Audi Allroad Quattro 2.7 T im Test
Auch Audi-Kunden müssen auf Ausflüge in Wald und Flur nicht mehr verzichten. Der Audi Allroad Quattro 2.7 T sieht zwar nicht aus wie ein Geländewagen, lässt es aber an den entsprechenden Qualitäten nicht fehlen.
Dass mit diesem Audi etwas nicht stimmt, bleibt niemandem verborgen. Sogar die betagte Dame, deren Golf plötzlich ganz klein und zierlich wirkt, merkt interessiert auf. Verwundert beobachtet sie das hochbeinige Gefährt, das sich beim Parken auf eine Gesamthöhe von knapp 1,6 Meter aufpumpt. Was bedeutet, dass der Allroad genannte A6-Ableger herkömmliche Modelle nun um zwölf Zentimeter überragt. Etwas Schau muss sein, gibt man bei Audi zu. Gerade bei geländegängigen Autos. Deshalb auch der Trick mit der Niveauregulierung: Bei abgestelltem Wagen stemmt sie den Allroad auf erhöhte Bodenfreiheit. So ist er auf keinem Parkplatz zu übersehen.
Außerdem, so das Alibi-Argument, erleichtert das den Einstieg. Womit zugleich die Glanznummer des für den Einsatz abseits der Straße gestählten A6 demonstriert wird. Das Auto lässt sich wahlweise auf vier verschiedenen Ebenen bewegen, sodass bis zu 208 Millimeter Bodenfreiheit zur Verfügung stehen. Zum Vergleich: Ein BMW X5 hat 180 Millimeter, Jeep Cherokee und Mercedes ML erreichen 200 Millimeter, und selbst der Range Rover hat gerade mal zwei Millimeter mehr zu bieten. Dieser Stelzeneffekt soll denn auch jenen Zielkonflikt einer Lösung näher bringen, der für Autos dieser Gattung typisch ist. Denn Zwitter wie der Allroad tendieren dazu, mäßige Straßenqualitäten mit bescheidenen Geländeeigenschaften zu verknüpfen. Die Tatsache aber, dass der Audi bei hohen Geschwindigkeiten 66 Millimeter tiefer liegt als im Geländemodus, erweitert die Freiheitsgrade der Fahrwerkstechniker erheblich. Das technische Rüstzeug liefern Luftbälge an Stelle der sonst üblichen Schraubenfedern. Geschwindigkeitsabhängig justieren sie den Allroad automatisch auf adäquates Niveau und zwar unabhängig von der Beladung (maximal 541 kg). Über 120 km/h ist der Abstand zur Straße am geringsten, darunter bewegt sich der Audi auf dem 25 Millimeter höheren Normalniveau. Beides lässt sich auch manuell anwählen, ebenso wie das so genannte „Hochniveau 1“, das unter 80 km/h die Karosserie um weitere 25 Millimeter anhebt. „ Hochniveau 2“ (plus 16 Millimeter) kann der Fahrer ausschließlich per Knopfdruck aktivieren und das auch nur bei weniger als Tempo 35.
Eine großzügig bemessene zeitliche Verzögerung sorgt dafür, dass der Allroad bei häufigem Tempowechsel keine ständigen Karosseriebewegungen vollführt. Ansonsten entspricht die Technik des Allroad weitgehend der entsprechenden Normalausführung des A6. Basis ist die Kombiversion Avant mit Quattro-Antrieb, wahlweise als 2.5 TDI oder mit dem 2,7-Liter-Turbo-V6, der hier aber mit 250 statt der sonst üblichen 230 PS aufwartet. Letzterer befeuerte den Testwagen, ergänzt durch das Fünfgang-Automatikgetriebe – eine Kombination, die dem Komfort nützt, aber die Geländegängigkeit etwas einschränkt. Denn im Gegensatz zur Ausführung mit manuellem Sechsganggetriebe bleibt der Automatikversion die Option einer zusätzlichen Geländeübersetzung vorenthalten. Die Probe aufs Exempel zeigt allerdings, dass der All-road-Audi auch ohne diese Kletterhilfe in Wald und Flur seinen Mann steht. Die dank dem selbstsperrenden Zentraldifferenzial hervorragende Traktion zieht den Audi auch unter verschärften Bedingungen aus dem Schlamassel. In Verbindung mit zusätzlicher, elektronischer Sperrwirkung an Vorder- und Hinterachse mittels Bremseneingriff (EDS) ist selbst dann noch Vortrieb garantiert, wenn schon drei Räder haltlos durchdre-hen. Gleichwohl ist die Kunst des Dosierens gefragt, denn das verzögerte Ansprechen des Turbomotors sorgt sonst leicht für unwillkommenen Leistungsüberschuss. Das ändert freilich nichts daran, dass