Range Rover Sport Supercharged im Test
Hardcore-Geländewagen und sportlich-luxuriöser Straßentourer in einem – geht das?
Die Suche der Hersteller nach der perfekten Symbiose aus Offroader und Sport.agen gleicht der nach dem heiligen Gral. Alternativ lässt sich in diesem Zusammenhang auch die Eier legende Wollmilchsau bemühen.
Angefacht wird die hektische Be-triebsamkeit im SUV-Bereich naturge-mäß vom Kundenwunsch: Leistungsfä-hige Offroader stehen hoch im Kurs – anders lässt sich der weltweite Erfolg des Porsche Cayenne kaum erklären. Allerdings geht das „Ja“ zum Sport gemeinhin mit erheblichen Einbußen in Sachen Geländegängigkeit einher. Das Gros der Käufer – so die Theorie – will ohnehin nicht wirklich ins Gelände, sondern primär die geländegängige Optik. Frei nach dem Motto: „Big is beautiful“ oder auch „die Freiheit findet im Kopf statt“. Man könnte, wenn man wollte, irgendwie und sei es nur ein kleines bisschen. Flankiert wird der Mittelweg von Extremen. Rinspeed verschreibt sich mit dem vom Cayenne Turbo abgeleiteten Chopster unverhohlen dem Sport. Mit „Utility“ hat das 700-PS-Monster nicht mehr viel am Hut (siehe Seite 43). Auf der anderen Seite greift jetzt der zum Ford-Konzern gehörende britische Hersteller Land Rover an. Hinter dem mittels einer schräger gestellten Frontscheibe und einem sportiv gestalteten Heck mit abgedunkelten Scheiben optisch aufgepeppten Range Rover Sport verbirgt sich ein wahrhaft reinrassiger Offroader, der – das richtige Schuhwerk vorausgesetzt – nahezu jedes Terrain zu bezwingen vermag. Der auf der Bodengruppe des Discovery bauende, aber mit einem 14 Zentimeter kürzeren Radstand versehene kleine Range hat alles an Bord, was das Leben abseits befestigter Straßen leichter macht: permanenten Allradantrieb, ein elektronisch sperrbares Mittendif-ferenzial, die Bergabfahrkontrolle HDC und ein elektrisches Zweistufen-Verteiler-Getriebe, das das Umschalten von der Straßen- in die Geländeuntersetzung auch während der Fahrt erlaubt. Ge-
gen Aufpreis gibt es zudem ein aktives Hinterachssperrdifferenzial (Rear-E-Diff), dessen Funktion von der Elektronik des Mittendifferenzials gesteuert wird. Anders als sein Namensvetter verfügt der Range Rover Sport zudemüber die im Discovery erstmals zum Einsatz gekommene Integrated Body-Frame-Architektur, die die Festigkeit einer selbsttragenden Karosserie mit der Steifigkeit eines Leiterrahmenchassis kombiniert. Die vom Hersteller in diesem Zusammenhang zitierte Leichtigkeit ist jedoch eher relativ: Tatsächlich ist der Sport. Tourer mit 2633 Kilogramm nämlich ein veritables Schwergewicht.
Auf der Straße kann das 4,80-Meter-Schiff dennoch zur Gänze überzeugen. Der Fahrkomfort ist dank Luftfederung tadellos, die Lenkung angenehm direkt, der Sitzkomfort gut, die Handlichkeit erstaunlich. An den Fahrleistungen gibt es angesichts der zu bewegenden Masse gleichfalls nichts auszusetzen. Beim Sprint von null auf 100 km/h ver-gehen 7,5 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit von elektronisch begrenzten 225 km/h ist nicht minder flott erreicht. Der Innengeräuschpegel bleibt über alle Geschwindigkeitsbereiche hinweg gering.
Die Bedienung gibt mit Ausnahme des etwas gewöhnungsbedürftigen, aber informativen Touch-Screen-Monitors keine Rätsel auf. Offroad-Neulinge werden zudem das von Land Rover entwickelte Terrain Response System zu schätzen wissen, das fünf verschiedene Fahrprogramme offeriert und mit Hilfe eines Drehschalters auf der Mittelkonsole bedient wird.
Neben dem Normal-Modus für den Stra-ßenbetrieb gibt es ein Gras/Schnee-Programm für glatten Untergrund sowie drei spezielle Geländeprogramme für schlammiges, sandiges oder felsiges Terrain. Das Sys-tem passt alle entscheidenden Systeme wie Motormanagement, Sechsstufen-Automatik, Luftfederung und Mitten- und Hinterachsdifferenzial automatisch an den gewünschten Einsatzzweck an.
Im 18-Meter-Slalom und auf dem Kleinen Kurs in Hockenheim kann sich der Offroa-
der trotz des „Sport“ im Namen jedoch keine Sporen verdienen. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 57,9 km/h und einer Zeit von 1.26,7 Minuten muss der von einem 390 PS starken 4,2-Liter-Kompressor-V8 aus dem Jaguar-Regal befeuerte Schwergewichtler erwartungsgemäß selbst sportlichen Kleinwagen der Hundert-und-etwas-PS-Klasse auf diesem Terrain den Vortritt lassen. Der kleine Range wirkt träge, schiebt stark über die Vorderräder und legt trotz des beim Topmodell serienmäßigen Dynamic Response-Systems, dass die Karosserie im Zaum halten soll, eine starke Wankneigung an den Tag. Als durchaus sportlich gehen hingegen die Trinksitten des mit 76 700 Euro vergleichsweise günstigen Range durch: 21,1 Liter Super auf 100 km – im Mittel wohlgemerkt, bei längeren Volllast-Fahrten zieht der Supercharge auch schon mal knapp 30 Liter durch – könnten der traditionell gut betuchten Land Rover-Klientel in Anbetracht der stetig steigenden Kraftstoffkosten auf Dauer schwer im Magen liegen.