Autonom & aktualisierbar ab 2024
Updates aus der Cloud, das kann aktuell eigentlich nur Tesla. Damit sich das ändert, holt sich Mercedes NVIDIA an Bord. Los geht's in 4 Jahren mit der nächsten Generation der E-Klasse.
Egal ob elektrisch, mit Verbrenner oder kombiniert: Wenn's ums klassische Auto geht, sind die deutschen Autobauer vielleicht nicht immer die Schnellsten, dank ausgeprägter Ingenieurs-Power aber grundsätzlich in der Lage, Entwicklungs-Rückstände mit hohem Tempo aufzuholen. Nicht ganz so einfach sieht die Sache überall dort aus, wo aus der analogen Mobilie ein hochvernetztes und intelligentes Fahrzeug werden soll. Bestes Beispiel: Tesla. Jahrelang haben sich vor allem die deutschen Autohersteller daran abgearbeitet, Tesla in Sachen Elektroantrieb nicht allzu weit davonfahren zu lassen, nur um jetzt lernen zu müssen, dass Teslas wichtigster Vorsprung gar nicht das Auto selbst ist, sondern die Kombination aus Sensorik, Vernetzung und der passenden Software. So ein Tesla liefert permanent Daten und wird per Over-the-Air-Updates (OTA) immer besser. Und zwar in allen Bereichen, vom Infotainment übers Navi bis hin zu den Assistenzsystemen.
Man kennt und schätzt sich
Das wissen sie natürlich auch unterm großen Stern und holen sich deshalb jetzt Unterstützung von NVIDIA. Mercedes und NVIDIA? Da war doch was! Stimmt. Der Chip-Spezialist aus dem kalifornischen Santa Clara und der Premium-Autobauer sind in Sachen Zusammenarbeit ganz gut aufgestellt. NVIDIA liefert nicht nur die passenden Chips und die Software-Plattform für das gemeinsam mit Bosch aufgesetzte Level-4-Projekt, sondern steckt auch hinter der künstlichen Intelligenz des Mercedes-MBUX-Cockpits. Künftig geht die Kooperation allerdings noch deutlich weiter.
Updates schaffen Werte
Gemeinsam mit NVIDIA wollen die Schwaben ein fahrzeuginternes Computersystem mit KI-Fähigkeiten aufbauen, das künftige Mercedes-Modelle in die Lage versetzt, automatisierte Fahrfunktionen und Assistenzsysteme anzubieten, die nicht nur permanent dazulernen, sondern auch upgradefähig sind. Ziel der Übung: Kommende Mercedes-Generationen sollen zum Beispiel Pendler-Strecken automatisiert fahren, im ersten Schritt mit dem menschlichen Fahrer als Aufpasser (Level 2 & 3), später dann bis hin zum selbstständigen Fahren (Level 4). Zusätzlich solle es zahlreiche weitere Sicherheits- und Komfortanwendungen geben, die es Mercedes-Kunden möglich machen, Software-Anwendungen und Abonnement-Dienste via Over-the-Air-Updates (OTA) kaufen und hinzufügen zu können. "So wollen wir die Sicherheitssysteme kontinuierlich auf dem neuesten Stand halten und damit auch den Wert des Fahrzeugs immer wieder steigern", erklärte Mercedes-Chef Ola Källenius bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit NVIDIA-Boss Jensen Huang.
Modellzyklen kosten Zeit
Wann geht's los? 2024. Das hört und fühlt sich nicht nach einem Hochgeschwindigkeitsprojekt an, entspricht aber dem Modellzyklus, in dem die meisten Autohersteller denken und entwickeln. Die Fahrzeuge, die in den nächsten zwei, drei Jahren auf den Markt kommen, sind "fertig" und lassen sich nicht kurzfristig umkrempeln. Darum geht es aber, wenn man tun will, was Mercedes mit NVIDIA vorhat. In den Autos, die aktuell vor unseren Garagen stehen, sorgen zwischen 70 und 120 Steuergeräte dafür, dass die Elektrik tut, was man als Autofahrer gerne von ihr hätte: Elektrisch Fenster heben, die Lenkung unterstützen, die Bremskraft verstärken, radarbasiert den Abstand halten oder auch ganz profan das Radio einschalten. Und jedes dieser Steuergeräte spricht seine eigene "Programmier”-Sprache. In diesem Programmiersprachen-Babel das Auto per OTA-Update schlauer oder besser zu machen, ist schlicht unmöglich. Alleine schon deshalb, weil sich die digitale Infrastruktur von Baureihe zu Baureihe unterscheidet.
Neue Fahrzeugelektronik
Deshalb braucht es eine komplett neue Fahrzeugelektronik. Wenige zentrale Rechner, statt zig einzelner Steuergeräte. Ob dabei künftig einer, zwei oder drei Computer die Arbeit übernehmen, oder vielleicht sogar nur ein zentrales System, ist nicht wirklich relevant. Entscheidend ist lediglich, dass sie die gleiche Sprache sprechen. Vernetzt sind die Computer im Auto künftig übrigens nicht mehr per CAN-Bus-System, sondern über klassische Ethernet-Verbindungen. Die sind schneller, günstiger und auch noch leichter.
Mercedes-Betriebssystem in Entwicklung
NVIDIA wird bei Mercedes künftig einen der zentralen Auto-Computer liefern. Nämlich den, der sich um das automatisierte Fahren und die Assistenzsysteme kümmert. Das System mit dem Namen Orin basiert auf der neuen Ampere-Supercomputing-Architektur von NVIDIA, die leistungsfähig genug fürs autonome Fahren ist. Daneben braucht es weitere Superhirne. Eines für die klassischen Fahrfunktionen. Und meistens noch eines fürs gesamte Infotainment. Den Takt gibt ein eigenes Betriebssystem, das stehts das gesamte Fahrzeug im Blick hat. Auch daran arbeiten sie bei Daimler. Wenn's gut läuft, wird alles 2024 fertig und erlebt seine Weltpremiere in der nächsten Generation der E-Klasse. Die wurde aktuell aufgefrischt und passt mit ihrem Generationswechsel 2024 ideal ins Timing.