Top-Speed-Hitliste Barcelona-Tests 2017
Ferrari war in Barcelona nicht nur in Sachen Rundenzeiten vorne, sondern führte auch die Top-Speed-Tabelle an. Und die rote Göttin legte vom Zielstrich zur Top-Speed-Messung am meisten zu. Der neue Motor hat also ordentlich Power.
In der ersten Testwoche von Barcelona war Sauber mit 332,3 km/h der Top-Speed-König. Da war schon klar, dass alle anderen noch nicht am Power-Rad gedreht hatten. Sauber fährt den 2016er Ferrari-Motor. Da kommt keine Extraleistung mehr. Die Motorenhersteller dagegen haben über den Winter massiv aufgerüstet. Mercedes, Ferrari, Renault und Honda bauten mehr oder weniger neue Motoren. Renault und Honda trauten sich sogar an ein neues Konzept.
Der Top-Speed wird aber nicht nur von der Motorleistung bestimmt. Er ist auch ein Fingerzeig, ob die Fahrzeug-Ingenieure ohne Rücksicht auf Verluste auf Abtrieb setzen oder auch dem Luftwiderstand Rechnung trugen. Red Bull zum Beispiel ist beim Top-Speed gut bei der Musik. Dabei haben Daniel Ricciardo und Max Verstappen noch nicht groß am Dampfrad gedreht.
Man sieht es dem grazilen Red Bull RB13 förmlich an: Dieses Auto steht weniger im Wind als die anderen. Keines bietet so wenig Stirnfläche. Da Red Bull beim Anstellwinkel offenbar nicht mehr das extremste Auto hat ( >> siehe Story über Abmessungen), hilft das ebenfalls dem Luftwiderstand.
Ferrari hat auch genug E-Power
In der zweiten Testwoche ließ Ferrari erstmals die Katze aus dem Sack. Die roten Autos waren mit 340,6 km/h die schnellsten am Ende der Zielgeraden, und mit 293,4 km/h ex aequo mit Red Bull die zweitschnellsten auf dem Zielstrich und die besten in der Differenz. Damit reichte der Ferrari fast an den letztjährigen Top-Speed-Rekord von 346,3 km/h von Felipe Massa im Rennen heran. Von wegen langsamer auf der Geraden.
Der Speedgewinn von 47,2 km/h zeigt, dass die Elektromaschinen des Ferrari-Sechszylinders auf dem zweiten Teil der Gerade ordentlich Dampf liefern. Genau das war der Schwachpunkt vor einem Jahr. Der Turbolader musste aus Angst vor Schäden im Schongang betrieben werden und generierte damit zu wenig Energie über die MGU-H.
Auf Platz 2 der Geschwindigkeitstabelle liegt, wen wundert‘s, Williams. Die Autos aus Grove waren in den ersten drei Hybrid-Jahren die Top-Speed-Könige. Auch der Williams FW40 hat wieder einen günstigen Luftwiderstand. Und ganz nebenbei auch noch ordentlich Abtrieb. Das ließ er in der Vorsaison vermissen.
Die hohe Speed-Differenz von 45,4 km/h zwischen den beiden Messpunkten zeigt, dass auch der neue Mercedes-Motor wieder ein gutes Gesamtpaket ist. Dabei fuhr Williams wie Force India noch den Spec 1-Motor. Die letzte Ausbaustufe kam ab der zweiten Woche nur ins Werksauto.
Hondas Elektromotoren funktionieren
Mercedes hielt sich bei den Top-Speeds noch dezent zurück. Mit 338,5 km/h Top-Speed, 292,6 km/h auf der Ziellinie und 45,9 km/h Differenz lagen die Silberpfeile trotzdem im vorderen Bereich. Man darf annehmen: Da kommt noch was vom Motor. Der geringe Anstellwinkel des Autos hilft zusätzlich. Dafür kommt der Mercedes W08 etwas breiter daher wie der Red Bull.
Die Renault-Teams fuhren noch mit angezogener Handbremse. Trotz der Defekte im Bereich der MGU-K war der Werks-Renault mit einem Speed-Gewinn von 40,9 km/h auf dem zweiten Teil der Gerade ordentlich unterwegs. Force India fiel mit 37,7 km/h schon etwas ab. Die Force India-Ingenieure kennen das Problem. Die Seitenkästen sind zu breit. Sie werden bis zum GP Spanien schrumpfen, wenn die kleineren Kühler fertig sind.
Der McLaren-Honda war auf der Zielgerade das Schlusslicht. Immerhin konnte das Auto zwischen den Messpunkten um 38,6 km/h zulegen. Das verrät, dass die Elektromotoren offenbar das geringste Problem am Honda V6-Turbo sind.
Was die Top-Speeds wirklich wert sind, werden erst unsere Longrun-Analysen zeigen. Man muss die Geschwindigkeiten auf der Geraden und dem Zielstrich für einen fairen Vergleich auch in Relation mit den Umständen setzen. Also ausreichend Benzin an Bord und Motoren im Renn-Trimm.