New Stratos (2018)

Der New Stratos geht in Serie, jetzt doch. Manifattura Automobili Torino (MAT) und die New Stratos GbR haben sich auf eine Kleinserie von maximal 25 Exemplaren verständigt. Hier alle Infos zur Neuinterpretation des legendären Stratos.
- Fahrbericht
- Technische Daten
- Rückblick
Der New Stratos soll nach Angaben des Unternehmens weltweit in verschiedenen Ausführungen und mit diversen Optionen angeboten werden, so ermöglicht es die Plattform einen GT-Sportwagen, eine spezielle Safari-Version aber auch einen Supersportler aufzubauen. MAT, dessen Chef Paolo Garella, der ehemalige Leiter des New Stratos-Projekts ist, wird auf dem Genfer Autosalon alle Varinaten des Stratos präsentieren. Zur Messe sollen dann auch die Preise und Lieferbedingungen bekannt gegeben werden.
Rückblick New Stratos:
Der New Stratos wurde 2010 von Unternehmer Michael Stoschek, Vorsitzender des Automobilzulieferers Brose und dessen Sohn Maximilian auf Basis des Ferrari 430 Scuderia bei Pininfarina in Auftrag gegeben und 2010 präsentiert. Schon damals wollte Strosek eine Kleinserie des legendären Rallye-Modells auflegen.
Ende 2010 hatte der damalige Ferrari-Chef Luca di Montezemolo noch zusammen mit Cheftester Dario Benuzzi den New Stratos persönlich unter die Lupe genommen. Selbst Benuzzi gab noch nach einer Testfahrt Tipps zur Verbesserung des Handlings. Doch dann stellte sich Ferrari quer. „Das Projekt wurde uns vor einem Jahr als Einzelstück für den persönlichen Gebrauch von Herrn Stoschek präsentiert. Zu diesem Zeitpunkt haben wir deutlich gemacht, dass wir nicht an einer möglichen Fertigung weiterer Modelle interessiert sind. Daher ist Ferrari in keiner Weise an dem Projekt beteiligt.“
Auch Strosek äußerte sich: „Trotz intensiver Gespräche kann oder will Ferrari der geplanten Kleinserie bedauerlicherweise nicht zustimmen“. Der Bau weiterer Fahrzeug sei somit nur durch ein Unternehmen möglich, das nicht in wirtschaftlicher Abhängigkeit von Ferrari stehe.
Ferrari sperrte sich gehen den New Stratos
Im Laufe des Jahres 2011 hatten Stratos-Initiatoren nach eigenen Angaben mit verschiedenen Kleinserienherstellern außerhalb Italiens verhandelt, mussten aber feststellen, dass es kaum möglich ist, das beim Bau des Einzelstücks bei Pininfarina entstandene Know How auf andere Firmen zu übertragen: Während die Chassis- und Karosseriedaten vollständig in CAD vorlägen, gäbe es zahlreiche Details in Zusammenbau und Finish, die nur in den Köpfen einiger hochqualifizierter Mitarbeiter von Pininfarina gespeichert sind.
Schlussendlich musste Strosek den rund 50 Interessierten am New Stratos absagen. Immerhin, wir durften das Modell dennoch bereits 2011 ausführlich fahren.
Fahrbericht New Stratos
Der New Stratos ist nicht bloß eine Designvariante auf Basis des Ferrari F430 Scuderia. Das Einzelstück will mehr sein: Eine Klammer zwischen dem, was das Vorbild Lancia Stratos in den siebziger Jahren war und dem, was ein solches Konzept in Zukunft darstellen könnte.
Der Auftakt dieser märchenhaften Story des New Stratos könnte – im Stakkato-Stil erzählt – etwa so beginnen: Mann im besten Alter, verheiratet, zwei Kinder, Wohnort Coburg, als Unternehmer dort seit vielen Jahren sehr erfolgreich, von Passion Autosammler, Fahrer historischer Rennsport-Fahrzeuge, ist vernarrt in ein altes Auto. Eines, das vor 40 Jahren präsentiert wurde – und von dem insgesamt nur 492 Stück gebaut wurden.
