Outlander, X-Trail, Toyota RAV4
Mitsubishi Outlander, Nissan X-Trail und Toyota RAV4 sollen dank Allradantrieb sowohl auf Asphalt wie auf Waldwegen zu Hause sein. Der Vergleichstest offenbart große Unterschiede.
Noch vor 15 Jahren fuhren praktisch nur Träger grob karierter Hemden und Freunde des Waidwerks ein allradgetriebenes Auto. Heute dagegen scheint fast jeder Stadtmensch auf die Jagd zu gehen, und sei es auch nur nach Schnäppchen. Ein solches war schon der erste Toyota RAV4, der 1994 den Boom der vierradgetriebenen Freizeitmobile auslöste, die Gelände meist nur als Stichstraße zur Pferdekoppel unter die Räder kriegen. Den RAV4 gibt es längst in der zweiten Generation, und die muss sich, anders als der Ur-RAV, mit einer ganzen Reihe von Konkurrenten herumschlagen. Dazu zählt der jüngst geliftete Nissan X-Trail ebenso wie der vor kurzem erschienene Mitsubishi Outlander, die sich hier zum Vergleichstest mit Zweiliter-Benzinmotoren ins Gewühl stürzen. Permanent wird die Kraft allerdings nur beim RAV4 an alle Räder geleitet, auf griffigem Untergrund verteilt er jeweils 50 Prozent an die Vorder- und Hinterachse. Mitsubishi hat seinem Outlander ein Antriebs-Paket verpasst, das auch im Pajero Pinin Dienst versieht und vornehmlich die Vorderräder mit Kraft versorgt. Erst wenn die Elektronik dort Schlupf registriert, werden die Hinterräder zugeschaltet. Nissan hat sich für eine eigene Allrad-Alternative entschieden und bietet die Möglichkeit, in den Antriebsstrang einzugreifen. Per Drehschalter kann zwischen reinem Vorderrad-Antrieb und automatischer Aktivierung der hinteren Räder bei Schlupf an der Antriebsachse gewählt werden. Selbst ein starrer Durchtrieb mit komplett gesperrtem Mittendifferenzial ist möglich. Durch dieses Antriebskonzept ist der X-Trail seinen Mitstreitern im Gelände überlegen. Da jedoch allen ein Reduktionsgetriebe fehlt, ist ein verschärfter Offroad-Einsatz illusorisch. Echte Naturburschen werden daher mit keinem der Testkandidaten glücklich, es sei denn, sie schätzen auf Asphalt gutes Handling und ansprechende Fahrleistungen – Tugenden, mit denen der RAV4 stets brillierte und die die Basis für seinen anhaltenden Erfolg darstellen. Auch in diesem Umfeld wieselt er den Konkurrenten davon, bei den Fahrdynamik-Prüfungen ebenso wie auf gewundenen Landstraßen. Dabei bietet er die höchste Fahrsicherheit, weil er als Einziger im Test mit ESP (bei Toyota Vehicle Stability Control VSC genannt) lieferbar ist. Mit seiner für einen Geländewagen ungewöhnlich präzisen Lenkung und dem straffen, verbindlich agierenden Fahrwerk sind untypisch hohe Kurvengeschwindigkeiten möglich. Der RAV fühlt sich auf der Landstraße an wie ein höher gelegtes Sportcoupé – ein Eindruck, der von der Motorcharakteristik zusätzlich unterstrichen wird. Der Zweiliter-Vierzylinder geht aus niedrigen Drehzahlen munter zur Sache und dreht fast so willig wie ein Zahnarztbohrer. Allerdings sind hohe Drehzahlen hier wie dort mit unangenehmen Nebengeräuschen verbunden. Ab 4300/min dröhnt der Vierventiler unerfreulich laut, wobei im fünften Gang dann gerade einmal 150 km/h anliegen. Höhere Geschwindigkeiten werden wegen des Lärms freiwillig gemieden. Spürbar weniger dynamisch, aber erheblich komfortabler ist man mit dem X-Trail unterwegs.
