VW Polo 100 1.4 16V im Vergleichstest

Der Polo 16 V und seine Konkurrenten mit mehr als 100 PS stehen für die Verlängerung des GTI-Zeitalters mit anderen Mitteln. Gegen Opel Corsa GSi, Renault Clio RSi, Citroën Saxo VTS sowie Peugeot 106 S16 muss der Polo zeigen, ob er das Zeug zum GTI-Nachfolger hat.
Klein sein ist nicht alles. Die GTI-Welle, die von VW vor 21 Jahren ins Rollen gebracht wurde, zeigt das deutlich: Kompakte, flotte Autos waren gefragt, die es faustdick unter der Haube hatten. Der erste Golf GTI mit 110 PS konnte mit Fahrleistungen aufwarten, die selbst starke Limousinen der oberen Mittelklasse nicht überboten. Die Generation der kleinen Wilden hat Karriere gemacht, obwohl ihnen vor zwei Jahrzehnten nur geringe Verkaufschancen eingeräumt wurden. Die VW-Marketingexperten schätzten die Stückzahl auf rund 5000 Autos pro Jahr und wurden von der Nachfrage nach dem starken Golf, die in manchen Jahren das Zehnfache überstieg, glatt überrollt. Im Jahr 21 nach dem ersten Golf GTI ist die nächste Generation an der Reihe.
Der VW Konzern favorisiert den Polo als neuen Beitrag für die Freunde flotter Flitzer. Der Polo 16 V, dessen Typzeichen das alte Kürzel GTI meidet, trifft auf ein dichtes Feld von Konkurrenten, die alle nach dem gleichen Muster geschnitzt sind: 106 bis 118 PS leisten die Motoren der Konkurrenten von Citroën, Opel, Renault und Peugeot. Sie stecken alle in Karosserien, die kürzer sind als 3,80 Meter. Der neue Vierventilmotor des VW Polo bietet in diesem Kreis mit 1,4 Liter Hubraum nicht nur das kleinste Arbeitsvolumen, er hat mit 100 PS auch die geringste Leistung. Erfreulicherweise macht sich dieses Handikap im Fahrbetrieb weniger stark bemerkbar, als man es erwarten könnte. Der Polo verlangt, wenn er im Quintett der fünf Testkandidaten mithalten soll, nur ein geringfügig höheres Drehzahlniveau als seine Konkurrenten.
Weil der 1400 cm3-Vierventiler angenehm ruhig läuft und der Polo zudem über eine recht effektive Schalldämmung verfügt, bleibt die Geräuschkulisse frei von der nervtötenden Maschinenraum-Atmosphäre, die man von anderen hochdrehenden Sportmotoren kennt. Verkehrte Welt: Der Renault Clio RSi, der mit seinem 1,8 Liter-Motor über den größten Hubraum des Testquintetts verfügt und der als einziger Zweiventiler im Test am wenigsten auf hohe Drehzahlen angewiesen ist, brummt bereits im mittleren Drehzahlbereich so aufdringlich, dass lange Fahrten mit hoher Geschwindigkeit zur Qual werden. Die Akustik-Messwerte geben diesen Unterschied allerdings nur unzureichend wieder.
Klar sind dagegen die Differenzen bei den Fahrleistungen: Peugeot 106 S16 und Citroën Saxo 16 V verfügen über den gleichen 1,6 Liter-Vierventilmotor mit 118 PS und markieren die einsame Spitze in diesem Vergleich. Sie beschleunigen nicht nur mit solcher Behändigkeit (null bis 100 km/h in 8,2 beziehungsweise 8,8 Sekunden), dass gestandene Dreiliter-Limousinen ihre liebe Mühe haben, die gleichen Werte zu erreichen. Beide Modelle sind, selbst schaltfaul gefahren, auch äußerst behände, wie die Messwerte der Elastizität beweisen (von 60 auf 100 km/h im vierten Gang in rund neun Sekunden).
