Aston Martin DB7 3.2 im Test
Geheimagent James Bond 007 fuhr Aston Martin, Prinz Charles tut es noch. Da will auto motor und sport nicht abseits stehen. Im Test der neue DB7, mit dem die traditionsreiche Firma den wahren Nachfolger des DB6 aus den sechziger Jahren stellt.
Der Einstieg gleicht mehr dem gern zitierten Einfädeln. Körper in leichter Beugehaltung, zuerst das linke Bein, Gesäß absenken, rechtes Bein nachziehen und in den dafür vorgesehenen Schacht versenken, zurücklehnen, aufatmen. Passt. Sanft fällt die Fahrertür ins Schloss und bewirkt endgültig jene Enge, die gerade für den englischen Sportwagen Legende ist. Der Tester sitzt im Aston Martin DB7, den er zuvor schon mit seinen Blicken genoss. Wer sich noch an den direkten Nachfolger des alten DB6 erinnert, den groben, schweren V8 aus den beginnenden Siebzigern, wird mit Wehmut feststellen, dass es fast ein Vierteljahrhundert gedauert hat, bis sich der wahrhaftige Nachfolger einstellte.
Ein Schotte hat diesen neuen, unter Ford-Fittichen entstandenen GT gezeichnet und damit bewiesen, dass nicht nur Italiener schöne Gran Turismo auf die Räder stellen können. Die formale Zuwendung an den alten Aston Martin DB6, der ja auch für das berühmte James Bond-Auto die schießende und einnebelnde Basis abgab, erscheint unverkennbar, und so ist unzweifelhaft ein Stück Geschichte wie der lebendig geworden – formal modernisiert und mit dem neuzeitlichen Luftwiderstandsbeiwert von 0,31 versehen. Doch nicht nur formal ist die Gegenüberstellung von Reiz. Der Alte war mit 4,62 Metern Länge nur knapp einen Zentimeter kürzer, er hatte kaum weniger Radstand (minus 26 mm), und er wog auch nur einen runden Doppelzentner weniger.
Aston Martin DB7 ein formschönes Schwergewicht
1.752 Kilogramm bringt der aktuelle Aston Martin DB7 auf die Waage und zeigt damit, dass die Traumwagen dieser Welt stark und schwer ins Jahr 2000 fahren werden. Raumökonomie hatte sich auch bei dieser betörenden Figur ganz klar der harmonischen Formvollendung unterzuordnen. Offiziell ist der DB7 zwar ein Zwei-plus-zwei-, aber in Wahrheit ist er eher nur ein Zweisitzer. Die mit feinem Connolly-Leder bezogenen Sitzmulden hinten wirken sehr verlockend, doch wehe, man gebraucht sie wirklich. Es gibt weder Kopffreiheit noch Platz für die Beine.
Wer also könnte hinein, außer beinamputierten Zwergen? Auch der Kofferraum ist klein, doch andererseits darf man sich nicht zu sehr in Sachlichkeiten verstricken. Auch der Aston Martin DB7 ist alles andere als vernünftig, und was den Platz betrifft, so erscheint er für zwei Personen und deren Gepäck ausreichend für die schöne Reise, die man mitsolchen Autos immer im Kopf hat, etwa von München nach Nizza. Dort stellt man ihn am besten vor dem Negresco ab, das in der Raumökonomie viel bessere Notenverdient hat. Es ist sehr englisch im DB7-Interieur, und zwei Personen haben bald Freude nicht nur an dem seriösen, weltmännischen Ausstattungsstil, sondern sogar an der Behaglichkeit der Enge. Fast automatisch stützt sich des Fahrerslinker Arm auf einem kleinen Sideboard ab, der rechte zum Teil auf dem Oberschenkel und dirigiert das lederbezogene Lenkrad, das ab Juni mit einem Airbag ausgestattet wird. Schöne Instrumente, feine polierte Hölzer und Bedienungselemente, mit denen man größtenteils auf Anhieb zurechtkommt, schaffen zusammen mit den ansehnlichen, bequemen Sitzen eine Atmosphäre von kultiviertem automobilem Luxus. Stil hat der Aston in hohem Maße, und seine Aura signalisiert, dass er trotz sehr hoher Motorleistung nicht zu den Wilden im Traumwagenzirkel zuzählen ist. Er ist ganz GT im klassischen Sinne, formal ebenso wie im Ambiente. Dass der Testwagen, das siebte Serienexemplar der neuen Baureihe, ganzunschuldig in einer Kurve die Rückenlehne des rechten Fondsitzes ausspuckte und dann ungeniert den Fliehkräften überließ, ist nicht so ungewöhnlich im Kreise der Handmade-Autos.
