüllte Federkugeln an Vorder- und Hinterrad sind mit Ölleitungen verbunden, Gas und Flüssigkeit durch eine Membran getrennt. Dieses System kann man schon fast intelligent nennen, denn wenn das Vorderrad ein Schlagloch durchfährt, erhöht sich an der Hinterachse der "Gegen-"druck. Funktioniert prima, sofern das Füllniveau des Systems stimmt, hier machen sich schon wenige Millimeter bemerkbar. Denn im Gegensatz zur Hydropneumatik von Citroën spart sich MG bei seinem System eine Pumpe, die Druckverluste ausgleichen könnte. MG empfiehlt eine jährliche Kontrolle, doch in der Regel halten die Systeme jahrelang den Druck stabil. Zudem kennen MG-Spezialisten eine pragmatische Lösung mit eingesetzten Ventilen.
Der MGF ist ruckzuck offen
Der Spaß beginnt beim MGF schon mit dem sagenhaft simplen Öffnen des Dachs: zwei Hebel lösen, nach hinten klappen, fertig. Einfacher kann das auch ein japanischer Mazda MX-5 nicht, von dem sich MG in den 90ern zu einer Antwort genötigt sah. Keine unzähligen Druckknöpfe, Steckscheiben und Rändelschrauben mehr wie bei den MG-Ahnen: Zwei Druckknöpfe fixieren die Persenning, mit etwas Übung ist in weniger als zwei Minuten die Freiheit hergestellt.
Typisch britisch: das mit feinem Leder ausgeschlagene Cockpit. Man gleitet auf den gut geschnittenen Sportsitz und blickt auf klassische Rundinstrumente mit sportlich-weißen Zifferblättern. Der Schalthebel liegt perfekt zur Hand, die Pedalerie so weit auseinander, dass auch großfüßige Frischluftfans ihre Quadratlatschen nicht einer Primaballerina gleich verdrehen müssen, wenn sie ihr Serpentinenballett aufführen. Denn genau dafür ist der MGF gemacht, wie man im Prospekt von 1998 nachlesen kann: "Die Zielvorgabe bei der Konstruktion des MGF war ebenso einfach wie ehrgeizig: Er sollte das Auto werden, das "weltweit am meisten Fahrspaß bietet."
Fahren: kurvensüchtig
Was beim MGF am meisten begeistert, ist sein direktes Fahrverhalten, das millimetergenaues Navigieren zulässt. Der Fahrer wird sofort süchtig nach Kurven, freut sich über die schmale Karosserie und den breiten Drehzahlbereich des 1,8-Liters. Doch wer es krachen lässt, dem kann ein MGF auch mal durchgehen – in diesem Fall bedeutet das dann erst Übersteuern, gefolgt von unnachgiebigem Eindrehen und Heckschleudern.
Im Kurvengewimmel gibt sich der mit einer Gewichtsverteilung von 45:55 gesegnete Mittelmotor-Roadster herrlich direkt. Auf einsamen Flickwerkstraßen begeistert das straff abgestimmte Hydragas-Fahrwerk, das überraschend viel wegsteckt, den Briten dabei immer auf Kurs hält und sehr, sehr lange neutral bleibt. Die optisch und technisch überarbeitete und abgespeckte Version MG TF, die 2002 den F ablöste, wurde übrigens wegen der aufwendiger zu wartenden und teurer zu produzierenden Technik auf ein konventionelles Stahlfeder-Fahrwerk umgerüstet. Ein nachträglicher Umbau ist auch für den MGF möglich.
Vorsicht bei MGF, die statt der serienmäßigen Mischbereifung (15-Zöller mit 185er vorn, 205er hinten; gerne auf die Dimensionen des Nachfolgers MG TF umgerüstet: 195/215 auf 16 Zoll) an beiden Achsen die gleiche Größe tragen. Zwar läuft der MGF dann nicht mehr jeder Spurrille nach, doch das Risiko noch abrupteren Abreißens der Haftreibung nimmt zu.
Dafür reicht die mager klingende Leistung des K-Motors durchaus. Auf dem Papier sorgen die 120 PS und 165 Nm sicher nicht für Begeisterungsstürme, doch der über zehn Jahre universell eingesetzte Langhuber – von Land Rover Freelander bis Lotus Elise und Caterham – macht im MGF eine gute Figur.
Langhubiger 16-Ventil-Motor
Die meisten MGF treibt mit 120 PS der K-Serien-Motor an, wie er auch im Lotus Elise oder von Rover verwendet wurde. 26 PS stärker ist die VVC-Version mit variabler Ventilsteuerung. Mit einem Facelift kommen 1999 ein 1,6-Liter mit 115 PS und ein 1,8-Liter mit 160 PS. Ab 2000 bot MG auch ein CVT-Getriebe mit Schaltpaddeln am Lenkrad. Den TF gab es zudem mit 136 PS.
Der 16-Ventiler, der auf eine Konstruktion von 1988 zurückgeht, steht dagegen in der Tradition der Langhuber, die in MGA und MGB zum Einsatz kamen. Das Bohrung-Hub-Verhältnis ist sogar fast identisch (MGB: 80,26 x 88,9, MG F: 80,0 x 89,3), und wie seine Vorfahren trumpft auch der MGF nicht mit maximaler Höchstleistung auf, sondern mit kraftvoller Leistungsentfaltung aus dem Drehzahlkeller. Im Gegensatz zu seinen gusseisernen Vorgängern gibt sich das Leichtmetall-Aggregat aber auch offen gegenüber hohen Drehzahlen. Laut aus seinem Edelstahlauspuff trompetend, dreht es willig bis über 7.000/min in den roten Bereich.
Selbst Top-Exemplare kosten unter 10.000 Euro
Um die 40.000 Mark waren damals für einen neuen MGF fällig, Servolenkung und ABS kosteten in der Basisversion zunächst extra. Rund 30 Jahre später kostet ein verlebter MGF weniger als 1.500 Euro. Selbst gepflegte Exemplare sind zu vierstelligen Preisen zu haben: 8.600 Euro notiert Marktbeobachter Classic-Analytics für einen MGF in Zustand 2. Der TF ist etwas billiger: 7.900 Euro sind in Zustand 2 fällig. Bei diesen Preisen lohnt die Suche nach einem guten Exemplar. Für versierte Schrauber kann sich der Kauf eines Schlachtfahrzeugs interessant sein, denn nach dem Brexit sind die Preise für manche Ersatzteile stark gestiegen.
Großer Erfolg, aber kein Hype
Zwar verkauften sich der MGF mit 77.269 Exemplaren und ab 2002 der MG TF (39.280 Stück) international nicht schlecht. Aber der große Hype, wie ihn etwa die Konkurrenz Mazda mit dem MX-5 oder BMW mit dem Z3 auslösen konnte, blieb aus. Der MGF war nie ein Mode-Roadster – aber immer sehr eigenständig, auch technisch. Er trägt wie die Studie EX-E von 1985 den Motor mittig. Das ist ein Konzept, das in vergleichbarer Größe allein Toyotas MR-2 bietet.