Auf der unweit der nordfinnischen Stadt Rovaniemi gelegenen Snow
Rallye Rings durften die sieben Sportmodelle in vier Disziplinen
ihr Können auf Eis und Schnee unter Beweis stellen.
Beim Audi S4 verteilt das Mittendifferenzial die Kraft variabel
und frei von Verzögerungen an die jeweiligen Fahrbahnverhältnisse
angepasst. In der Grundauslegung gehen 40 Prozent der
Antriebskräfte an die Vorder- und 60 Prozent an die
Hinterachse.
Längs eingebaute Motoren sind bei Audi traditionell an ein
Torsendifferenzial gekoppelt.
Mittels drei verschiedener im neuen Fahrdynamiksystem Audi Drive
Select hinterlegter Kennfelder kann der Fahrer situationsbedingt
entscheiden, ob ihm der Sinn gerade nach einem Maximum an
Sicherheit oder Fahrspaß steht.
Der mit Dynamiklenkung und elektronischer Dämpferregelung
versehene Testwagen legt auf dem 1,1 Kilometer langen, eigens für
sport auto angelegten Handlingkurs in Finnland eine makellose
Vorstellung ab.
Alpina B3 Biturbo Allrad Coupé hat grundsätzlich die gleicher
Allradtechnik wie der BMW 335i xDrive.
Beim Alpina sorgt eine im Ölbad laufendeLamellenkupplung für die
zentrale Kraft-Verteilung.
Das der Alpina im Slalom wie auch auf dem Handlingkurs jeweils
knapp beziehungsweise deutlich hinter seinem weitgehend baugleichen
Bruder rangiert, erklärt sich zum Teil durch die modifizierte
Abstimmung.
Bei der Bremsprüfung war der Buchloer Herr des gefrorenen
finnischen Sees: Auf einem geschichteten Untergrund aus rauem Eis,
angetautem und wieder überfrorenem Schnee und dünner, loser
Neuschneeauflage bremste der Alpina mit einem Bremsweg von 118,1
Meter aus 100 km/h und einer mittleren Verzögerung von 3,27 m/s²
.
Mit dem gleichen Allradsystem ist das BMW 335i xDrive Coupé
ausgestattet.
Die Allradtechnik besteht aus einer elektronisch geregelte
Lamellensperre im Verteilergetriebe, Drehmomentzuweisung zwischen
den Rädern einer Achse mittels selektiver Bremseingriffe des
DSC.
Mit dem dank Handschaltung vorhandenen Kupplungspedal lässt sich
das BMW Coupé etwas leichter dirigieren als der serienmäßig mit
Switchtronic versehene Allradler von Alpina.
Die vom BMW erbrachten Verzögerungsleistungen fallen dagegen
unterdurchschnittlich aus. Der Münchner kommt aus 100 km/h erst
nach 135,7 Meter zum Stehen.
Die Annahme, dass die Ursache der langen Bremswege in der
ABS-Applizierung des BMW zu suchen ist, scheint somit zulässig und
wird durch den Vergleich der Verzögerungsverläufe von Alpina B3 und
335i xDrive gestützt.
Während das ABS des Allgäuer Coupés sich nur zu Beginn der
Vollbremsung eine kurze Bedenksekunde gönnt, kann sich das
Antiblockiersystem des Münchner Viersitzers lange Zeit nicht
zwischen Zu- und Aufmachen entscheiden.
In der Folge packt die ordentlich dimensionierte Bremsanlage des
BMW bis 60, 70 km/h höchst unentschlossen zu. Anschließend
verzögern beide Dreier auf identischem Niveau - wie es sich in
Anbetracht der baugleichen Bremsanlagen eigentlich auch gehören
würde.
Das beim Opel Insignia 2.0 Turbo 4x4 genannte variable
Antriebssystem vertraut ebenso wie jenes des Audi TTS auf eine vor
der Hinterachse montierte Haldex-Kupplung, die für die
situationsgerechte Kraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse
verantwortlich zeichnet.
Im Normalfall werden beim Insignia 90 Prozent der Antriebskräfte
mit Hilfe der Vorderräder zu Boden gebracht.
Erst wenn das auf die Signale von ESP, Lenkwinkelsensor und
Gaspedalstellung hörende System hier zu viel Schlupf registriert,
wird ein größerer Teil des Antriebsmoments nach hinten
umgeleitet.
Wer den Insignia in Sport-Ausstattung ordert, kommt - dadurch
unterscheidet sich der Opel dann von dem Audi Coupé - zudem in den
Genuss eines in diesem Ausstattungspaket enthaltenen elektronischen
Sperrdifferenzials an der Hinterachse.
Dieses besitzt zwar keine Überlagerungsstufe, ist aber in der
Lage, bis zu 50 Prozent des anliegenden Drehmoments an das
kurvenäußere Rad umzuleiten. Zu diesem Zweck wurde eine mit den
Radgeschwindigkeitssensoren vernetzte hydraulische
Mehrscheibenkupplung montiert.
Wie alle Pirelli-Sottozero-bereiften Autos kann auch der Opel
(235/45 R18), der als Einziger mit der 240-km/h-Spezifikation
antrat, bezüglich Handling und Traktion vollauf überzeugen.
