Chrysler Crossfire 3.2 im Fahrbericht
Im Chrysler Crossfire steckt die Technik des Mercedes SLK. Das Sportcoupé mit 218 PS starkem V6-Motor wird bei Karmann in Osnabrück gebaut und kommt im Oktober auf den Markt.
Seit die Mercedes-Manager Dieter Zetsche und Wolfgang Bernhard die Geschicke der amerikanischen Daimler-Dependance Chrysler lenken, werden Entscheidungen auch mal aus dem Bauch heraus getroffen. Schönstes Beispiel ist der Chrysler Crossfire. Als Concept Car auf der Detroit Auto Show im Januar 2001 gefeiert, wurde seine Serienproduktion bereits acht Monate später beschlossen – ganz ohne die Orakel der Marktforschung zu befragen. Zetsche und Bernhard waren sich ziemlich sicher zu wissen, was bei den Chrysler-Fans ankommt: ein Feuerwerk der Emotionen, geschürt durch typisch amerikanisches Styling als Powerstoff-Zelt für einen leistungsstarken Sechszylinder. Ein großes unternehmerisches Risiko stellt der Crossfire ohnehin nicht dar. Er ist ein Nischenmodell, von dem jährlich gerade mal 20.000 Einheiten gebaut werden. Nur 15 Prozent sind für die Märkte außerhalb der USA bestimmt, obwohl der Zweisitzer bei Karmann in Osnabrück gefertigt wird. Dort lief am 3. Februar der erste Crossfire vom Band. Insgesamt sollen es dieses Jahr noch 11.000 Einheiten werden. Die ersten Kundenautos zum Preis von rund 34.000 Euro werden im Oktober ausgeliefert. Zuvor gibt Chrysler im September auf der IAA mit einem Showcar Ausblick auf das Crossfire Cabrio, das ein Jahr später in Serie gehen soll. Der Crossfire ist aber auch deshalb ein kalkulierbares Geschäft, weil unter dem Blech die Technik des Mercedes SLK 320 steckt. Diese Synergie, die Mercedes nicht schmerzt, weil im Frühjahr 2004 die Neuauflage des SLK anrollt, machte es auch möglich, den Crossfire innerhalb von nur 24 Monaten zur Serienreife zu bringen. Äußerlich ist dem 4,06 Meter langen Zweitürer, der sich laut Projektleiter Art Anderson „ zu einer Ikone wie die Viper“ entwickeln soll, trotz identischem Radstand die Verwandtschaft zum SLK nicht anzumerken.
Der unter dem Motto „Deutsche Autobahn trifft Route 66“ projektierte Crossfire wirkt mit seiner retro artig, aber doch modern gestylten Karosserie formal völlig eigenständig und verkörpert eine attraktive Alternative zu Konkurrenzmodellen wie Alfa GTV, Audi TT, Mazda RX-8 und Nissan Z 350. Im Innenraumist die Abstammung vom SLK eher erkennbar. Das mit metallisch glänzenden Kunststoffblenden beplankte Cockpit wirkt hochwertig und einladend. Wer genauer hinsieht, erkennt, dass unter den Paneelen Schalter und Knöpfe aus dem Mercedes-Regal bis hin zur Automatik-Kulissestecken. Auch die hübsch gezeichneten Rundinstrumente sitzen nur schablonenhaft auf den SLK-Originalteilen. Rein funktional ist das – bis auf die nur in einer Ebene verstellbare Lenksäule – zwar kein Nachteil, aber stilistisch erscheinen die Bedienelemente des sieben Jahre alten SLK in einem funkelnagelneuen Auto doch ein bisschen verstaubt. Beim Fahren wirkt der Crossfire bis auf die ebenfalls vom SLK geerbte, wenig präzise Kugelumlauf-Servolenkung keineswegs antiquiert. auto motor und sport konnte mit einem nahezu serienfertigen Prototyp im bayerischen Voralpenland erste Eindrücke sammeln. Das Fahrgefühl passt zum Karosseriestil: Der Crossfire huldigt dem American way of drive. Seine Tugenden liegen weder im preußisch-zackigen Einlenken noch im wieselflinken Wetzen durch Wechselkurven. Dafür ist das Fahrwerk zu wankelmütig, die Lenkung zu träge und der Fahrersitz mit
Lederpolsterung zu rutschig. Seine Stärken spielt der Chrysler beim Cruisen aus: Gemütliches Gleiten mitüberraschend gutem Federungskomfort gehört ebenso zu seinem Repertoire wie spontanes Davon schießen nach einem beherzten Tritt aufs Gaspedal. Zur akustischen Untermalung fehlt nur ein herzhafter Motorsound – die Doppelrohr-Auspuffanlage schreit förmlich danach. Ansonsten lässt der 218 PS starke 3,2-Liter-V6 in dem knapp 1400 Kilogramm schweren Hecktriebler kaum Wünsche offen.
Der in der Kulisse etwas gummiartig geführten Sechsgangschaltung ist die Fünfgangautomatikvorzuziehen. Sie harmoniert nach Mercedes-Manier sehr gut mit dem V6 und passtauch prima zum Tourer-Charakter des Crossfire. Die Vorstellung, mit diesem Coupé von Hamburg nach München reisen zu wollen, ist keine Horrorvision, sondern angesichts der komfortablen Sitze, des vergleichsweise voluminösen Kofferraums und der üppigen Motorisierung durchaus reizvoll. Unangenehm kann es aber beim Rangieren werden, weil die schlechte Sicht nach schräg hinten stark die Handlichkeit beeinträchtigt. Die Serienausstattung des Crossfire ist erfreulich üppig geraten: elektrische Fensterheber, Tempomat, Sitzheizung, CD-Radio und Klimaanlage. Als einziges nennenswertes Extra gibt es ein Navigationsgerät. Im Falle eines Falles sollen Reifendruckkontrolle, ESP sowie Front- und Seitenairbags für Fahrer und Beifahrer das Schlimmste verhüten. Damit wäre der Crossfire der erste Chrysler, der so sicher wie ein Mercedesausgestattet ist.