Mercedes GLK
Es wird spannend im Karpfenteich der kompakten SUV, denn Mercedes setzt dort im Herbst den GLK aus. Die erste Geländefahrt zeigt, dass der kantige Allradler als toller Hecht gelten kann.
Die vergangene Nacht hat es durchgeregnet. Der Boden ist schwer, erinnert eher an eine Fango-Packung als an eine Fahrbahn. Tapfer steht der kaum getarnte Mercedes GLK vor dem hügeligen, mit tiefen Löchern übersäten Offroad-Gelände. So mancher Fahrer würde sich in diesem Moment eher einen richtigen Hardcore-Kletterer vom Typ Defender, Wrangler oder G-Modell wünschen.
Denn von der Papierform her kann der GLK den Allrad-Ikonen nicht das Schlammwasser reichen. Er watet besser nur durch Pfützen, die nicht tiefer als 30 Zentimeter sind, während die Großen oft Wasserlöcher mit doppelter Tiefe meistern. Obendrein verzichtet er auf kräftige mechanische Sperren an den Achsen, und seine Einzelrad-Aufhängung verspricht bei dem wichtigen Offroad-Thema Verschränkung ebenso wenig Großtaten wie der im Prinzip von der C-Klasse entliehene Allradantrieb.
GLK hat eine fixe Antriebsmomenten-Verteilung
Immerhin treibt er permanent alle vier Räder an, was in der kompakten SUV-Klasse eher ungewöhnlich ist. Viele sind im Hauptberuf Fronttriebler und müssen entweder manuell auf Allrad getrimmt werden oder überlassen das Zuschalten der zweiten Achse einer Automatik. Beim GLK gibt es hingegen eine fixe Antriebsmomenten-Verteilung zwischen Vorder- und Hinterachse, wobei den Vorderläufen nur 45 Prozent, den Hinterrädern im Normalfall aber 55 Prozent zugeteilt werden.
ESP greift ein und bremst durchdrehende Räder ab
Auch das ist ungewöhnlich, verbessert aber laut Mercedes die Fahrstabilität auf rutschigem Untergrund enorm. Bei genauem Hinsehen entdeckt man im Mitteldifferenzial zudem eine Kupplung, die unter ganz widrigen Umständen – etwa wenn die Räder einer Achse durchzudrehen beginnen – immerhin eine Sperrwirkung von 50 Newtonmetern hat. Klingt nach wenig, bringt jedoch am einzelnen Rad, bedingt durch Achs-Übersetzungen, bis zu 400 Newtonmeter übertragbares Moment. Selbstverständlich greift auch das ESP helfend ein und bremst durchdrehende Räder ab, damit die Kraft nicht verpufft.
Allradantrieb wird im eigenen Haus gebaut
Anders als bei dem in Österreich bei Magna-Steyr gefertigten G-Modell stammt dieser Antrieb übrigens von Mercedes und wird im eigenen Haus gebaut. So, sagt Thomas Merker, der Chefingenieur für alle Geländewagen-Baureihen, ließ sich die Technik optimal auf die Gegebenheiten in den verschiedenen Karosserien anpassen. Klein musste er sein, damit er in den Limousinen Platz findet, ohne dass am Getriebetunnel teure Änderungen für die 4matic-Versionen von C- und S-Klasse nötig wurden.
Platzangebot entspricht der Mittelklasse
Seine kompakte Bauform ist natürlich auch im GLK kein Nachteil, denn Einschränkungen im Fußraum gibt es keine. Das Platzangebot vorne wie hinten entspricht der Mittel-, nicht der Kompaktklasse. Selbst der Armaturenträger wirkt erwachsen und erinnert – abgesehen vom fest statt versenkbar installierten Navigationsdisplay – stark an das Pendant in der C-Klasse. Gut so, denn die Bedienung geht flüssig von der Hand.
Offroad-Modus für das Gelände
An zwei Schalter muss man sich dagegen erst gewöhnen. Einer aktiviert die Bergan- und -abfahrhilfe, die es erlaubt, mit Geschwindigkeiten zwischen vier und 18 km/h steile Hügel hinabzurollen. Der andere schaltet den GLK in den Offroad-Modus und hilft, das Auto abseits der Straße weicher zu fahren: Das Gaspedal spricht weniger direkt an, die Gänge der Automatik werden länger gehalten, und die ABS-Regelung passt sich dem rutschigen Untergrund an. Mehr allradspezifische Eigenheiten finden sich am GLK nicht.
Trotzdem bleibt die Frage, ob das für ein Durchkommen unter schwierigen Bedingungen reicht. Allein sicher nicht, weshalb Mercedes den Prototyp auf griffige Bridgestone Dueler A/T-Reifen im 17-Zoll-Format gestellt hat, wie sie jeder Kunde ab Herbst 2008 für seinen GLK bestellen kann. Also Motor an und auf ins Gelände.
Im Aufbau so steif wie der große G
Erster Eindruck: alles ruhig. Dass der kultivierte V6-Benzinmotor im Bug keinen Krawall machen würde, war zu erwarten, doch die Karosserie bleibt ebenso stumm. Trotz übler Löcher und Verschränkungsstrecken, auf denen immer wieder nur zwei Räder Bodenkontakt haben, ist kein Knacken zu hören. Im Aufbau scheint der kleine GLK so steif wie der große G zu sein. Außerdem weicht zusehends die Skepsis gegenüber den Talenten des Kompakt-SUV. Fahrten schräg zum Hang werden eher durch empfindliche Passagiere als von der Technik beschränkt – ein erstes Indiz für brauchbare Gelände-Tauglichkeit.
Nur 20 Zentimeter Bodenfreiheit./strong>
Dann folgt eine Reihe verschiedener Anstiege. Kurz, aber mit Kurven, lang und besonders steil, teilweise mit wechselndem Winkel – der Mercedes nimmt sie vergleichsweise gelassen. Sind Buckel drin, schleift er kurz mit dem Unterboden und erinnert damit an seine milden 20 Zentimeter Bodenfreiheit. Auch die Böschungswinkel sind mit 23 Grad vorn und 25 Grad hinten nicht für extremes Gelände geeignet, dürften aber für neun von zehn GLK-Kunden ausreichen.
Misshandlung verkraftet das System ohne Probleme
Mittlerweile steht der Prototyp auf dem höchsten Hügel des Geländes, es geht steil bergab. Zu Fuß käme man hier nicht heil herunter. Im Profil der Dueler sitzt eine Menge Schlamm, und selbst die vier km/h, die die Bergabfahrhilfe zulässt, sind für diesen Abstieg zu schnell. Trotzdem gilt das alte Honecker-Zitat: „ Vorwärts immer, rückwärts nimmer.“ Langsam kriecht der GLK Richtung Talsohle, der Fahrer hat einen Fuß leicht auf der Bremse. Diese kurze Misshandlung verkraftet das System ohne Probleme. Gar nicht so übel, was der neue Allrad-Mercedes im Gelände alles kann.
Komfort auf normalen Straßen
Noch besser und wichtiger im Alltag ist allerdings, dass der GLK auch auf ganz normalen Straßen mit sicheren Fahreigenschaften und gutem Komfort überzeugt. Sogar gemeinen Schlaglöchern oder kurzen Bodenwellen nimmt er den Schrecken, die geschmeidige Federung erinnert eher an eine gehobene Limousine als an ein nicht zugerittenes Wildpferd. Aber das kann man ja auch von einem Mercedes-Offroader wohl erwarten.