Er bügelt jene Wellen glatt, die der RAV weitgehend ungefiltert an seine Passagiere weiterleitet. Die kommode Fahrwerksabstimmung lässt allerdings in Kurven etwas mehr Seitenneigung zu. Zusammen mit der um die Mittellage träge ansprechenden Lenkung erscheint der X-Trail für flotte Landstraßen-Ausfahrten weniger geeignet, und bei flotter Fahrweise schiebt er vergleichsweise stark über die Vorderräder. Dieser Effekt lässt sich allerdings mit zugeschaltetem Allradantrieb etwas mindern, da er dem X-Trail zu mehr Neutralität verhilft. Den Komfort-Eindruck der Fahrwerksabstimmung unterstreicht der Motor. Seine Stärke ist weniger ausgesprochene Spritzigkeit als vielmehr Laufkultur und -ruhe. Dass er dabei spürbar durstiger agiert als der Toyota.Vierzylinder, ist allerdings ein unschöner Nebeneffekt. Sechs- statt der vorhandenen Fünfganggetriebe wären in beiden Fällen die Lösung: beim Toyota zur Drehzahl- und Geräuschabsenkung, beim Nissan zur Mäßigung im Verbrauch. Am besten kann der Outlander von Mitsubishi auf den sechsten Gang verzichten. Er läuft auch mit der Fünfgangbox leise und liegt beim Benzinkonsum dennoch auf dem Niveau des Toyota. Motor und Getriebe harmonieren so gut miteinander, dass sich das Leistungsdefizit beim Durchzug nur wenig bemerkbar macht. So kann der neue Outlander dem Toyota sowohl beim Komfort wie im Antriebskapitel Paroli bieten. Er leistet sich aber andere Blößen, die umso erstaunlicher wirken, wenn man bedenkt, dass er der jüngste Testkandidat ist. Ein Beispiel ist die magere Sicherheitsausstattung, wo kaum das Nötigste vorhanden ist und seitliche Kopf-Airbags nicht lieferbar sind. Auch bei der aktiven Sicherheit muss der Outlander Federn lassen. Es fehlt nicht nur ein ESP, sondern auch die µ-Split-Bremsung offenbart eine we-nig gelungene Abstimmung des ABS. Sie simuliert ein Verzögern, bei dem die rechten Räder auf Eis, die linken dagegen auf nassem Asphalt gestoppt werden. Der Outlander ist hier am schwierigsten auf Kurs zu halten und braucht unzeitgemäß viel Auslauf, bis er zum Stehen kommt. Wie steht es um die zweite große Tugend der Freizeitmobile, den Transport sperriger Sportgeräte?
Hier zeigt sich erneut der hohe Reifegrad des Toyota. Er macht das Beladen leicht, weil sein Kofferraum durch eine große Tür zugänglich ist, die eine niedrige Ladekante und eine sehr breite Öffnung freigibt. Einziges Manko: Die Tür ist rechts angeschlagen und öffnet aus mitteleuropäischer Sicht zur falschen Seite. Immerhin fasst der Kofferraum das meiste Gepäck und lässt sich durch die mit wenigen Handgriffen komplett entfernbare Rückbank auch am einfachsten nutzen. Wozu das große Volumen gut sein soll, erschließt sich bei der mageren Zuladung von nur 399 Kilogramm allerdings nicht.
Immerhin 533 Kilogramm verkraftet der Nissan, aber auch diese Zahl relativiert sich, denn der kompakte Peugeot 307 Break darf 562 Kilogramm zuladen. Die Ladefläche des X-Trail reicht nicht ganz so weit herunter wie die des RAV4. Der fährt sein Ersatzrad an der Hecktür spazieren, während Nis san den Pannenhelfer im Souterrain verbirgt. Dort liegt dann ein vollwertiger Pneu, der zum Geländewagen gehört wie der Allrad-Antrieb. Mitsubishi sieht dies offenbar nicht so, denn im Outlander kauert nur ein schmales Notrad. Schon zarte Geländeausflüge könnten daran scheitern – wie auch Touren mit großem Gepäck, denn sein Kofferraum fasst im Normalfall nur 402 Liter, und die müssen auch noch durch eine schmale Öffnung hineingezwängt werden. Trotz größter Außenlänge verfügt der Mitsubishi also über das kleinste Gepäckabteil. Wer jetzt jedoch glaubt, hier wäre Platz zugunsten der Passagiere abgezwackt worden, sieht sich getäuscht. Weder vorn noch hinten sitzt man wesentlich besser als im Toyota. Sollen vier Erwachsene auf längeren Strecken bequem reisen, kann die Wahl hier nur auf den X-Trail fallen. Er bietet zudem die bequemsten Vordersitze und statt besserer Notsitze im Fond eine Rückbank im Limousinen-Format.
Dass er diesen Vergleichstest dennoch nicht gewinnt, liegt nicht zuletzt an der unsinnigen Anordnung seiner Instrumente in der Mitte. Größere Unzulänglichkeiten offenbart freilich der Outlander, der weder Geländewagen noch Kombi ist und auch sonst mit Reizen geizt. Er hinterlässt einen farblosen Eindruck, der gar nicht zu einem potenziellen Spaßmobil passt. Der RAV4 hingegen macht kaum Zugeständnisse und wirkt doch wie ein gelungener Kompromiss. Wahrscheinlich ist gerade das sein Erfolgsrezept.