Lancia Stratos ist der Über-Renner gewesen
Dieses Auto war in den Siebzigern in seinem Umfeld nahezu unschlagbar: Eine nur 1,11 Meter hohe, 1,75 Meter breite und 3,71 Meter lange, kompromisslose Fahrmaschine. Konstruiert, um unter der Regie des legendären Lancia-Sportchefs Cesare Fiorio auf den Rallyepisten dieser Welt alles in Grund und Boden zu fahren. Ende 1976 hatte dieser Über-Renner folgerichtig drei Weltmeistertitel eingefahren. Der Reiz des Autos namens Lancia Stratos ist auch nach vier Jahrzehnten nicht verblasst. Die unverwechselbare Keilform seiner Bertone-Karosserie, seine kompakten Ausmaße, die Mittelmotor-Anordnung, das kurze Stahlträger-Chassis, die Glasfaser-Haut, das geringe Gewicht, die ausgewogene Balance und schließlich sein dem Dino entstammender V6-Motor: Kenner sinken noch immer auf die Knie, wenn es um die Würdigung des Entwurfes geht, der auf die Idee des Designers Marcello Gandini zurückgeht. Bei aller Genialität dieses mit Dutzenden von Siegen gekrönten Renn-Keils: Mit 40 Jahren auf dem Buckel gehört der Lancia Stratos – selbst im besten Originalzustand – zwangsläufig zum alten Eisen. Das weiß niemand besser als einer, der die Stratos-Substanz bis auf die letzte Schweißnaht auswendig kennt und dem Erhaltungstrieb bezüglich einer automobilen Stilikone so erlegen ist wie Michael Stoschek – jener Auto-Maniac aus dem beschaulichen Coburg, der es als Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der 16.000 Mitarbeiter umfassenden Brose-Unternehmensgruppe zwangsläufig gewohnt ist, ein großes Rad zu drehen.
Zeitgemäße Interpretation des Lancia Stratos
Der Funke einer kühnen Idee sprang schon Ende der Achtziger anlässlich eines Lancia Stratos-Treffens zwischen ihm und Chris Hrabalek über, eines gleichfalls vom Stratos-Fieber schwer infizierten Designers mit Büros in London und Berlin. Die grundlegende Annahme: Die DNA-Ketten sind erhalten, die Gene entschlüsselt und die Verbindungen geknüpft. Die Aufgabe bestand fortan also nur noch darin, eine zeitgemäße Interpretation des Lancia Stratos zu finden – sie im Detail zu lösen, dauerte angesichts der sensiblen Thematik dennoch fast ein Jahrzehnt. Merkmale wie die keilförmige Karosse, die halbrunde Frontscheibe, die spitz zulaufende Front, das charakteristische Heck mit den runden Rücklichtern und dem kecken Heckspoiler sowie der in seiner Form einmalige Dachspoiler sollten in der neuen Umsetzung nicht als platter Aufguss erkennbar sein, sondern als eine nachweislich nach wissenschaftlicher Methodik entwickelte Evolution.
Als New Stratos auferstandener Kult-Sportler
Während der gesamten Designphase wurde die Entwicklung des aus markenrechtlichen Gründen nicht mehr als Lancia Stratos, sondern als „New Stratos“ auferstandenen Kult-Sportlers mit intensiven Tests im Pininfarina-Windkanal begleitet. Folgerichtig wurde zum Beispiel auch die Effizienz der Lufteinlass- und austrittsöffnungen, des Kühlsystems, des Motors und der Bremsen mit Hilfe von Flow-Visualisierungstechniken penibel optimiert. Hinsichtlich Chassis, Antriebsstrang, Fahrwerk und Bremsen war die Konstruktionstiefe vergleichsweise moderat: Die Adaption der Basiskomponenten aus dem Ferrari F430 Scuderia erwies sich nicht nur deshalb als naheliegend, weil auch das Original mit einem Motor aus Maranello unterwegs war, sondern vor allem auch vor dem Hintergrund des Zwangs, unter dem Namen Stratos Konkurrenzfähigkeit auf höchstem Supersportwagen-Niveau bieten zu müssen. So wurde als Erstes das Aluminumchassis des Ferrari mit Blick auf die minimalen Ausmaße des Originals um 20 Zentimeter kürzer gemacht und zwecks zusätzlicher Versteifung oben herum mit einem Überrollkäfig aus 40 Millimeter starkem FIA FE45-Stahl verschraubt. Alle Teile der gegenüber dem Ferrari F430 um 33 Zentimeter kürzeren New Stratos-Karosserie sind, ebenso wie die Innenraumauskleidung vornehmlich aus perfekt verarbeitetem Sichtkarbon ausgeführt, das mit einer Klarlackmischung mit zweiprozentigem Schwarzanteil lackiert ist, um die edle Struktur noch wertiger wirken zu lassen. Auch hinsichtlich der Ergonomie ist beim New Stratos keine Improvisation zu erkennen. Obwohl klassisch instrumentiert, ist die Anmutung im Cockpit von modern-professioneller Natur. Die extrem leichten und besten Halt gebenden Sportsitze weisen einen intelligenten Verstellmechanismus auf, der nahezu jeder Statur eine angemessene Sitzposition erlaubt.