In dieser Disziplin spielt speziell der Renault Clio seinen Trumpf des größten Hubraumes machtvoll aus: Wer im vierten Gang von 60 auf 100 km/h beschleunigt, der erlebt einen sehr souverän wirkenden Tempozuwachs in 8,9 Sekunden. Die rote Laterne hält dagegen der VW Polo, ohne dass sich seine Durchzugsschwäche im Alltagsbetrieb so deutlich bemerkbar macht, wie die Messwerte glauben lassen. Man fährt viele Passagen im Polo um einen Gang niedriger als mit den Konkurrenten, ohne die schlechtere Elastizität als großes Manko zu empfinden.
Den schwächsten Eindruck hinterlässt der 106 PS starke Motor des Opel Corsa. Er geht bei niedrigen Drehzahlen nur relativ schlapp zur Sache und nervt bei hohen Drehzahlen durch blechernes Laufgeräusch, ohne annähernd so kräftig anzutreten wie die Konkurrenz. Zwischen den 21,6 Sekunden, die der flinke Peugeot 106 für den Sprint von null auf 160 km/h benötigt, und den 36,9 Sekunden, die beim Corsa verstreichen, liegen Welten. Sogar der nur 100 PS starke Polo hängt den Opel in dieser Disziplin um mehr als sieben Sekunden ab. Wenn so stark motorisierte Kleinwagen sicher auf der Straße liegen sollen, dann ist eine gewisse Härte bei der Fahrwerksabstimmung unumgänglich.
Erfreulicherweise entfernt sich der VW Polo dabei am wenigsten von dem ausgeprägt guten Komfort, der seinen schwächer motorisierten Versionen zu eigen ist. Der Polo 16 V ist natürlich etwas härter gefedert und straffer gedämpft, macht aber auf unebener Strecke den besten Eindruck der fünf Kandidaten. Sogar Querfugen und kurze Unebenheiten werden von der Polo-Federung noch einigermaßen geschmeidig absolviert. Mit seiner gleichfalls sehr komfortablen Abstimmung versucht der Opel Corsa, es dem Polo gleichzutun, ohne jedoch im Detail über eine ähnlich ausgewogene Abstimmung zu verfügen: Der Corsa neigt sich in flott gefahrenen Kurven stärker zur Seite und tendiert bei hohem Kurventempo hartnäckig zum Untersteuern.
Außerdem ist die Hinterachse deutlich unterdämpft, so dass der Corsa auf welliger Bahn mit dem Heck ständig in Bewegung ist. Die drei französischen Konkurrenten sind dagegen eindeutig sportlicher abgestimmt, ohne jedoch in knochige Härte zu verfallen. Alle drei bieten straffe Sportfahrwerke mit noch ordentlichem Grundkomfort. Die Unterschiede liegen im Detail. Ein Manko des Peugeot 106 ist seine Empfindlichkeit auf kurzen Unebenheiten, die ihn speziell auf betonierten Autobahnpassagen kräftig zum Stuckern anregen kann.
Der Citroën Saxo dagegen spricht auf unebener Fahrbahn deutlich unsensibler an, außerdem radierten beim Testwagen die Hinterräder unter voller Zuladung im Radkasten. Die Abstimmung des Renault Clio ist von sportlicher Härte geprägt – und von einer Lautstärke der Fahrwerksgeräusche, die heutzutage selten geworden ist: Knallend und dröhnend werden Bodenwellen und Fahrbahnfugen absolviert. Hier zeigt sich auch das hohe Alter der Clio-Baureihe, die bereits vor sieben Jahren vorgestellt wurde. Offensichtlich hat die Lenkung des Clio RSi die Jahre überstanden, ohne hinsichtlich Zielgenauigkeit und Präzision den Anschluss an die neueren Konkurrenten zu verlieren. Obwohl Citroën und Peugeot von der Basis her fast identische Autos sind, werden beim Vergleich der Lenkung große Unterschiede deutlich. Makellos ist die Lenkung im Peugeot 106, zielgenau, annähernd frei von Störkräften und sehr präzise. Dagegen fällt der Citroën Saxo, der als einziger im Vergleich mit einer elektrisch angetriebenen Servopumpe aufwartet, deutlich ab.