Dass der extrem leichtfüßig und dabei stets narrensicher
agierende Vectra-Nachfolger sich auf dem Handlingkurs dennoch
hinter dem weit mehr Arbeit am Volant erfordernden BMW 335i xDrive
einreihen muss, ist seinem mit 220 PS vergleichsweise
leistungsschwachen Turbomotor geschuldet.
Wie narrensicher der Insignia selbst bei schnell
aufeinanderfolgenden Richtungswechseln auf rutschigem Untergrund
ist, beweist das Ergebnis des 18-Meter-Slaloms. Schneller und
souveräner als der Hessen- Express durcheilte kein anderes Auto die
180 Meter lange Pylonengasse.
Mitsubishi Lancer Evolution: Das japanische Rallye-Basisauto ist
das perfekte Spielmobil auf Eis und Schnee.
Das Allradsystem weist in den Grundzügen eine ähnliche
Arbeitsweise auf wie das des S4. Die Verteilung des Antriebsmoments
zwischen Vorder- und Hinterachse übernimmt hier ein ACD genanntes
aktives Mittendifferenzial mit elektronisch geregelter
Lamellenkupplung.
Für die Drehmomentverteilung zwischen dem rechten und linken
Hinterrad zeichnet im Falle des Evo ein gleichfalls elektronisch
gesteuertes Planetenraddifferenzial verantwortlich.
Auch hier wird der größere Teil des Antriebsdrehmoments dem
kurvenäußeren Rad zugewiesen, was eine etwaige Tendenz des Japaners
zum Untersteuern ebenso zielsicher unterbindet wie bei der
Ingolstädter Limousine.
Aus dem im letzten Allradvergleich begangenen Patzer bei der
Reifenwahl haben die Japaner gelernt. Heuer trug der Evo nagelneue
und sehr weiche Gummis.
Ein weiterer Kandidat ist der Subaru Impreza WRX STi.
Von dem mit je einem drehmomentfühlenden Sperrdifferenzial an
der Vorder- und Hinterachse sowie einer zentralen Lamellenkupplung
versehenen Allradantriebs des Subaru hätte man sich hier mehr
erhofft.
Trotz des aufwendigsten Allradsystems macht der Subaru Impreza
WRX STi in Finnland keine Schnitte. Die wenig Grip bietenden
Dunlop-Pneus (SP Winter Sport 245/40 R18) sind mit Schuld
daran.
Die Profilblöcke der hier aufgezogenen Dunlop SP Winter Sport
gaben sich schon beim händischen Beweglichkeitstest extrem
unnachgiebig. Entsprechend schlecht gelang wohl die Verzahnung mit
dem trotz der zum Testzeitpunkt nicht wirklich arktischen
Temperaturen von minus acht Grad Celsius doch recht kalten
Untergrund.
Bei der Sprintprüfung auf 100 km/h litt die Kompakt-Limousine
unter der Ganz-oder-gar-nicht-Attitüde ihres mit sehr großen Lader
versehenen Vierzylinder-Boxermotors, im Slalom an ihrer
Empfindlichkeit gegenüber Lastwechseln.
Spielereien am Gaspedal im Verbund mit kurz aufeinanderfolgenden
Richtungswechseln nimmt der bei gleichmäßiger Fahrweise vorbildlich
gelassene Japaner nämlich durchaus krumm. Dann hängt der 1,5-Tonner
schon mal nachdrücklich das Heck heraus.
Auch der gleichfalls mit Dunlop-Winterreifen ausgerüstete Audi
TTS kann seinem Piloten auf dem Handlingkurs nur selten ein
wonniges Grinsen aufs Gesicht zaubern.
Das bei Audi dazugehörenden Allradsystem mit am Ende der
Kardanwelle vor dem Hinterachsdifferenzial sitzender
Haldex-Lamellenkupplung ist eher die vernunftorientierte Variante
der Ingolstädter Vierrad-Fraktion.
Dunlop- statt Pirelli-Pneus und das häufig ins quere Geschehen
hineinpfuschende ESP erklären den Rückstand des über ein anderes
Allradsystem verfügenden TTS.
Hier hat der kleine Audi die rundliche Nase mit den großen
Nüstern nämlich ein gutes Stück vor dem in der Wechselgasse doch
recht nervös agierenden S4. Mit 40,5 km/h
Durchschnittsgeschwindigkeit markiert der TTS in dieser Disziplin
exakt die goldene Mitte.
Einzig beim halbherzigen Umgang mit dem Gaspedal gibt sich der
kleine Ingolstädter schon mal etwas unentschlossen, ohne deshalb
jedoch gleich fahnen- oder besser: pylonenflüchtig zu werden.
Eine wesentliche Erkenntnis des Finnland-Ausflugs ist die, dass
den Reifen hier wie in allen anderen sport auto-Tests ein
überdurchschnittlich hoher Stellenwert zukommt. Wer seine
diesbezüglichen Hausaufgaben gemacht hat, kann - ein ansonsten
stimmiges Gesamtpaket vorausgesetzt - davon ausgehen, überall vorn
mit dabei zu sein.
Leicht zu händeln und in der Folge ausgesprochen launig im
Umgang sind vor allem jene Autos, die über ein aufwendigeres
Allradsystem mit dynamischer Drehmomentverteilung auf die
kurvenäußeren Antriebsräder verfügen ...