Der Nürburgring steht seit 2012 im Zentrum einer juristischen Auseinandersetzung. Bis heute ist nicht endgültig geklärt, wem die Strecke gehören darf. Es ist ein wirtschaftliches und politisches Desaster. Eine Übersicht, was passiert ist.
Der Nürburgring steht seit 2012 im Zentrum einer juristischen Auseinandersetzung. Bis heute ist nicht endgültig geklärt, wem die Strecke gehören darf. Es ist ein wirtschaftliches und politisches Desaster. Eine Übersicht, was passiert ist.
Die dunklen Wolken ziehen in den 2000er-Jahren auf. Der Nürburgring, nur zwischen April und Oktober durch Rennen und Touristenfahrten ertragreich, soll zu einem ganzjährigen Freizeitzentrum mit Hotelkomplex, Achterbahn, Diskothek und Restaurants ausgebaut werden, damit die Region ganzjährig profitieren kann.
Kritische Stimmen gibt es von Beginn an: Es werde mit völlig unrealistischen Zahlen gerechnet. Wer kommt schon in die Eifel, um Achterbahn zu fahren oder zu feiern, wenn er das auch in Köln oder Koblenz kann? Trotzdem wird das Projekt von der Politik durchgeboxt, 2008 ist Spatenstich.
Das erste Desaster noch vor der Fertigstellung: Die Finanzierung platzt. Finanzminister Ingolf Deubel (3. von rechts) hantiert monatelang mit Geldern, die er gar nicht hat. In seiner Verzweiflung fällt er reihenweise auf Betrüger rein. Am Ende muss der Steuerzahler mit über 300 Millionen Euro einspringen.
Ein Sinnbild für das Desaster ist die Achterbahn, die wegen technischer Probleme und Sicherheitsmängel nicht eröffnet werden konnte und lediglich an vier Tagen für den öffentlichen Betrieb zur Verfügung stand. Bis heute steht sie wie ein Mahnmal am Rande des Grand-Prix-Kurses.
Völlig überraschend erhält der angesehene Automobilzulieferer Capricorn den Zuschlag, der aber im Betrieb von Rennstrecke überhaupt keine Erfahrung hat. Der Verein Ja zum Nürburgring und US-Speedway-Betreiber Nexovation blitzen ab. Der Kaufpreis von 77 Millionen Euro wird von vielen als zu niedrig kritisiert.
Ob das rechtens ist, ist aber nicht klar. Denn Ja zum Nürburgring, unter anderem mit dem Vorsitzenden Otto Flimm (3. von links), und Nexovation legen Beschwerde bei der EU-Kommission ein. Diese kritisiert Beihilfen des Landes Rheinland-Pfalz, hält den Verkauf aber für rechtens. Damit muss der Rechtsweg beschritten werden.
Der "Ring" verliert wichtige Veranstaltungen wie Rock am Ring und die Formel 1. Sie sind zwar für die Region, aber nicht für die Ring-Besitzer profitabel. Man bemüht sich, mit der WEC wieder ein Premium-Event anzubieten. Die Tribünen sind voll, doch es wird kein fixes Event. Auch, weil deutsche Hersteller bald wieder aussteigen.
2016 wird Mirko Markfort Geschäftsführer der Betreibergesellschaft Nürburgring 1927 GmbH. Es gelingt ihm, endlich wieder Ruhe in die lange Zeit angespannte Situation zu bringen. Der Nürburgring kommt endlich in ruhige Gewässer, aber nur an der Oberfläche.
Denn darunter brodelt es weiter. 2019 weist das Europäische Gericht die Klage von Ja zum Nürburgring und Nexovation ab. Beide Parteien kündigen an, vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen.
Doch es geht weiter. Völlig überraschend verlässt Mirko Markfort im August 2021 den Nürburgring. Er wechselt in die Oberhausener Fußball-Arena.
Im September explodiert dann die Bombe: Der Europäische Gerichtshof hebt das Urteil von 2019 auf. Die EU-Kommission muss ein neues Prüfverfahren zum Verkauf 2012 beginnen. Die juristische Hängepartie dauert an...