Überraschendes Debüt des Unter-20.000-Euro-E-Autos
Im Rahmen des Pariser Autosalons 2024 hatte Renault den elektrischen Twingo erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt – damals noch als Concept-Car. Nun sind kurz vor der Premiere erste Bilder vom Serienauto geleaked.
Am 1. November 2023 wurde Renaults neues Tochterunternehmen Ampere offiziell gegründet. Zwei Wochen später erklärte der französische Autokonzern im Rahmen eines Kapitalmarkttages, was genau die Aufgabengebiete der neuen Sparte sind und wie der inzwischen abgeblasene Börsengang von Ampere ablaufen sollte. Doch Renault nutzte die Veranstaltung zusätzlich, um ein weiteres Projekt vorzustellen: Einen neuen elektrischen Kleinwagen, den Renault als Prototyp auf dem Pariser Autosalon im Oktober 2024 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert hatte.
Wie bei den an gleicher Stelle in Seriengestalt vorgestellten Elektro-Neuauflagen der Renault-Kultautos R4 (2025) und R5 (2024; siehe Video über diesem Absatz) nimmt auch das neue Modell einen bekannten Namen auf. Das City-Car wird der neue Twingo. Da er über einen rein elektrischen Antrieb verfügt, lautet die offizielle Modellbezeichnung Renault Twingo E-Tech Electric.
Design
Auch der Elektro-Twingo, der am Heck den neuen Modellschriftzug und vorn den Renault-Rhombus im aktuellen Vintage-Look präsentiert, setzt insgesamt auf ein Retro-Design. Die gesamte Silhouette mit hoher Frontpartie, die sich nach schräg oben ohne Unterbrechung nahtlos in die A-Säule fortsetzt und am Heck steil abfällt, erinnert an den Urahn von 1992. Wie beim Vorbild zeigen sich die Räder weit in die Ecken gerückt. Die Schürzen sind großflächig lackiert, weisen aber Kunststoffpuffer als Rammschutz auf. Größter Unterschied zwischen damals und heute: Während der Ur-Twingo ausschließlich als Dreitürer vorfuhr, handelt es sich beim Renault Twingo E-Tech Electric um einen Fünftürer.
Hinzu kommen einige eindeutige Zitate des ursprünglichen Twingo. Allen voran die halbrunden LED-Scheinwerfer, die eindeutig dem Kindchenschema folgen. Die LED-Heckleuchten greifen das Design ihrer vorderen Pendants auf; dazwischen sitzt ein neues Emblem mit neu gestalteter Beschriftung. Die vertikal ausgerichteten Türgriffe haben die Renault-Designer neu interpretiert, allerdings ohne den fummeligen, unter der Abdeckung verborgenen Öffner. Eine Design-Reminiszenz sind ferner der schmale Lufteinlass zwischen den Scheinwerfern, die etwas aus der Karosserie herausgerückte Heckscheibe und das große, wenn auch nicht mehr faltbare Sonnendach. Die drei Styling-Elemente rechts unter der Windschutzscheibe sind ein weiteres charmantes Retro-Detail; sie erinnern an die kleinen Lufthutzen des Originals.
Der Innenraum
Auf der Motor Show in Brüssel im Januar 2025 gewährte Renault erstmals Einblicke in den kommenden Twingo. Wie beim Exterieur stand auch für das Interieur der Ur-Twingo Pate. Zu sehen gab es eine luftig und schwebend gestaltete, zylindrische Armaturentafel, die ein digitales Sieben-Zoll-Kombiinstrument und ein zentrales 10,1-Zoll-Multimedia-Display beherbergte. Erinnerungen an den ersten Twingo weckte auch der rote Knopf für die Warnblinker, der neben den drei Tasten für die Klimaanlage optisch hervorstach. Unter der Armaturentafel saßen offene Ablagen, ebenso zwischen den Frontsitzen. Deren farbenfrohe Polstermuster sowie die Türtafeln korrespondierten mit den Außenfarben.
