So nutzen Sie Windows, Linux und Mac OS X auf Ihrem iPad (Pro)

Windows, Linux oder Mac OS X funktionieren nicht auf dem iPad? Mit unserem Workaround ist es dennoch möglich. Hier lesen Sie, wie Sie Ihr System entsprechend einrichten.
Das iPad bietet als Hardware zwar zahlreiche Vorzüge, dennoch sind längst nicht alle Nutzer mit dem hauseigenen Betriebssystem iOS zufrieden. Allzu häufig zeigt sich dessen Bedienung für einige Anwender als zu unflexibel.
Es verwundert daher nicht, dass einige Nutzer ein Windows, ein Linux oder ein Max OS X auf ihrem iPad vorziehen würden. Apples iTunes macht Experimente dieser Art aber leider unmöglich. Selbst ein Jailbreak konnte hier keine Abhilfe schaffen.
Mit dem Tool Bochs hingegen existierte - zumindest kurzfristig - ein direkter Weg: Der Nutzer konnte die oben erwähnten Betriebssysteme direkt auf seinem iOS-Gerät installieren, ab iOS 9 ist dieses Vorgehen aber leider ebenfalls nicht mehr möglich und die Entwickler arbeiten auch schon länger nicht mehr an ihrer Software.
Fernzugriff als Alternative zur Direkt-Installation
Eine Möglichkeit gibt es aber doch: Sie können Windows, Linux oder Mac OS X per Fernzugriff auf das iPad spielen. Per WLAN streamen Sie das entsprechende Betriebssystem einfach von einem PC auf das iPad. Sie müssen zuvor lediglich eine App mit VNC-Standard-Unterstützung installieren. Die Bedienung des Desktop-Betriebssystems über das iPad ist in der Praxis kaum von einer normalen lokalen Anwendung zu unterscheiden, bei der Sie direkt am Rechner sitzen.
Was diese Lösung noch interessanter macht: Die Nutzung des Betriebssystems ist sogar über das Internet möglich. Somit werden Windows, Linux oder Max OS X auf dem iPad zu echten Cloud-Betriebssystemen. Ihr PC mit vollwertiger Hardwareausstattung steht zu Hause, während Sie von einem beliebigen Punkt in der Welt aus auf Ihrem iPad eben dieses Betriebssystem nutzen.
Rechner wie etwa der Mac Mini von Apple bieten sich für eine derartige Konstruktion an. Hier installieren Sie Windows, Linux oder Mac OS X, bevor Sie über das iPad darauf zugreifen können. Da Linux sich nur wenig hardwarehungrig zeigt, genügt in diesem Fall sogar ein Raspberry Pi 3. Ein regulärer PC ist sinnvoll, wenn Sie Windows installieren oder Linux mehr Leistung zur Verfügung stellen möchten.
Investieren Sie auch nur ein wenig Arbeit, nutzen Sie mit Ihrem iPad in Zukunft nicht nur iOS, sondern drei weitere Betriebssysteme.
Einrichtung des Macs oder PCs
Installieren Sie auf dem vorgesehenen Rechner das gewünschte Betriebssystem sowie alle notwendigen Treiber und die benötigte Software. Sie müssen das System dabei nicht direkt aufsetzen, eine Einrichtung per Virtualbox auf einer virtuellen Maschine ist ebenfalls möglich. Virtuelle Betriebssysteme sind deshalb so nützlich, weil sie vom eigentlichen System getrennt genutzt werden.
Den Rechner sollten Sie nun per Kabel mit dem Router verbinden. Über Wake-on-LAN wird das System erst hochgefahren, sobald ein Netzwerkzugriff erfolgt, womit sich natürlich viel Strom sparen lässt. Damit der Fernbetrieb störungsfrei erfolgen kann, muss der Rechner an sieben Tagen die Woche für jeweils 24 Stunden am Tag erreichbar sein. Dennoch soll er nicht die gesamte Zeit über angeschaltet bleiben und Strom verbrauchen. In der Regel sollte hierfür die Voreinstellung des jeweiligen Betriebssystems ausreichend sein, ansonsten sehen Sie schlichtweg in den Energieoptionen nach. Richten Sie eine virtuelle Maschine ein, darf sich der Host-PC nicht herunterfahren.
Wählen Sie im virtuellen System "Bridged Netzwerk" aus. Dies ist wichtig, damit der PC eine eigene IP-Adresse erhalten kann, die eine direkte Ansprache über das Netzwerk ermöglicht. Clever ist es zudem, in der virtuellen Maschine eine Bildschirmauflösung einzustellen, die zum iPad passt. Wählen Sie bei einem iPad mit 7,9 oder 9,7 Zoll eine Auflösung von 1024 x 768 Pixeln aus, bei einem iPad Pro wählen Sie 1366 x 1024.
