Toyota Corolla Compact 1.4 im Test
Besonders den Bedürfnissen der europäischen Kundschaft will Toyota mit der Neuauflage des Corolla entsprechen. Ein außergewöhnliches Design, eine neue Fahrwerksabstimmung und optimierte Motoren sollen dazu beitragen.
Die achte Corolla-Generation sieht die Welt mit ganz neuen Augen. Statt Breitbandscheinwerfern strahlen nun zwei runde Lichter aus einem Gesicht, das nach Vorstellung der Toyota-Designer in der Menge nicht mehr so sangund klanglos untergehen soll wie das der sieben Vorgänger. Dazu riskiert der japanische Hersteller einen Blick zurück und belebt das Kulleraugen- Schema wieder, das Renault Twingo und Chrysler Neon schon seit Jahren als Sympathieträger nutzen. En vogue sind die Toyota-Stylisten mit diesem Retrodesign allerdings nicht mehr. Seit Audi bei A3 und A6 straffe Formen mit kontrollierten Rundungen und klassischer Linienführung gewählt hat, erwarten die Geschmacksfinder nämlich allgemein einen Trend zum neuen Funktionalismus.
„Bislang lag Toyota mit seinem sachlichen Styling immer richtig“, urteilt Ford-Chefdesigner Claude Lobo. „Deshalb überrascht es mich, daß sie einen solchen Rückschritt gemacht haben.“ Renault-Designvorstand Patrick LeQuément verkündete schon vor einigen Monaten, daß „die Zeit des Biodesigns vorüber ist“. Fortschritte sind auch bei der Innenraumgestaltung des Corolla nicht zu verzeichnen. Mit Stoffen im altmodischen Marmor-Dekor entsteht der Charme eines Wohnzimmers aus der Nierentisch-Epoche: praktisch, aber nüchtern. Linea terra, so der hochtrabende Name der Ausstattungsversion des zum Test angetretenen Compact 1.4, steht nach Auskunft der Toyota-Marketingstrategen für die Erde und damit für Robustheit sowie Bodenständigkeit. Zu dieser etwas ausgefallenen Umschreibung passen in der Tat auch die eingesetzten Plastikmaterialien, die zwar einfach wirken, aber durch gute Verarbeitung auf lange Haltbarkeit hindeuten.
Einen hohen Grad an Robustheit müssen aber auch Fondpassagiere mitbringen, die auf der Fahrerseite aussteigen wollen. Ihnen steht eine mühsame Kletterpartie bevor, weil der Sitz hier nicht vorschwingt. Eine Einstiegshilfe gibt es genauso wie eine Memoryfunktion für die Lehne ausschließlich auf der Beifahrerseite. Auf der Fahrerseite muß die Sitzlehne dagegen nach jedem Vor- und Zurückklappen mühsam wieder neu eingestellt werden. Das Raumangebot orientiert sich am Klassendurchschnitt: Vorne steht ausreichend Platz zur Verfügung, hinten ist es speziell für größere Erwachsene eng.
Am unteren Limit bewegt sich Toyota beim Kofferraumvolumen. 281 Liter sind für ein fünfsitziges Auto wenig, auch wenn sich der Gepäckraum durch Umklappen der Rücksitzbank deutlich steigern läßt. Zum Vergleich: Ein Nissan Almera bietet 340 Liter, ein Opel Astra sogar 360 Liter. Dafür offeriert der Corolla nach der Überarbeitung des Fahrwerks ein äußerst respektables Komfortniveau. Bemerkenswert erscheinen vor allem die geringen Abrollgeräusche. Selbst über Kanaldeckel rollt der Toyota fast so leise hinweg wie über Blätter auf der Straße. Mit einem hohen Maß an Souveränität bügelt er auch kurze Bodenwellen aus, während lange Wellen die Karosserie wegen des unterdämpften Fahrwerks in spürbare Vertikalbewegungen versetzen – allerdings ohne negative Folgen für die Passagiere, denn die fühlen sich auf ausreichend konturierten Sitzen kommod untergebracht.