der Allroad.Audi im Gelände erheblich mehr zu leisten im Stand ist, als man es ihm auf Grund seiner Statur zutraut. Für ein vollwertiges Offroad-Gefährt sieht er ungewöhnlich harmlos aus, was, wie Audi betont, die potenzielle Kundschaft durchaus zu schätzen weiß. Vom gewöhnlichen A6 unterscheiden ihn von außen betrachtet hauptsächlich die bauchigen Radhäuser und die Aluminium-Schutzschilde an Bug und Heck. Audi.Kenner werden zudem spezielle 17-Zoll-Leichtmetallräder notieren, die sich für den Besitzer allerdings als zweifelhaftes Vergnügen entpuppen. Wer sie einmal säubern durfte, wird sich weitere Abstecher ins Gelände reiflich überlegen. Im Übrigen offenbart der alltägliche Umgang mit dem Audi, dass die Medaille auch im Fall des Allroad ihre Kehrseite hat. Die berühmte Eier legende Wollmilchsau ist er jedenfalls nicht, was sich vor allem in den Fahreigenschaften dokumentiert. Speziell auf kurvenreichen Straßen zeigen sich die Grenzen des Konzepts, denn hier wälzt sich der Allroad mit ei-ner beim A6 bislang nicht gekannten Schwerfälligkeit in seinen Federn. Zur starken Seitenneigung gesellt sich ein früh einsetzendes Untersteuern, begleitet von lautstarken Reifengeräuschen. Aber auch das indifferente Lenkgefühl lässt es angezeigt erscheinen, das erhebliche Leistungspotenzial des Turbomotors besser nicht auszuschöpfen. Eine der Wurzeln des Übels ist zweifellos die Bereifung des Allroad. Die eigens für ihn entwickelten Pneus bieten manierliche Offroad-Qualitäten, verlangen aber auf der Straße offensichtlich Zugeständnisse. Zur Beruhigung sei hinzugefügt, dass es an der Fahrsicherheit dank ESP nichts auszusetzen gibt. Allerdings lässt die Wirkung der Bremsen bei hoher Beladung deutlich nach. Immerhin entschädigt der Komfort für entgangene Fahrfreuden. Geschmeidiges Abrollen und Geräuscharmut prägen den Fahreindruck. Lästig sind hauptsächlich die Poltergeräusche.
Dagegen treten die typischen Unsitten des A6 – Stuckern des Vorderwagens, Torkeln der Karosserie bei schneller Fahrt über lange Bodenwellen – nur noch in gemilderter Form auf. Auch an der Laufruhe des V6-Motors gibt es im normalen Fahrbetrieb nichts auszusetzen. Erst ab 4500/min lassen sich leichte Vibrationen ausmachen, die daran erinnern, dass es noch kultiviertere Sechszylindermotoren gibt als den V6 von Audi. In puncto Kraft hält er indessen dank zweier Turbolader jeden Vergleich aus. 250 PS und 350 Nm grenzen schon an das Niveau gängiger Vierliter-Motoren. Entsprechend mühelos geht der Biturbomotor mit dem 1,9 Tonnen schweren Kombi um. Auch das im unteren Drehzahlbereich etwas zögerlich Ansprechen ändert nichts daran, dass an Dampf nicht der geringste Mangel herrscht – schon gar nicht, wenn man den Audi den unter Geländewagen geltenden Maßstäben unterwirft. Daran gemessen sind die Fahrleistungen des Allroad einsame Spitze. Dagegen liegt der Verbrauch auf dem gewohnten Niveau. Wie von benzingetriebenen Geländewagen gewohnt, vertilgt der Audi den Treibstoff in rauen Mengen. Im Durchschnitt muss man mit rund 16 L/100 km rechnen. Bei forcierter Fahrweise oder ausgiebigem Offroad-Betrieb sind aber problemlos auch mehr als 18 Liter möglich. So gesehen ist selbst das Tankvolumen von 70 Liter etwas klein bemessen. Damit wird zur Gewissheit, was man von vornherein ahnte: Der Audi Allroad ist nichts für Arme. Abgesehen von den hohen Kraftstoffkosten verlangt auch die Anschaffung ein solides finanzielles Polster: Einen Allroad Quattro 2.7 T inklusive Automatik gibt es für 90?653 Mark, wobei viele erstrebenswerte Extras wie Seitenairbags hinten, Xenonlicht oder Sitzheizung Aufpreis kosten. Für den üppig, unter anderem mit Leder und Holzdekor ausstaffierten Testwagen errechnete sich so ein Gesamtpreis von 123?462 Mark – viel Geld für einen Audi A6. Aber für einen luxuriösen Geländewagen durchaus noch im Rahmen des Üblichen.