Einrichtung des VNC-Servers
Von nun an wird die Installation etwas schwieriger. Damit die Konfiguration funktioniert, müssen Sie auf Ihrem PC einen VNC-Server einrichten. Es ist dieser Server, der später das Betriebssystem auf Ihr iPad überträgt. Gehen Sie im Falle von Mac OS X auf "Systemeinstellungen" -> "Freigaben" und aktivieren Sie die "Bildschirmfreigabe". Mac OS X liefert die benötigte VNC-Funktion standardmäßig mit.
Auch der "Gnome" genannte Desktop von Ubuntu kennt eine solche Funktion. Hier finden Sie den vorinstallierten Vino-VNC-Server unter "Freigabe der Arbeitsfläche".
Etwas schwieriger ist die Einrichtung des VNC-Servers unter Windows. Windows liefert eine derartige Funktion von Haus aus nicht mit, hier müssen Sie sich mit Programmen von Drittherstellern wie etwa TightVNC behelfen.
Wenn Sie möchten, können Sie den neu eingerichteten VNC-Server mit einem Passwort vor unbefugtem Zugriff schützen. Das ist insbesondere dann angeraten, wenn der Rechner selbst eine automatische Anmeldung ohne Passwort vorsieht. Ist der Rechner bereits mit einem Passwort geschützt, sollten Sie kein weiteres Passwort für den VNC-Server vergeben - ansonsten könnte es beim Login zu Komplikationen kommen.
So installieren Sie den VNC-Client
Im nächsten Schritt sollten Sie auf Ihrem iPad einen passenden VNC-Client für die Kommunikation mit dem VNC-Server einrichten. Dabei steht Ihnen eine riesige Auswahl an möglichen Clients zur Verfügung, wir empfehlen jedoch den RealVNC VNC-Viewer. Neben der leichten Bedienung profitiert der Nutzer von der Erfahrung des Entwicklers, der auch für das bekannte TightVNC verantwortlich zeichnet.
Um den RealVNC-Client verwenden zu können, muss nicht unbedingt auch ein RealVNC-Server eingesetzt werden. Der RealVNC-Server ist jedoch immer dann sinnvoll, wenn es mit der VNC-Standardlösung des Betriebssystems zu Problemen kommt. In der Praxis sollte eine Zusammenarbeit allerdings mit allen Clients und Servern möglich sein, da es sich bei VNC um ein Standardprotokoll handelt.
Damit Sie sich mit Ihrem neuen Server verbinden können, müssen Sie dessen IP-Adresse kennen. Geben Sie dazu den Befehl "ipconfig" in die Eingabeaufforderung ein, wenn es sich um ein Windows-System handelt. Unter Linux und Mac OS X begeben Sie sich in das Terminal und nutzen den Befehl "ifconfig". In den Netzwerkeinstellungen können Sie die IP ebenfalls finden.
Auf keinen Fall sollten Sie die interne mit der externen IP verwechseln. Die externe IP stammt vom Provider, Sie benötigen aber die interne IP Ihres Netzwerks.
Nun können Sie auf dem iPad RealVNC starten und die soeben herausgefundene IP eingeben. Jetzt erscheint der Desktop Ihres Rechners. Sie können das Betriebssystem nutzen, als würden Sie direkt vor dem PC sitzen.
Auf die richtigen Router-Einstellungen kommt es an
Möchten Sie nun über das Internet auf den Rechner zugreifen, können Sie schlichtweg die Router-Ports freigeben. Dies ist in der Praxis aufgrund möglicher Sicherheitsprobleme jedoch nicht zu empfehlen. Stattdessen sollten Sie lieber ein virtuelles privates Netzwerk (VPN) starten: Über eine verschlüsselte Verbindung greifen Sie so per VPN von einem beliebigen Ort aus auf Ihren Rechner zu. Das ist deutlich sicherer, als den eigenen Rechner durch eine Port-Öffnung Millionen möglicher Gefahren im Internet auszusetzen.
Für die Einrichtung eines VPN müssen Sie in der Regel nicht mehr tun, als die Router-Einstellungen aufzurufen. So bietet die Fritzbox von AVM zum Beispiel eine entsprechende Funktion an. Die Einrichtung gestaltet sich recht einfach.
Sie möchten Ihr neues Desktop-Betriebssystem nun endlich auch außerhalb des Heimnetzwerkes nutzen? Dann müssen Sie Ihr iPad zuerst mit dem VPN verbinden. Danach starten Sie RealVNC und greifen dann auf Windows, Linux oder Mac OS X zu. Je nachdem, für welche oben beschriebene Installationsart Sie sich entschieden haben, nutzen Sie das Betriebssystem des Rechners oder aber jenes in einer virtuellen Maschine. In der Praxis ergibt sich im Prinzip kein Unterschied.
Ein weiterer Tipp: Falls sich die Steuerung des Desktop-Betriebssystems auf dem iPad doch nicht so einfach gestalten sollte wie erwartet, hilft ein Klick auf das kleine Fragezeichen, das Sie in der Steuerungsleiste Ihrer VNC-Verbindung vorfinden. Hier können Sie eine Auflistung und Erklärung aller unterstützen Gesten einsehen.