BMW 528i Touring im Test
Ein neuer Kombi bereichert die Szene: der Fünfer Touring, vorläufiger Höhepunkt einer Kombireihe, deren Tradition und Name bis in die siebziger Jahre zurückreicht. auto motor und sport bewegte den Großkombi in 2,8 Liter-Version.
Freude am Fahren und mehr„, verspricht BMW mit seinem jüngsten Kind. Die Gewichtung innerhalb des kurzen Statements macht klar, daß der Kombinationskraftwagen, zumindest sofern er von den Bayerischen Motoren Werken kommt, kein Lastesel sein soll, mit dem der Maler Farbeimer transportiert. Denn die Freude am Fahren rangiert bei den Bayern auch in diesem speziellen Falle vor der reinen Raum-Ökonomie. Wer vor allem Platz braucht, so könnte man das Fahrfreude- Credo unmißverständlicher deuten, ist hier an der falschen Adresse. Wer einen ersten Blick auf das neue, mit 4,8 Metern sehr stattliche Automobil wirft, darf sich denn auch an einem Karosserie- Zuschnitt erfreuen, der in der kombidurchsetzten Upperclass mit harmonischen Proportionen zu längerem Verweilen auffordert.
Dabei ist der Gegensatz der vorderen Rundlichkeit zu dem massiven Heck, wo auch BMW naturgemäß den Fünfer gerade sein läßt, von hohem optischem Reiz. Die den Kombi so abwertenden Überhänge gibt es nicht – auch im Heckbereich zeigt die neue BMW-Kreation hohe stilistische Ausgewogenheit. Ob das Ganze gefällt, ist natürlich immer auch Geschmacksache. Tatsache ist, daß die Fünfer-Karosse bis zur B-Säule gleich blieb – dahinter beginnt jene Sektion, die manchem Kunden ein Automobil gewogener erscheinen läßt als die Basis. Wie die Marktforscher ermittelt haben, sind die reinen Raumverhält nisse nicht immer kaufentscheidend. Manchmal kauft Mann einfach Kombi – auch wenn er selten mehr zu transportieren hat als eine Reisedecke. Sie unterzubringen ist auch im neuen Touring kein Problem, aber man darf sich hinsichtlich des reinen Koffer- und Gepäckabteils nichts vormachen. Das Ladevolumen ist bei normaler Stellung der Rücksitze im Vergleich zum Vorgänger mit jenen 410 Litern nach VDA-Norm bis zur Fensterunterkante nicht gewachsen. Und wer den Touring mit der direkten Konkurrenz vergleicht, beispielsweise dem T-Modell von Mercedes, erkennt schnell, daß beim BMW nur ausreichend Raum zur Verfügung steht, nicht aber üppig.
So folgt der neue Touring sehr konsequent der eingangs erwähnten Parole, daß so viel Raum beim modischen Kombi von heute vielleicht gar nicht mal so erwünscht ist. Gleichwohl haben die findigen BMW-Konstrukteure viel Aufwand getrieben, um das eher bescheidene Volumen, das sich nach Umklappen der asymmetrisch teilbaren Rücksitzlehne auf maximal 1525 Liter dehnen läßt, gut nutzbar zu machen. Der Fünfer Touring tritt mit einer ganz neuen Hinterachskonstruktion an, die, weitgehend aus Leichtmetall, auf der sogenannten Integralachse basiert. Die Besonderheit im Gegensatz zur Limousine.achse besteht in ungewöhnlich schräg liegenden Stoßdämpfern in Verbindung mit kurzen Schraubenfedern. Beides zusammen läßt die Ladefläche vollkommen eben und unverwinkelt aussehen – die oftmals störenden Dämpferdome gibt es hier nicht. Heckklappe und Rückfenster sind separat von innen zu öffnen, das Verriegeln der Klappe erfolgt durch eine in den besseren Autokreisen zum Standard erhobene Zuziehhilfe. Der Testwagen hatte den aufpreispflichtigen ausziehbaren Wagenboden im Gepäckabteil, mit dem sich Be- und Entladen in schöner Mühelosigkeit absolvieren lassen, auch über die niedrige Ladekante hinausreichend. 60 Zentimeter beträgt der Hub dieses mit 750 Mark überteuert wirkenden Extras, Luftfederung mit Niveauregulierung ist Serie beim 528i und kostet bei den schwächeren Versionen 1.500 Mark Aufpreis.