Die Verarbeitung machte ansonsten einen ordentlichen Eindruck– auch unter der langen Motorhaube, wo sich ein metallisch glänzender riesiger Blockerhebt. Vom Zuschnitt her ist dieses wie ein Monument im Raume stehende gute Stückebenfalls eine Art Reminiszenz an die alten Tage des DB6, der ja auch einen Reihensechszylinder – mit vier Liter Hubraum und angeblich 325 PS – besaß. 3,2Liter misst das aktuelle Aggregat, das der Kenner sofort als Jaguar-Triebwerkidentifiziert. Ein mechanischer Lader, der durch einen monströsen Riemen von der Kurbelwelle angetrieben wird, pustet mit maximal einem bar Luft in die Brennräume des Vierventilers. 335 PS bei 5.500 Umdrehungen schauen dabei heraus, dazu gibt es ein maximales Drehmoment von 490 Newtonmeter bei 3.000 Touren.
Dieses sogenannte Eaton- Gebläse ist für zwei charakteristische Motoreigenschaften des aufgeladenen Sechszylinders verantwortlich. Im Gegensatz zu einem Abgasturbolader liefert es den Dampf schön kontinuierlich, wobei es nirgendwo im Drehzahlband eine Stelle gibt, an der der Aston besonders dramatisch galoppiert. Zum anderen liefert es speziell unter voller Last ein eher unschönes Laufgeräusch, das den Rest der Maschinerie leicht übertönt und von der Klangfarbe her eine Mischung darstellt aus Straßenbahn und Teilen einer Kraftübertragung. Die hohe Elastizität des bei forciertem Betrieb recht durstigen Motors verführt zusammen mit der sanften Kraftentfaltung zu einem zügigen, aber nicht besonders druckvollen Fahrstil, zu dem der Aston aufgrund der guten Beschleunigung (von null auf 100 km/h in 6,3 s) natürlich durchaus fähig ist.
Man pflegt ihn selten – nicht nur der Motorcharakter, sondern auch der Rest dieses GT lässt das ruhige und gelassene Reisen zur Domäne werden. So ist man meist mit einem beruhigenden Konjunktiv unterwegs. Man könnte, aber man will gerade nicht. Dabei ist der DB7, wenn es denn sein muss, ein Kurventreiber mit höchsten Querbeschleunigungen, gutmütigem Untersteuern und ausgezeichneten Bremsen. Handlich ist er dagegen nicht. Ein bisschen Lastwagen steckt immer noch in ihm drin, wie es auch in der Vergangenheit Tradition war. Doch der Komfort ist deutlich besser geworden, und dies erfreulicherweise nicht nur auf der Autobahn, wo der DB7 ganz beiläufig Tempo 200 vorlegt. Auch beim Cruising zeigt der sanfte Bolide ein beachtliches Maß an Geschmeidigkeit bei kleinen Unebenheiten, die den oft auch verkehrsbedingt gezügelten Vorwärtsdrang nicht zur Tortur werden lässt. Vielleicht wird das in Zukunft die vornehmlichste Aufgabe eines starken GT, wer weiß. 700 Exemplare sollen dieses Jahr entstehen, zum Stückpreis von 105.000 Euro. Zuviel? Eigentlich schon, und doch wieder nicht. Traumwagen haben ihre eigenen Gesetze. Prinz Charles wird ihn bezahlen können, und die 699 anderen auch.