Professionalität und Hingabe bis ins Detail
Im Gegensatz zu den Seitenscheiben des Lancia Stratos, deren Kippmechanismus nur ein partielles Absenken erlaubte, wurde der New Stratos mit einem im Brose-Unternehmen selbst entwickelten, selbstverständlich ebenfalls dem Gewichtsdiktat unterworfenen Fensterhebesystem versehen. Durch die Trennung von Fensterhebe-Mechanik und -Motor ließ sich trotz der dem Original nachempfundenen integrierten Helmfächer in den mit Karbon verkleideten Innenseiten der Türen eine Vollabsenkung der Scheiben erreichen. Allein dieses auf den ersten Blick scheinbar nebensächliche Detail kennzeichnet eine Professionalität und Hingabe, wie sie in dieser allumfassenden Perfektion normalerweise nur in der automobilen High-End-Szene – und wenn, dann auch nur bei Serienfertigungsprozessen, üblich ist.
Das pulsierende Herz des Mittelmotor-Zweisitzers – der durch gekonnte Peripherie-Anpassungen auf 540 PS gebrachte 4,3-Liter-V8 aus dem Ferrari F430 Scuderia -, läuft im Zusammenspiel mit dem in den Schaltzeiten noch mal verkürzten und durch eine Drexler-Differenzialsperre ergänzten sequenziellen Sechsganggetriebe hier zu einer Hochform auf, die in ihrer Begeisterungsfähigkeit die des Ferrari sogar noch übertrifft.
New Stratos gehört zur fahrdynamischen Meisterklasse
Aufgrund des deutlich geringeren Trockengewichts des New Stratos von nur 1.247 Kilogramm – trotz 55 Kilo schwerer Stahlrohr-Versteifung, Klimaanlage und elektrischer Fensterheber; sprich: allem, was dazugehört – legt der New Stratos ein überwältigendes Temperament an den Tag, das an Begeisterungsfähigkeit kaum zu übertreffen ist. Dass der in zweierlei Hinsicht einmalige New Stratos seine fahrdynamische Meisterklasse sowohl in Längs- als auch Querrichtung entsprechend des Kalküls so freizügig und spontan verwertbar zum Besten gibt, ist offenbar tatsächlich der genialen DNA zuzuschreiben, die der New Stratos von seinem Ahnen vererbt bekommen hat – mit Ausnahme des bereits damals störenden Negativanteils: Sitzposition, Bedienung sowie die Bewegungs- und Kopffreiheit sind, wie schon angedeutet, dem klassenüblichen Standard ebenbürtig.
Demnach gilt es nurmehr eine Kardinalfrage zu beantworten: Woher nehmen und nicht stehlen? Gemeint ist die Beibringung der technischen Basis, deren Verfügbarkeit die des Stratos-Originals wahrscheinlich nur unwesentlich übertrifft. Glücklicherweise muss es laut des Herstellers, der den New Stratos auf Geheiß und Kosten des Initiators und Rechteinhabers als Einzelstück gebaut hat, nicht unbedingt ein Scuderia sein, der wesentliche Teile seiner Substanz hergeben muss. Es tut – so Pininfarina – auch ein normaler Ferrari F430. Na, wenn das so ist, könnte es ja vielleicht etwas preiswerter gehen als mit den rund 600.000 Euro, die derzeit inklusive einer gut erhaltenen Basis im Raum stehen.