Im übrigen hat das ungewöhnlich aufgeräumt wirkende Gepäckabteil mit Ausnahme des gut sortierten Werkzeugkastens keine Besonderheiten zu bieten, wenn man einmal davon absieht, daß seine Breite nicht zuletzt wegen der trickreichen Hinterachskonstruktion im Vergleich zu der des Vorgängers um 16 Zentimeter zugelegt hat. Unter dem Boden liegt ein vollständiges Reserverad, das Verwandeln des Touring in einen Zweisitzer mit Riesenstauraum ist eine Affäre von wenigen Sekunden. Das saubere Einrasten, der Wohlklang beim Arretieren der Sitzlehnen verdeutlichen: Es gibt hier nicht nur Freude beim Fahren, sondern auch im Stand.
Nicht nur die vielen Nützlichkeiten machen den 4,8 Meter- Kombi besonders in den mit Extras angereicherten Versionen zu einem relativen Schwergewicht. Der Testwagen brachte fast 1,7 Tonnen auf die Waage und zeigte sich damit runde zwei Zentner schwerer als eine vergleichbare Limousine. Um so verblüffender ist das Handling, das den BMW-Ingenieuren mit diesem stattlichen Wagenformat gelang. Einen Unterschied zur Limousine.- Basis gibt es de facto nicht – es herrscht auch hier jene markentypische Leichtigkeit vor, die subjektiv den Eindruck erweckt, man bewege einen Kleinwagen. Die Differenzen zur Limousine sind freilich doch vorhanden, und zwar im Temperament und im Federungskomfort.
Objektiv ist allerdings das, was der seidenweich laufende 2,8 Liter-Reihensechszylinder mit dem wuchtigen 1,7-Tonner anstellt, aller Ehren wert. Nur 8,3 Sekunden vom Stand auf 100 km/h zeugen von klassischem BMW-Elan, dazu gibt es natürlich auch im Touring ein Laufgeräusch, das mit zum Angenehmsten zählt, was Kolbenmaschinen in ihrer über 100jährigen Geschichte jemals zuwege brachten. Auch diese Akustik zählt zur Fahrfreude, hinzu kommen gute Elastizitätswerte (80 auf 120 km/h im großen Gang in 13,4 Sekunden). Die Limousine kann alles noch etwas besser (null auf 100 km/h in 7,6 s, Durchzug 12,2 s), doch dies ändert nichts daran, daß der Touring in 2,8 Liter-Version zu den besonders souveränen Automobilen gerechnet werden muß. Mehr braucht es eigentlich nicht zu sein – auch wenn darüber noch ein annähernd 100.000 Mark teurer 540i thront. Im Federungskomfort ist ein leichtes Minus, wegen der Neukonstruktion der Hinterachse konzeptionsbedingt, gegenüber der ungewöhnlich geschmeidig federnden Limousine feststellbar.
Vor allem kurze Unebenheiten werden fühlbarer genommen – eine kleine Einschränkung, die nichts daran ändert, daß der Federungskomfort des Touring auch in beladenem Zustand mit zum Besten zählt, was der Edelkombimarkt zu bieten hat. Der “ Tourenwagen„ ( auto motor und sport- Slogan für den Touring beim Fahrbericht) ist eine der besten Empfehlungen für die klassische weite Reise, selbst auf die Gefahr hin, daß nur die schon erwähnte Reisedecke mit muß. Denn Tourenwagen ist ganz wörtlich zu nehmen. Die Leichtigkeit, mit der der Sechszylinder Drehzahlen um 6000/min erreicht, findet so schnell nicht ihresgleichen – ebensowenig wie die ungewöhnlich sicheren Fahreigenschaften. In Kurven herrscht leichtes Untersteuern vor, Lastwechselreaktionen zeigen sich nur dezent.
Zusammen mit den überdurchschnittlich standfesten Bremsen wird hier ausgefeilteste Automobiltechnik geboten, die dem gedachten Optimum verdächtig nahe kommt. So viel Perfektion hat ihren Preis, zumal BMW nichts davon hält, Limousine. und Kombis in den Kosten gleichzustellen. Die Kombiaufpreise sind von Modell zu Modell unterschiedlich. Im Falle des 528i Touring sind 5250 Mark mehr zu entrichten, nicht gerade ein Pappenstiel. Die kleine, aber feine Kundschaft wird es verschmerzen. Es sind meist Leute, die keinen Kombi brauchen, sondern ihn nur wollen.