Massa in Rekordlaune
Felipe Massa wollte schon aufhören. Der Rücktritt von Nico Rosberg brachte ihn zurück. Am fünften Testtag fuhr der 35-jährige Brasilianer Bestzeit und legte mit 168 Runden einen Marathon zurück.
Bis Anfang Januar war Felipe Massa ein zurückgetretener Rennfahrer. Dann spielte ihm das Schicksal einen Steilpass zu. Der Veteran aus Sao Paulo verschob seinen Rücktritt um ein Jahr. Weil Williams Ersatz für Valtteri Bottas brauchte. Augenzwinkernd erzählt Massa: „Als ich von Nicos Rücktritt hörte, dachte ich mir: Wäre schön, wenn jetzt einer von Mercedes anruft.“ Der Anruf kam, aber am anderen Ende der Leitung war nicht Toto Wolff, sondern Claire Williams.
Es brauchte nicht viel Überzeugungsarbeit. Hätte Williams ihm bereits im August ein Angebot gemacht, hätte Massa schon da zugegriffen. Der Vize-Weltmeister von 2008 erklärte nur seinen Rücktritt, weil Williams damals keinen Platz für ihn hatte und es auch kein Cockpit in einem anderen konkurrenzfähigen Team gab. Nur dabei zu sein um des Dabeisein willens, das wollte er sich nicht antun.
Rücken, Schultern und Nacken schmerzen
Die Wintertestfahrten begannen für Massa mit 103 Runden und der drittbesten Zeit am ersten Tag. Dann schaute der 250-fache GP-Teilnehmer unfreiwillig zu. Teamkollege Lance Stroll zerstörte bei drei Abflügen zwei Flügel und ein Chassis. Williams setzte daraufhin Massa zu Beginn der zweiten Testwoche ins Auto. Die Ingenieure brauchten dringend Daten.
Massa lieferte sie. Der Williams-Pilot spulte mit 168 Runden fast drei Renndistanzen ab und legte ganz nebenbei mit 1.19,726 Minuten die Bestzeit auf die Bahn. „Frag Felipe, wie man sich nach 168 Runden fühlt“, gab uns Nico Hülkenberg den Auftrag.“ Wir haben es gemacht. „Wenn du den halben Tag ganz normale Entwicklungs- und Abstimmungsarbeit machst, und dann noch eine Renndistanz dranhängst, dann spürst du jeden Knochen. Die letzten 30 Runden waren echt hart. Jetzt schmerzen der Rücken, die Schultern und der Nacken.“
Massa hat trotz des geplanten Rücktritts über den Winter gut trainiert. „Ein halbes bis ein Kilo Muskelmasse könnte ich noch ganz gut gebrauchen. Aber trotzdem fühle ich mich schon gut fit. Und ein besseres Training als Fahren gibt es eh nicht.“
Überholen? „Das könnt ihr vergessen“
Die Tagesbestzeit fuhr der Williams-Pilot im Qualifikations-Trim. Mit der Rückkehr des Abtriebs blüht auch der elffache GP-Sieger auf: „Ich habe mich immer schon in Autos mit viel Anpressdruck wohl gefühlt. Sie erinnern mich an meine große Zeit.“
Dass sich die Mittelfeld-Teams die Tagesbestzeit nicht zutrauten, freute Massa. Er sagte aber auch: „Wir müssen uns an den Topteams orientieren und nicht am Mittelfeld. Ich fürchte, dass Mercedes, Ferrari und Red Bull das noch schneller können als wir.“ Vor allem können sie schneller entwickeln als Williams. Der Rennstall aus Grove hat sein Entwicklungsprogramm für die Wintertests praktisch ausgeschöpft. Das nächste größere Upgrade gibt es erst in Melbourne.
Die Renndistanz legte Massa mit der Reifenfolge soft-medium-medium zurück. „Es wäre aber auch locker mit einem Stopp gegangen. Der Soft hat 25 Runden gehalten, bevor er begann zu stark abzubauen. Die Restdistanz hätte ich locker mit einem Satz medium geschafft.“ Wie schon in der Vorwoche stellte Massa fest: „ Auf dem Medium-Reifen sind wir um Welten schneller. Ich habe das Gefühl, in einem anderen Auto zu sitzen.“
Während seiner Renndistanz bekam Massa auch einen Vorgeschmack auf das, was uns in den Rennen erwartet. „Überholen? Das könnt ihr vergessen. Ich bin fünf Runden hinter einem Sauber hergefahren, war 1,5 Sekunden schneller als er und bin nicht vorbeigekommen. Hinter mir lag Hülkenberg. Er war schneller als ich, hatte aber auch keine Chance mich zu überholen.“