Hamiltons Pechsträhne geht weiter
Mercedes kann sich nur selbst schlagen. Wieder traf es Lewis Hamilton. Der Weltmeister blieb im Q3 mit dem gleichen Defekt liegen wie in Shanghai. Die Isolierung der MGU-H ist durchgebrannt. Warum?
Es ist wie verhext. Während sich Nico Rosberg von der Pole Position auf seinen dritten geruhsamen Rennsonntag freuen kann, hat Lewis Hamilton schon beim Start wieder viele Autos vor seiner Nase. Es war ein Déjà-vu. Wie in Shanghai spürte Hamilton in seiner Aufwärmrunde, dass der Mercedes-V6 Leistung verlor. Wieder war es Elektro-Power. Die MGU-K stellte ihren Dienst ein, nachdem an der MGU-H eine Isolierung durchgebrannt war. Diesmal immerhin im Q3 und nicht schon zu Beginn der Qualifikation.
Gleicher Defekt bei Mercedes wie in Shanghai./strong>
Die Mercedes-Techniker kennen diesen Defekt. Es ist der gleiche wie in Shanghai. "An einer Spindel in der MGU-H ist die Isolierung durchgeschmort", berichtete Teamchef Toto Wolff. Da nach dem Schaden in China alle Isolierungen durch eine spezielle Qualitätskontrolle gegangen waren, ist es eher unwahrscheinlich, dass Hamilton zwei Mal einen schadhaften Satz ausgefasst hat. Wolff: "Die Wurzel des Schadens muss woanders liegen. Und die müssen wir finden."
Niki Lauda schimpfte: "Der gleiche Schaden zwei Mal darf nicht passieren. Ich muss gleich den Andy anrufen." Gemeint war Motorenchef Andy Cowell. Nach Rücksprache mit der Fabrik in Brixworth kam der Verdacht auf, dass möglicherweise eine Elektronikbox unter bestimmten Umständen falsche Kommandos gibt, die zu einer Überhitzung der Spindel führen.
Zwei Mal traf es Hamilton
Wolff rätselt: "Es ist schon komisch, dass es zwei Mal in der Runde aus der Box raus passiert." Komisch deshalb, weil der Motor da noch nicht unter voller Last läuft. Komisch auch, dass es zwei Mal Hamilton trifft und Rosberg von der Seuche verschont bleibt. Da drängt sich die Frage auf: Macht Rosberg in der Aufwärmrunde unbewusst etwas anders als sein englischer Kollege? Oder fährt Hamilton andere Motorparameter? "Wir müssen alles in Betracht ziehen, dürfen nichts ausschließen", fordert Wolff.
Hamilton kann die Wiederholung des Defekts nicht verstehen: "Da testen wir jeden Tag 800 Kilometer und nichts geht kaputt. Und dann gleich zwei Mal dasselbe. Obwohl wir geglaubt haben, dass dieses Problem gelöst wurde. Das ist schwer zu verstehen. Ich bin neugierig, was da wirklich los ist und will von meinen Ingenieuren jetzt jedes Detail wissen."
Rückgriff auf Motor 1 oder nur Teiletausch?
Mercedes will erst am Sonntagmorgen entscheiden, ob man zu Motor 1 zurückkehrt, der mit neuem Turbolader und neuer MGU-H als Ersatzaggregat nach Russland geflogen wurde. Oder ob Motor 2 im Auto bleibt und in der Antriebseinheit nur Turbolader, MGU-H und die im Verdacht stehende Steuereinheit getauscht werden. Die Entscheidung fällt laut Wolff in Brixworth. "Wir spielen dort alle Möglichkeiten durch und prüfen, was auf die Funktion der MGU-H einen Einfluss haben könnte. Dann legen wir fest, welche Teile getauscht werden, und ob wir neue Teile einfliegen müssen."
Das Resultat für die Startaufstellung ist in beiden Fällen gleich. Hamilton wird von Startplatz 10 aus ins Rennen gehen. Ein kompletter Motorwechsel gilt als Austausch von Teilen unter der Parc fermé-Regel. Solange sich die Einheit noch im Kontingent der fünf Triebwerke befindet. FIA-Rennleiter Charlie Whiting zitiert Paragraf 44.2 des Sportgesetzes: "Ein Teil darf ohne Strafe ausgetauscht werden, wenn es in seinem Design, seinem Gewicht, seinem Trägheitsmoment und seiner Funktion dem Originalteil ähnelt." Das wäre der Fall, weil Mercedes keine neue Spezifikation an den Start bringt.
Hamilton erinnert an Rosberg-Rennen von 2014
Für Hamilton ist es trotzdem eine bittere Nachricht. Er wird so oder so beim Turbolader und der MGU-H bereits die dritte von fünf Komponenten im System haben. Sebastian Vettel könnte sagen: Willkommen im Club. "Ich habe jetzt nur noch drei Motoren und zwei der fraglichen Komponenten übrig. Da muss ich damit rechnen, dass mich irgendwann eine Strafe trifft. Das große Ziel rückt immer weiter weg."
Hamilton sieht auch vom zehnten Startplatz noch eine Chance. "Nico war vor zwei Jahren Letzter und ist am Ende Zweiter geworden. Ich muss nur mein Auto in einem Stück durch die erste Runde bringen." Hamilton will in Sochi wieder auf Angriff schalten. "Du kannst sowieso nicht planen, was in der ersten Kurve passiert. In China war ich vorsichtig und bin getroffen worden. Dann kann ich auch gleich auf Attacke fahren."