Der insgesamt gute Komforteindruck wird weder durch übermäßige Windgeräusche noch durch einen lauten Motor getrübt – wenngleich der Ton des Vierzylinders im Ohr des Fahrers stets präsent ist. 1,4 Liter Hubraum, 86 PS Leistung – so lauten die Eckdaten eines Triebwerks, dem man etwas mehr Spontaneität im Antritt wünscht. Der hubraumschwache Vierventiler dreht gleichmäßig, aber lustlos hoch und bleibt hinsichtlich der Beschleunigungs- und Elastizitätswerte um ein bis zwei Sekunden hinter der Konkurrenz zurück. Weil besonders der vierte Gang sehr lang übersetzt ist, muß der Fahrer am Berg früh zurückschalten – kein besonderes Vergnügen angesichts langer Schaltwege und eines spürbaren Widerstands in den einzelnen Gassen. Freude bereitet der Toyota aber durch einen äußerst sparsamen Umgang mit Benzin. Durchschnittlich 7,6 Liter pro 100 Kilometer benötigt das 86 PS-Auto, bei umsichtiger Fahrweise läßt es sich sogar im Fünf-Liter-Bereich bewegen. Die deutlichsten Verbesserungen hat Toyota jedoch im Hinblick auf die Bremsen erzielt. Nachdem die letzten Neuerscheinungen des japanischen Herstellers im auto motor und sport-Bremsentest durchgefallen sind (siehe Kasten links), legt der Corolla endlich ein akzeptables Niveau an den Tag.
Mit kalter Bremsanlage steht er aus 100 km/h unbeladen bereits nach 40,2 Metern, unter Ausnutzung der mit 485 Kilogramm hohen Zuladung beträgt der Bremsweg beim ersten Manöver 40,6 Meter. Danach baut die Bremsanlage zwar ab, zeigt aber bis zur neunten Bremsung kein extremes Fading. Beim zehnten Bremsmanöver benötigt der Corolla allerdings 47,7 Meter, um zum Stillstand zu kommen. Sichere Fahreigenschaften können dem Fronttriebler auch in schnell durchfahrenen Kurven attestiert werden, solange man nicht plötzlich das Gas wegnimmt.
Dann neigt der Corolla zu einer nervösen Reaktion auf der Hinterhand und drängt mit dem Heck nach außen. Weil sich zudem die Lenkung um die Mittellage als gefühllos erweist und die Übersicht nach hinten eingeschränkt ist, vermittelt der Zweitürer einen etwas unhandlichen Eindruck. Ein Wendekreis von rund 10,6 Metern signalisiert aber, daß Rangiermanöver auch in engen Straßen keine Probleme bereiten. Augenmaß beweist Toyota auch bei der Wirtschaftlichkeit. Fahrer- und Beifahrer-Airbag, Servolenkung sowie ABS zählen bereits ab der Basis zur Serienausstattung. Die Variante Linea terra bringt zusätzlich elektrische Fensterheber vorn, elektrisch verstellbare und beheizbare Außenspiegel, ein höhenverstellbares Lenkrad und Zentralverriegelung mit Funkfernbedienung mit – Features, die für die Basis wegen der Paketpolitik leider nicht einzeln geordert werden können.
Teuer sind auch die Extras. Während viele Hersteller die Klimaanlage zum Preis des Schiebedachs anbieten, verlangt Toyota 2200 Mark. 580 Mark kostet die Metallic- Lackierung, 5990 Mark das Navigationssystem, mit dessen Hilfe sich bei dieser Preisgestaltung nur wenige Käufer orientieren werden. Trotzdem befindet sich Toyota mit dem Corolla vor allem wegen des guten Komforts und der verbesserten Bremsen auf dem richtigen Weg. Doch auf das Gesicht des Kompaktwagens sollten die Designer auch beim nächsten Facelift wieder ihr besonderes Augenmerk richten.