Als Interims-Einstiegsmodell subtrahiert sich der R8 V10 mit 70 PS und 20 Nm von der entsprechenden Plus-Version – das werde sicher etwas Längsdynamik kosten...
,...alles andere jedoch, das Fahrverhalten, bliebe aller Wahrscheinlichkeit nach aber genauso neutral, akkurat und verbessert wie es Kollege Gebhardt einst im Supertest gefeiert hatte. Wieso auch nicht.
Teil eins unserer Hochrechnung, also der rein nominelle, geht auf: Gegenüber seiner High-End-Stufe fehlt dem 5,2-Liter-Direkteinspritzer ein bisschen Feuer obenraus, wodurch er im Sprint auf 100 ein, bis 200 km/h sieben Zehntel liegen lässt.
Allerdings gibt es eben auch eine zweite Komponente, eine qualitative, weiterreichende, die sich zwischen den beiden Zehnzylinderversionen auftut. Das Fahrwerk wirkt im normalen V10 weitaus weniger fokussiert als im Plus.
Komfort ist grundsätzlich ja nichts Verwerfliches. Das Problem an der Sache ist nur, dass der R8 seine verschmuste Seite auch im häteren Modus seiner Adaptivdämpfung nicht ganz abgestellt bekommt.
Grund und Ursache des Ganzen liegen im Set-up: Als V10 Plus verfügt der R8 über eine straffere Feder-Dämpfer-Kombination. Und die ist dem Standardmodell, also eben jenem hier, leider ebenso wenig vergönnt wie die Sportreifen-Option.
Auf Landstraßen spielt das softere Set-Up des R8 V10 keine große Rolle. Auf der Rennstrecke ändert sich das dann jedoch recht schnell und vor allem recht grundlegend: Der Fahrer avanciert vom Dirigenten zum Wrestler.
Der bis dato so souverän dahinströmende Audi R8 V10 verliert die Fassung. Und auch wenn das jetzt erst mal ganz unterhaltsam klingt, nach Abenteuer und nach einer willkommenen Abwechslung inmitten einer immer ideallinientreueren Sportwagenwelt – überzeugend ist es am Ende nicht.
Beim Bremsen wird der Hintern leicht, beim Beschleunigen die Schnauze, was ebenso kontraproduktiv für die Kurvenathletik ist wie die ständigen Bewegungen um die Hochachse.
Zugegeben, das liest sich jetzt so, als würde der R8 um den Kurs torkeln. Ganz so ist es freilich nicht. Vielmehr geht es um Roll- und Nicktendenzen. Doch diese Tendenzen genügen, um das sensible Handling aus dem Tritt zu bringen.
Doch bei aller Kritik, ob berechtigt oder nicht, ist der R8 immer noch ein Erlebnis. Allen voran auch durch seinen Innenraum, neben dem vieles andere vorgestrig anmutet - stilistisch ebenso wie qualitativ.
Das Lenkrad mit seinem struppigen Wildlederkranz, das alle fahrdynamisch relevanten Funktionen wie Planeten eines Sonnensystems um seinen Mittelpunkt gruppiert...
... und dahinter der rein virtuell realisierte Instrumententräger, der nach einigen Nervenzusammenbrüchen tatsächlich als der Weisheit letzter Schluss erscheint.
Wie nun umgehen mit dem zwiegespaltenen Fahrverhalten des R8? Es gibt zwei Möglichkeiten. Die eine: Du klappst das Lehrbuch zu und lässt dich auf den Kampf ein, reitest statt zu fahren.
Der zweite, sicherere Weg führt über den perfekt abgestimmten ESP-Sport-Modus des Performance- Programms. Er nimmt ganz gezielt die Spitzen raus, die heiklen Momente sozusagen, aber eben ausschließlich die. Bis dahin darf man sich austoben.
Und das gar nicht mal so langsam. Der Zeitunterschied zwischen der 22.400 Euro teureren plus-Variante liegt auf dem kleinen Hockenheim-Ring bei vertretbaren 1,4 Sekunden.
Dennoch scheint es so, als würde Audi den R V10 ohne plus eher als Gran Turismo platzieren - das ist schon etwas befremdlich für einen 540-PS-Hightechniker.