Der neue Twingo kann mit seinem modularen auch praktisch: Die Rückbank beispielsweise ließ sich beim Concept-Car im Verhältnis 50:50 teilen und umklappen sowie in der Länge verschieben. Ein großes Glasdach erweiterte das Raumgefühl und brachte viel Licht in den Innenraum. Magnetfelder an den Vordersitzen fixierten bei Bedarf die Smartphones der Fondpassagiere. Der Einstellknopf für die Sitzlehne war von Skateboard-Rädern inspiriert und ein Gummiband konnte weitere Utensilien an die Sitzrückenlehne spannen.
Technik
Die CMF-B-EV-Plattform, die auch schon beim R4 und beim R5 genutzt wird, heißt inzwischen AmpR-Small-Plattform und dient auch dem neuen Kleinwagen als technische Basis. Leistungs- und Batteriedaten sowie Fahrleistungen und potenzielle Reichweiten gibt es noch nicht. Erwartet werden jedoch eine 40-kWh-LFP-Batterie und gegen Aufpreis ein 52-kWh-Pendant. Renault verspricht aber einen Verbrauch von zehn Kilowattstunden pro 100 Kilometer.
Marktstart und Preise
Seine Weltpremiere wird der neue Renault Twingo E-Tech Electric am 6. November 2025 feiern; 2026 wird er dann auf den Markt kommen. Allerdings sind bereits vor der offiziellen Vorstellung erste Bilder des neuen Twingo durchgesickert. Als Produktionsstätte der neuen Baureihe (Arbeitstitel: Legend) soll das Werk im slowenischen Novo Mesto dienen. Der Startpreis soll unter 20.000 Euro liegen. Wer zu den ersten Kunden gehören möchte, kann sich ab sofort für den Twingo-R-Pass registrieren. Damit kann der E-Kleinwagen besonders früh bestellt werden und die Mitglieder werden bei der Produktion und Auslieferung bevorzugt. Weitere exklusive Vorteile sollen folgen.
Die Konzernsparte Ampere
In seiner neuen Konzernsparte Ampere bündelt Renault seine Elektro- und Software-Aktivitäten. Ampere soll die künftigen E-Autos des Konzerns entwickeln sowie bauen und dabei möglichst große Synergien nutzen, um die Kosten so gering wie möglich zu halten. Diese Autos kommen jedoch nicht unter dem Markennamen Ampere, sondern mit Renault-Logo auf den Markt. Zudem später wohl auch mit Nissan- und Mitsubishi-Emblem, denn die weiteren Hersteller des Konzerns beteiligen sich ebenfalls an Ampere. Ein Twingo-Ableger von Nissan ist bereits so gut wie sicher.
Ursprünglichen Plänen zufolge strebte Renault bis 2026 an, pro Jahr 600.000 von Ampere konstruierte Elektroautos zu produzieren. Fünf Jahre später sollte bereits die Millionenmarke übersprungen werden. Dafür braucht es eine größere Modellpalette, und auch die planen Renault beziehungsweise Ampere: Bis 2030 sollen sechs neue Elektroauto-Modelle auf den Markt kommen, darunter der erwähnte elektrische Twingo. Bei einem so großen Aufschlag wäre auch die Entwicklung einer eigenen oder die Anpassung einer bestehenden Plattform denkbar.
Smart als Technologiepartner?
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach möglichen Technologiepartnern. Beim aktuellen Twingo ist das der bis 2021 gebaute Smart Forfour. Könnte das kommende E-Modell also gemeinsam mit dem neuen Smart #2 aufgesetzt werden? Das französische Magazin "L'Argus" will genau das erfahren haben, Renault selbst allerdings dementiert die Gerüchte. Gegen eine erneute Kooperation in gleichem Umfang spricht auch die Umstrukturierung bei Smart, deren derzeitige Joint-Venture-Partner Mercedes-Benz und der chinesische Hersteller Geely sind.