So unpräzise im Geradeauslauf und stößig auf Bodenunebenheiten reagiert sonst nur noch die Lenkung des Opel Corsa. Der VW Polo hält in dieser Disziplin ebenso die Spitze wie in der Bewertung der Karosserie. Die Funktionalität ist bei VW seit jeher gut, und der Polo 16 V ist ein gutes Beispiel dafür, dass kleine Autos keinen Hang zu großen Kompromissen verlangen müssen: Das Platzangebot vorn ist reichlich, die Sitzposition aufrecht und bequem, woran die gut profilierten Sportsitze des Polo hohen Anteil haben. Hinten verfügt der Polo zwar über das knappste Raumangebot der fünf Kandidaten, doch finden auch hier großgewachsene Passagiere Platz, ohne sich beengt vorzukommen. Das Kofferraumvolumen des Polo ist mit 245 Liter nur guter Durchschnitt (Citroën Saxo: 280 Liter), doch lässt sich der Stauraum durch Umlegen der Rücksitze ebenso wie bei den Konkurrenten bis auf rund 1000 Liter vergrößern.
Unter voller Zuladung lassen die Bremsen des Opel Corsa am stärksten nach (kalt 40,6 Meter, warm 48,1 Meter). Der Renault Clio ist der einzige, bei dem das ABS nur gegen Aufpreis (1500 Mark) lieferbar ist. Doch auch mit ABS ist der Renault Clio (Grundpreis 27 850 Mark) immer noch deutlich preiswerter als der Citroën Saxo VTS, der mit einem Grundpreis von 31 000 Mark exakt 4500 Mark teurer ist als der Polo. Dessen knapp kalkulierter Einstandspreis von 26 500 Mark macht ihn zum günstigsten Angebot in diesem Vergleich. Er ist nicht nur in der Summe seiner Eigenschaften das beste Auto, sondern gleichzeitig das billigste. Seine im Vergleich zur Konkurrenz etwas schwächeren Fahrleistungen fallen dagegen nicht so stark ins Gewicht. Den Peugeot-Technikern gebührt die Ehre, den besten GTI der Neuzeit gebaut zu haben, so souverän harmonieren beim 106 mit 118 PS die sportlichen Fahrleistungen mit dem knackig abgestimmten Fahrwerk. Im Verbrauch herrscht praktisch Gleichstand auf moderatem Niveau: Die Testwerte liegen alle um 8,5 Liter pro 100 Kilometer.
Weder dem Polo mit seinem besonders kleinen Motor noch dem Renault Clio mit seinem bulligen Antritt gelingt es, Vorteile zu verbuchen. Nur der Minimalverbrauch liegt beim Polo mit 5,4 Liter pro 100 Kilometer auf besonders günstigem Niveau. Dieser Hang zur Sparsamkeit kann jedoch nicht verhindern, dass die Unterhaltskosten der kleinen Limousinen mit der großen Motorleistung auf anspruchsvollem Level liegen: Steuer, Haftpflicht und Teilkasko summieren sich beim Polo (Haftpflicht Klasse 18, Teilkasko Klasse 33) auf 2.667 Mark pro Jahr, beim Peuget 106 S16 dagegen auf 2.940 Mark. Noch teurer wird das Autojahr mit Vollkasko, wobei der Polo (5.176 Mark) fast 1.000 Mark billiger liegt als der Teuerste (Citroën Saxo: 6.102 Mark). Es bleibt also ein teures Vergnügen, mit einem starken Motor unterwegs zu sein, auch wenn er in einem kleinen Auto steckt.