Diesel Software-Update ersetzt Notlaufprogramm

Bisher bedeutete ein leerer Zusatzstoff-Tank für viele Diesel das Aus. Jetzt kündigt sich in den USA ein überraschender Kurswechsel an.
Während Diesel-Fahrer in Europa bei leerem AdBlue-Tank sofort gestoppt werden, geht die US-Umweltbehörde EPA einen anderen Weg. Ab 2027 sollen Nutzfahrzeuge und Pick-ups in den USA nicht mehr abrupt in ein Notlaufprogramm schalten. Stattdessen setzt die Behörde auf stufenweise Leistungsdrosselungen, die per Software geregelt sind. Ziel sei es, die Zuverlässigkeit von Fahrzeugen zu erhöhen und Ausfälle zu vermeiden.
AdBlue – in den USA als DEF (Diesel Exhaust Fluid) bezeichnet – ist eine Harnstofflösung, die im SCR-Katalysator Stickoxide (NOx) umwandelt. Ohne diese Flüssigkeit steigt der NOx-Ausstoß deutlich an. In Europa schreibt die Gesetzgebung daher vor, dass ein Fahrzeug ohne AdBlue entweder in einen stark eingeschränkten Notlaufmodus wechselt oder gar nicht mehr startet.
In den USA war die technische Umsetzung bislang ähnlich. Hersteller programmierten Motorsteuerungen so, dass bei leerem DEF-Tank ein sogenannter Limp Mode einsetzte. Die Leistung wurde drastisch reduziert, in manchen Fällen auf Schrittgeschwindigkeit. Ein explizites Gesetz gab es dafür nicht, die Praxis hatte sich jedoch als Standard etabliert.
Neue EPA-Regeln
Die EPA erklärt diese Praxis nun für beendet. "Solche softwaregesteuerten Einschränkungen sind inakzeptabel und unnötig", sagte EPA-Leiter Lee Zeldin auf der Iowa State Fair
Ab Modelljahr 2027 gilt:
- Schwere Sattelzugmaschinen dürfen nach Unterschreiten des DEF-Minimums zunächst eine volle Tagesfahrt absolvieren. Danach reduziert die Software die Motorleistung um 15 Prozent. Erst nach rund vier Wochen im DEF-Mangelzustand wird die Höchstgeschwindigkeit auf etwa 40 km/h begrenzt.
- Schwere Pick-ups erhalten noch großzügigere Fristen: Erst nach 4.200 Meilen oder 80 Betriebsstunden setzt eine Drosselung auf 72 km/h ein.
Bestandsfahrzeuge sollen über Software-Updates angepasst werden. Laut EPA gibt es dazu bereits veröffentlichte Richtlinien, die sie gemeinsam mit der Industrie erarbeitet haben wollen.
Praxisfolgen
Für Fahrer von Lkw, Landmaschinen und Pick-ups bedeutet das mehr Planungssicherheit. Während in Europa ein leerer AdBlue-Tank sofort zum Stillstand führt, können US-Fahrzeuge auch bei DEF-Mangel noch weiter genutzt werden. Besonders Landwirte und Spediteure sollen so vor kostspieligen Ausfällen geschützt werden.
Kritiker warnen allerdings vor höheren Emissionen. "DEF reduziert Stickoxide um bis zu 99 Prozent. Jede Umgehung schwächt die Wirksamkeit des Systems", heißt es in einem Kommentar des Portals GearJunkie. Die EPA verweist dagegen auf den Mittelweg zwischen Umweltschutz und Praxistauglichkeit: Fahrzeuge sollen zwar weiter fahren können, die Nutzung ohne Abgasflüssigkeit aber nicht dauerhaft attraktiv sein.
Im Video sehen Sie eine Abgasmessung beim Mercedes W123.